Neuesten Forschungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge, stellen Solo-Selbstständige die Mehrheit der beruflich Selbstständigen. Doch beinahe 14 Prozent der Solo-Selbstständigen habe auch nach fast fünf Jahren Selbstständigkeit keine Altersvorsorge.
Innerhalb der letzten dreißig Jahre hat die selbstständige Berufstätigkeit in Deutschland kontinuierlich zugenommen. Über lange Zeit hinweg sei die berufliche Selbstständigkeit von Betrieben - also Selbstständigen mit weiteren Beschäftigten - geprägt gewesen. Doch seit der Jahrtausendwende sei fast nur noch die Zahl der Solo-Selbstständigen gestiegen - inzwischen seien diese in der Mehrheit, berichtet das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB).
Die IAB-Forscher Hans-Dieter Gerner und Frank Wießner sehen bei dieser Entwicklung den Strukturwandel hin zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft mitverantwortlich. Moderne Kommunikationsmittel würden auch Einzelpersonen in die Lage versetzen, vielfältige Dienstleistungsangebote zu realisieren. „Bei Bedarf können betriebliche Personalstrukturen durch Kooperation oder durch die virtuelle Vernetzung mehrerer Selbstständiger substituiert werden“, schreiben Gerner und Wießner.
Auch die zunehmende Erwerbstätigkeit von Frauen werde durch den technischen Fortschritt begünstigt. Um Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können, spiele bei erwerbstätigen Frauen Flexibilität eine besonders große Rolle. Frauen sind besonders häufig alleine selbstständig tätig.
Die Förderung von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit sei ein weiterer wichtiger Faktor, so die IAB-Forscher. „Das Überbrückungsgeld (1986 bis 2006), daneben die Ich-AG (2003 bis 2006) und schließlich ab Mitte 2006 der Gründungszuschuss trugen zu einer beachtlichen Stimulierung des Gründungsgeschehens in Deutschland bei“, stellen Gerner und Wießner fest. Auch notwendige Versicherungen für Selbstständige sollten berücksichtigt werden.
Ich-AGler bleiben meist solo
Rund drei Viertel derjenigen, die eine Ich-AG gründeten, haben auch nach fast fünf Jahren Selbstständigkeit keine weiteren Mitarbeiter. Von den Gründern, die Überbrückungsgeld erhielten, beschäftigt dagegen etwa die Hälfte weitere Mitarbeiter – nicht selten auch schon im ersten Jahr der Selbstständigkeit.
Das Überbrückungsgeld nahmen vor allem Arbeitslose in Anspruch, die zuvor relativ gut verdient hatten, da die Höhe anders als bei der Ich-AG vom vorherigen Einkommen abhing. Verglichen mit dem Durchschnitt der Arbeitslosen waren die Überbrückungsgeld-Gründer dementsprechend auch besser qualifiziert, und häufig waren es Männer. Bei den Ich-AG-Gründern war das Qualifikationsniveau etwas niedriger als bei den Überbrückungsgeld-Gründern, und knapp die Hälfte waren Frauen. Die Ich-AG erreichte damit auch Gruppen, die bei den Gründungen zuvor unterrepräsentiert waren.
Keine Kümmerexistenzen
Diejenigen der geförderten Gründer, die noch weitere Mitarbeiter beschäftigen, verfügten im Schnitt über ein höheres Startkapital und zeigten eine höhere Risikobereitschaft, geht aus der IAB-Studie (PDF) hervor. Sie verdienen mit durchschnittlich 2.526 Euro netto im Monat dann auch mehr als die Solo-Selbstständigen mit 1.897 Euro. Gerner und Wießner betonen, „dass zumindest im Bereich der Vollzeit-Selbstständigkeit keine ‚Kümmerexistenzen’ gefördert wurden. Die Einkommen liegen durchaus im Bereich vergleichbarer abhängiger Beschäftigungen.“
Etwa zehn Prozent der geförderten Gründer – 14 Prozent der Solo-Selbstständigen, neun Prozent der Selbstständigen mit Mitarbeitern – haben allerdings auch nach fast fünf Jahren Selbstständigkeit keine Altersvorsorge. In diesen Fällen bestehe das Risiko späterer Altersarmut, warnen die Forscher.