Die Polizei soll zukünftig Zugriff auf die Handy-PIN erhalten. Der Bundestag verabschiedet ein Gesetzesvorhaben zur Neuregelung Bestandsdatenauskunft. SPD und Regierungsparteien stimmten für die Änderung. Der Entwurf erlaubt u.a. Polizeibehörden, PIN-Nummern und Passwörter zu erhalten. Weiterhin soll es eine elektronische Schnittstelle geben, welche die Datenabfrage vereinfacht.
Am 25. Januar diesen Jahres war im Bundestag ein entsprechender Gesetzesentwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes vorgelegt worden. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 geurteilt, dass die bisherigen Regelungen zur Bestandsdatenauskunft darin lediglich noch bis zum 30. Juni 2013 anwendbar seien (24.01.2012, 1 BvR 1299/05).
Derzeit ist die Auskunft über Bestandsdaten im Paragraph 113 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) geregelt. Die Telekommunikationsanbieter sind gegenüber den zuständigen Stellen zur Auskunft gespeicherter Kundendaten verpflichtet, wenn dies etwa zur Verfolgung von Straftaten oder für den Verfassungsschutz erforderlich ist. Solche Daten wären zwar keine Verbindungsdaten, jedoch Name, Anschrift und weitere Kontaktdaten des Telefonanschlussinhabers, so das Ministerium. Auch die Handy-PIN-Nummer fällt darunter.
Laut Ministerium keine Erweiterung von Befugnissen der Behörden
Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden sollen dadurch keine neuen Befugnisse erhalten, heißt es. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes werden dahingehend umgesetzt, dass nach § 113 TKG grundsätzlich die Übermittlung datenschutzrechtlich erlaubt ist. Wann und wie die jeweiligen Behörden zur Erhebung ermächtigt werden, ist vom Anfragezweck abhängig zu machen, so die richterliche Vorgabe. Aus diesem Grund würden in der Strafprozessordnung und in Fachgesetzen der Behörden eigenständige Befugnisse geregelt.
In der Diskussion des Innenausschusses hatte unter anderem der Berliner Beauftrage für Datenschutz und Informationsfreiheit, Alexander Dix, kritisiert, dass das Bundesverfassungsgericht zwischen einer Auskunft über Bestandsdaten und der „Identifizierung von dynamischen IP-Adressen“ differenziert habe. Mit Übermittlung der IP-Adressdaten wäre es möglich, das Surf-Verhalten von Internetnutzern nachzuvollziehen. Dies stellt einen hohen Eingriff in die Privatsphäre dar. Die Bestandsauskunft wäre daher gesetzlich mit der Aufdeckung der IP-Adressen nicht gleich zu behandeln, so das Gericht. Der Entwurf ist in diesem Punkt allerdings „verfassungsrechtlich problematisch“, so Dix.
Nach einem Änderungsantrag der SPD wurde im Entwurf aufgenommen, dass zumindest ein heimlicher Zugriff ohne richterlichen Beschluss nicht möglich ist. Auch Dix Kritik, dass der Entwurf keine Benachrichtigungspflichten enthalte und so Betroffenen im Nachhinein Rechtsschutzmöglichkeiten entzogen würden, wurde mit entsprechenden Pflichten berücksichtigt.
Hoher Ermessensspielraum und verringerter technischer Aufwand versus Schutz der Privatsphäre
Die Fraktion die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dem Gesetzesentwurf nicht zu. Zu hoch wäre der Ermessensspielraum der Behörden, die Benachrichtungspflichten noch „löchrig wie ein Schweizer Käse“. Vor dem Bundesverfassungsgericht könnte auch die erneute Regelung kaum Bestand haben.
Sowohl Bundes- und Zollkriminalamt erhalten durch die Neuregelung Datenzugriffe, die bisher durch das Fernmeldegesetz verboten sind, warnt der Arbeitskreis Vorrats-Datenspeicherung. Im Zuge dessen weist er auch auf die Einführung einer elektronischen Schnittstelle hin, die den technischen Aufwand einer Datenabfrage maßgeblich erleichtern würde. Vorstellbar ist, dass durch diese verringerten Hürden auch die Beschaffung der richterlichen Genehmigung ein „verwaltungstechnisches Kinderspiel“ werden könnte, kommentiert das Portal Deutsche Wirtschafts Nachrichten.
Noch muss der Bundestag über das Gesetz abstimmen. Entsprechende Nachbesserungen des Entwurfes sind damit Ländersache, die Übergabe in den Vermittlungsausschuss ist wahrscheinlich.