Die Antikorruptionseinheit INES hatte letzten Dienstag für die Verhaftung zweier Manager des Internetunternehmens Unister gesorgt. Grund war die Einstufung eines Reiserücktritts-Services von Unister als Versicherung durch die Finanzmarktaufsicht BaFin. Recherchen von Versicherungsbote haben ergeben, dass es in der Vergangenheit bereits ähnliche Fälle gab, bei denen die BaFin letztendlich ihre Entscheidung korrigieren musste. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge, ist einer der verhafteten Unister-Manager wieder auf freiem Fuß.
Fall 1 - Systemlottospiel-Anbieter mit kostenloser Unfall- und Auslandsreisekrankenversicherung
2009 befasste sich zum Beispiel der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel (6 A 1065/08) mit einem Anbieter von Systemlottospielen. Der Betreiber bot seinen Kunden eine Unfall- und Auslandsreisekrankenversicherung als Zusatzleistungen an. Hinter dieser Leistung stand aber kein Versicherungsunternehmen und auch so war die Leistung nur in Flyern angepriesen, aber die Kunden erhielten nie eine Bestätigung über den Versicherungsschutz.
Da kein Rechtsanspruch auf die in Aussicht gestellten Leistungen bestand, könne es sich nicht um ein Versicherungsgeschäft i.S.v. § 1 Abs.1 VAG handeln, hieß es im Leitsatz zur Entscheidung. Es könne dem Unternehmen auch nicht zugemutet werden, Policen und Versicherungsbedingungen zur Verfügung zu stellen, wenn diese Unterlagen gar nicht existieren.
Der Vergleich zu Unister kann zwar nur bedingt gezogen werden, denn die Kunden hatten keinen Anspruch auf die strittige Leistung, aber dennoch wurde der Festlegung Wiederrufen, dass es sich hier um ein Versicherungsprodukt handelt das unter die Aufsicht der BAV gestellt werden muss.
Fall 2 - Verschleissgarantie gegen erhöhten Preis
In einem anderen Fall (1 A 26/91) gewährte der Hersteller von Öl-Additiven eine sogenannte Verschleißgarantie. Die Garantie bezog sich auf die Wirksamkeit des Schmieröl-Zusatzes: Kommt es trotz fachgerechter Anwendung zu Schäden an den Aggregaten des Fahrzeugs, würde der Hersteller jene Reparaturkosten übernehmen, die auf das Ausbleiben der Wirkung des Öls zurückzuführen seien.
Das Bundesamt für Versicherungswesen (BAV), einer der Vorgänger der heutigen BaFin, untersagte per Verfügung vom 11. Juli 1990 Garantieleistungen bzw. Reparaturkostenersatz zuzusagen oder entsprechende Verträge zu verlängern, weil es sich um ein erlaubnispflichtiges Versicherungsgeschäft handeln würde.
Entscheidend: Die Vertragsbedingungen schränkten die Haftung des Herstellers derart ein, daß sie kaum erfolgreich in Anspruch genommen werden konnte. Die Garantie beziehe sich nur auf nachweisliches Versagen der verschleißmindernden Wirkung der Zusätze.
Eine Einordnung der Garantiezusage als Versicherungsgeschäft käme auch deshalb nicht infrage, weil es der Leistung an der erforderlichen Selbstständigkeit mangelte. Denn zwischen dem Kauf der Additive und der Garantiezusage bestehe ein derart enger Zusammenhang, daß sie als unselbstständige Nebenabrede zum Kaufvertrag zu qualifizieren sei.
Die Entscheidung des BAV war rechtswidrig und musste zurückgenommen werden.
Dieser Fall lässt sich sehr gut mit der von Unister angeboteten Dienstleistung vergleichen. Auch bei Unister haben die Kunden eine extra-Gebühr bezahlt. Die eventuelle Stornogebühr, die Unister übernommen hätte, könnte man dem Risiko einer Reparatur an einem Gebrauchtwagen vergleichen.
Fall 3 - Langezeitgarantie bei einem Versandhandel
In einem anderen Fall hatte die BAV einem Versandhändler 1989 per Verfügung untersagt, Vereinbarungen zu Langzeitgarantien zu treffen. Es würde sich bei dem Modell, wie es der Versandhändler anbot, eher um einen Reparaturkostenversicherungsvertrag als um eine Herstellergarantie bzw. Gewährleistungsgarantie handeln.
Dem konnte sich das Bundesverwaltungsgericht nicht anschließen (1 A 126/89). Der Versandhändler habe mit seiner Langzeitgarantie anfängliche Sachmängel erfasst, für die er als Verkäufer ohnehin hätte einstehen müssen. Ausgeschlossen seien Schäden, die aufgrund unsachgemäßer Behandlung, selbstvorgenommener Veränderungen oder aufgrund von natürlichem Verschleiß entstehen können.
Auch Unister argumentiert mit der unselbständigen Nebenabrede zum Kaufvertrag, da es sich um eine Dienstleistung gehandelt habe, die fest mit dem Buchungsauftrag verbunden war.
Fazit
Warum die BaFin trotz vorliegen solcher Urteile immer wieder versucht, Dienstleistungen als Versicherungsleistungen einzustufen ist fraglich. Diesen Urteilen kann man entnehmen, dass Unister mit der eigen Dienstleistung, die ja fest mit dem Buchungsauftrag verbunden ist, glauben darf, dass es sich nicht um Versicherungsleistung handelt. Laut Unister gab es zuvor auch Gespräche mit der BaFin , die aber zu keiner eindeutigen Aussagen seitens der Bafin geführt haben.
Unterdessen wurde bekannt, dass einer der inhaftierten Manager gegen Auflagen entlassen wurde. Wie die Bild-Zeitung in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, sei Thomas Wagner wieder frei. Er hätte seine Reisepapiere abgeben müssen und solle sich regelmäßig bei den Behörden melden.