Die staatlich geförderte Pflege-Bahr-Versicherung läuft nur schleppend an. Hat sie doch als großes Vorbild die Riester-Rente, bleibt bei genauerer Betrachtung wenig Gemeinsamkeit. Dabei sollen doch Lobbyisten die neue Pflege-Bahr überhaupt erst möglich gemacht haben.
Pflege-Bahr ist ein Lobby-Geschenk der FDP, schimpft die SPD in einem offiziellen Papier (PDF) über die staatlich geförderte Pflegeversicherung. Nur, wenn Pflege-Bahr ein Ergebnis erfolgreicher Lobbyisten-Arbeit sein soll, warum freuen sich die Versicherungsgesellschaften nicht so richtig darüber?
Zum Start der neuen Pflege-Bahr Anfang des Jahres, hatten nur wenige Gesellschaften dieses Produkt im Portfolio. Auch nach 5 Monaten ist das Angebot überschaubar. Dabei läuft Mitte des Jahres eine wichtige Frist für die Kunden ab, denn wer vor dem 01.07.2013 einen Pflege-Bahr-Tarif abschliesst, bekommt vom Staat die volle Förderung für 2013. Normalerweise würde Versicherungen angesichts solcher Termine unter Druck stehen, aber man trifft eher auf Gelassenheit.
Pflege-Bahr schmeckt nicht so recht. Ein Grund ist die Pflicht, jeden Kunden ohne Gesundheitsprüfung zu nehmen, so erklärte das zumindest ein Vertriebsmitarbeiter der Axa auf der Leipziger Versicherungs- und Fondsmesse Mitte Mai. Vor Einführung der Pflege-Bahr hatte auch der Verband der Privaten Krankenversicherer (PKV Verband) die Erhebung von Risikoaufschlägen und Leistungsausschlüssen gefordert. Ein Kompromiss war die Einschränkung der Zulagenberechtigten: Menschen, die bereits ein Pflegefall sind oder vorübergehend waren, können die Versicherung nicht mehr abschliessen.
Jedoch allein den Versicherungszwang als Bremse für die schleppende Umsetzung zu deklarieren, reicht nicht aus. Denn bereits vor Einführung von Pflege-Bahr warben vereinzelte Gesellschaften mit Pflege-Tarifen, die auf eine Gesundheitsprüfung verzichteten.
Ein Problem scheint vielmehr die Deckelung der Abschlusskosten zu sein, diese sind auf maximal zwei Monatsbeiträge begrenzt - wenig Spielraum für den Vertrieb. Zwei Monatsbeiträge, das sind umgerechnet 20 Euro für einen Abschluss, der Aufwand für eine intensive Beratung beim Kunden lässt sich so nicht refinanzieren. Beschlossen wurde das mit der Durchführungsverordnung Pflegevorsorgezulage, die Bestandteil des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes ist. Neben den Abschlusskosten wurden auch die Bestandsprovisionen geregelt.
Provisionen wie sonst in der Privaten Krankenversicherung üblich, können bei Pflege-Bahr nicht gezahlt werden. Mehr als 2 Prozent bleiben für den Versicherungsmakler nicht übrig. Bei einem Produkt, das dem Makler im Schnitt 2,40 Euro im Jahr bringt, kommt nur wenig Freude auf. Die Mehrzahl der Policen wird bei einem Jahresbeitrag von 120 Euro bleiben, das ist der Mindestbeitrag, der für die volle Förderung von 5 Euro pro Monat erreicht werden muss.
Es bleibt nur der Trost, dass mit der öffentlichen Diskussion um Pflege-Bahr das Problem der privaten Pflege-Vorsorge beworben wird und sich der eine oder andere Kunde jetzt damit beschäftigen wird. Vergleicht man Pflege-Bahr mit den bereits vorhanden Pflege-Tageggeld-Tarifen, dann schneiden die klassischen Produkte ohne Förderung besser ab. Am deutlichsten wird der Unterschied bei jungen Menschen, dort ist eine richtige Pflegetagegeld-Versicherung immer die bessere Wahl, eventuell ein Grund, weshalb auch junge Menschen jetzt eher eine Pflegeversicherung abschliessen könnten. Wenn allein der Verkauf der ungerförderten Produkte Ziel der Lobbyisten, dann könnte die Rechnung aufgehen, denn hier gibt es keine Einmischung seitens der Politik.