Rentner und rentennahe Arbeitnehmer, die einen Vertrag nicht mehr abschließen können, "würden voll von den Rentenniveaukürzungen getroffen" - ohne Möglichkeit des Ausgleichs, schreiben die Wissenschaftler. Doch auch Vorsorgesparer gerieten in ein - unbewusstes - Dilemma: Da ihre zusätzlichen Sparanstrengungen auf Kosten des privaten Konsums und der Binnennachfrage gingen, "reduzieren sie das Wirtschaftswachstum und damit auch ihre Einkommen". Dieser Effekt wirke sich auch negativ auf all jene Unternehmen aus, die ihre Umsätze vor allem auf dem Inlandsmarkt erzielen und relativiere für sie die Senkung der Lohnnebenkosten, die ebenfalls Ziel der Rentenreformen war. Von den Rentenreformen hätten daher vor allem die Versicherungswirtschaft und die - zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits international hoch wettbewerbsfähige - Exportwirtschaft profitiert, "während gleichzeitig der Anstieg der Sparquote die Binnennachfrage dämpfte. Ein positiver Wachstumsimpuls konnte so nicht entstehen."
Renditen niedriger als in der Gesetzlichen Rentenversicherung
Den gravierenden Nachteilen, die die Einführung der Kapitaldeckung für Arbeitnehmer und Gesamtwirtschaft brachte, stünden keine überzeugenden Vorzüge gegenüber, analysieren die Wissenschaftler. Anders als noch in den 1990er Jahren oft behauptet, wiesen kapitalgedeckte Vorsorgeformen keine überlegenen Renditen auf. Die systematischen Renditevergleiche, die Wissenschaftler bislang zwischen GRV und kapitalgedeckten Zusatzversicherungen anstellten, prognostizierten langfristig ähnliche oder sogar etwas höhere GRV-Renditen. Lediglich Riester-Verträge, die bereits unmittelbar nach der Rentenreform von 2001 abgeschlossen wurden, können etwas besser abschneiden als die gesetzliche Rente.
Aktuell sei für alle Formen von kapitalgedeckten Lebens- und Rentenversicherungen ein deutlicher Renditerückgang zu beobachten. Seit 1994 senkte das Bundesfinanzministerium den Garantiezins auf die Sparbeiträge für neu abgeschlossene Lebensversicherungen von 4 Prozent auf jetzt nur noch 1,75 Prozent. Bei Riester-Rentenverträgen sank der Garantiezins zwischen 2002 und 2012 von 3,25 auf 1,75 Prozent. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gelangte zu dem Ergebnis, dass bei 2011 neu abgeschlossenen Verträgen die Versicherten mindestens 87 Jahre alt werden müssten, um wenigstens ihre eigenen Einzahlungen und die staatlichen Zulagen wieder ausgezahlt zu bekommen - ohne jegliche Rendite. Hinzu komme, dass Risiken wie Erwerbsunfähigkeit, die früher über die GRV abgesichert waren, nun zusätzlich versichert werden müssten.