Ab dem 01. August 2013 sollen Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz haben. Doch es zeichnet sich bereits ab, dass Städte und Gemeinden nicht ausreichend Kita-Plätze zur Verfügung stellen können. Der Städte- und Gemeindebund plädiert nun dafür, den Rechtsanspruch aufzuweichen. Leidtragende wären Kinder und Eltern.
Was tun, wenn man ein Versprechen gegeben hat, dass man nicht halten kann? Ganz einfach: Man sorgt dafür, dieses Versprechen nicht einhalten zu müssen. Ab Sommer 2013 sollen alle Kinder unter drei Jahren einen Anspruch auf einen Krippenplatz haben, dies versprach das Bundesfamilienministerium unter Kristina Schröder. Doch es fehlen noch immer hunderttausende Betreuungsplätze. Der deutsche Städte- und Gemeindebund fordert nun, den Rechtsanspruch aufzuweichen.
Prekär ist die Situation vor allem in den alten Bundesländern. In Bremen, Nordrhein-Westfalen oder Hessen hofft fast jede fünfte Familie vergeblich auf einen Betreuungsplatz, wie eine Studie des Deutschen Jugendinstituts ergab. Doch die wirtschaftlich klammen Kommunen verschleppen den notwendigen Ausbau von Kindertagesstätten, da ihnen schlichtweg das Geld dafür fehlt.
Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, plädiert nun für eine Stufenlösung. Er unterstütze die Forderung der Städte in Baden-Württemberg, die sich dafür einsetzen, dass der Anspruch zunächst nur für zweijährige Kinder gilt und erst zu einem späteren Zeitpunkt auf einjährige Kinder ausgeweitet wird.
Kindergartenanspruch? Hauptgeschäftsführer des Städtetages spricht von „falschen Erwartungen“
“Die seitens des baden-württembergischen Städtetages geforderte Stufenlösung wäre ein richtiger Ansatz“, sagte Gerd Landsberg gegenüber dem Handelsblatt. „So könnte der Kita-Ausbau vorangetrieben und gleichzeitig der Gefahr begegnet werden, bei den betroffenen Eltern falsche Erwartungen zu schüren.“Ob mit dieser Stufenlösung allerdings das Betreuungsproblem gelöst werden kann, daran hat Landsberg Zweifel. Und so fordert er eine weitere Aufweichung der Regelungen. Er plädiere für „flexible Lösungen“, die sich kurzfristig umsetzen ließen. Hierzu gehören etwa eine kurzfristige Vergrößerung der Kita-Gruppen sowie das Aussetzen baulicher Standards.
Auch bereitete Landsberg die Eltern darauf vor, dass sie mitunter weite Wege für die Kinderbetreuung in Kauf nehmen müssen. „Die Eltern müssen sich darauf einstellen, dass sie nicht überall den Wunsch-Kita-Platz um die Ecke erhalten können.“ Illusorisch sei zudem die Hoffnung auf einen Ganztagesplatz. „Insofern erwarten die Kommunen von den Eltern auch eine gewisse Flexibilität.“
Kommunen erwarten Klagewelle, Kritiker eine Verschlechterung der Kinderbetreuung
Die Kommunen rechnen bereits mit einer Klagewelle und hohen Schadenserersatzforderungen, da der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nicht überall gewährleistet werden kann. Neben Fachkräften mangelt es den Städten auch an den erforderlichen Grundstücken und Gebäuden. Der derzeitige Präsident des Deutschen Städtebundes und Münchener Oberbürgermeister Christian Ude bezeichnete es deshalb als absurd, „wenn Städte in Finanznot auch noch einen solchen Schadensersatz zahlen müssen“. Hier müsse der Gesetzgeber schnell pragmatische Lösungen anbieten.
Zudem deutet sich bereits an, dass unter dem beschleunigten Kita-Ausbau die Betreuungsqualität leiden wird. Innerhalb weniger Monate wird der Mangel an qualifiziertem Personal nicht aufzuholen sein. Deshalb setzt die Bundesregierung darauf, verstärkt Tagesmütter und -väter anzuwerben, die über keine Fachausbildung verfügen. Nach Informationen von Zeit online besitzen bereits zum jetzigen Zeitpunkt rund 40 Prozent der Tagesbetreuer keine pädagogische Qualifikation, doch der Anteil Ungelernter könnte sich sogar erhöhen. Ein 6wöchiger Crashkurs soll nach Plänen des Familienministeriums bereits ausreichen, um zukünftig als Kita-Erzieher tätig zu werden (der Versicherungsbote berichtete).