Eine Krankenkasse hat es zu unterlassen, ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten bei Gewinnspielen persönliche Daten von minderjährigen Verbrauchern ab 15 Jahren zu erheben, um diese als Kunden werben zu können. Das hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.09.2012 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die von einer Verbraucherzentrale verklagte Krankenkasse hatte auf einer Job-Messe Gewinnspiele für minderjährige Verbraucher angeboten. Auf den Teilnehmerkarten hatte sie Name, Anschrift, Geburtsdatum und Kontaktdaten abgefragt und eine Unterschrift der Teilnehmer vorgesehen, die nur bei unter 15jährigen Minderjährigen vom Erziehungsberechtigten geleistet werden sollte. Mit einer ebenfalls auf der Karte abgedruckten Erklärung willigten die Teilnehmer in eine Speicherung und Nutzung der abgefragten Daten ein, um über die Leistungen der Krankenkasse informiert und beraten zu werden. U.a. unter Hinweis darauf, dass bereits 15jährige Minderjährige ihre Krankenkasse selbst wählen dürften, hatte die verklagte Krankenkasse hierin eine zulässige Werbung gesehen.
Dem hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm widersprochen und der Krankenkasse eine derartige Werbung untersagt. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Minderjährige ab dem 15. Lebensjahr grundsätzlich die nötige Reife haben, um die Tragweite der Einwilligungserklärung zur Datenspeicherung und Datenverwendung zu Werbezwecken abzusehen. Zu berücksichtigen sei zwar der mit dem Alter bei Minderjährigen zunehmende Reifeprozess. Abzustellen sei aber auf den Durchschnitt der angesprochenen Personengruppe, die in geschäftlichen Dingen noch unerfahren sei. Beim Lesen der Gewinnkarte überwiege bei ihnen der Anreiz, etwas zu gewinnen, das konsequente Nachdenken darüber, was infolge der Preisgabe der Daten passieren könne.
Zudem treffe ein Jugendlicher beim Ausfüllen einer Gewinnkarte auf der Messe eine ganz kurzfristige Entscheidung über die Preisgabe seiner personenbezogenen Daten. Das sei mit der Situation bei der Wahl einer Krankenkasse nicht zu vergleichen. Diese stehe regelmäßig im Zusammenhang mit der Wahl eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, bei der ein Jugendlicher von seinen Eltern und ggfls. dem neuen Arbeitgeber beraten werde und sich in Ruhe über die in Betracht zu ziehenden Krankenkassen informieren könne.
Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.09.2012 (I-4 U 85/12)