AOK-Chef behauptet - Jeder Dritte will von PKV in die GKV wechseln

Quelle: AOK Pressefoto

Laut AOK-Chef Jürgen Graalmann will jeder Dritte aus der Privatversicherung (PKV) zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wechseln. So berichtet der AOK-Chef in einem Interview mit dem Stern von immer mehr Anfragen wechselwilliger Privatpatienten. Der Verband der Privaten Krankenversicherung dementiert umgehend. 90 Prozent der Privatversicherten seien zufrieden mit ihrer Krankenversicherung.

Laut AOK-Chef Jürgen Graalmann würde fast jeder dritte Privatversicherte zurück zu einer gesetzlichen Krankenkasse wechseln. Das erklärt der AOK-Chef in einem Bericht des Magazins „Stern“. Das Nachrichtenmagazin beruft sich dabei auf eine aktuelle Umfrage des Bundesverbandes der AOK. In einem Interview betonte AOK-Chef Jürgen Graalmann, dass seine Kasse immer mehr Anfragen von unzufriedenen Privatpatienten erhalte. „Die Ergebnisse sprechen dafür, das heutige System zu überdenken, denn 31 Prozent wollen zurück in die gesetzliche Krankenversicherung“, sagte Graalmann dem Nachrichtenmagazin. Deshalb habe man eine Umfrage gestartet, um eine realistische Übersicht zu bekommen.

Patienten sollen Altersrückstellungen mit in die GKV nehmen können

Graalmann plädiert in dem Gespräch für eine umfassende Reform des Gesundheitssystems. Notwendig sei ein „integrierter Versicherungsmarkt, in dem für Privatversicherer und gesetzliche Kassen die gleichen Regeln herrschen“. Dabei sollten Privatpatienten innerhalb einer bestimmten Frist ein Rückkehrrecht in die GKV eingeräumt bekommen. Die Ärztehonorare für Kassen- und Privatpatienten sollten ebenfalls einander angenähert werden, forderte der Kassenfunktionär.

Die daraus resultierenden Mehrkosten für die Kassen müssten nicht zu Lasten der gesetzlich Versicherten gehen – wenn die Politik den Rahmen richtig setze. "Statt ihre Altersrückstellungen wie bisher als Gewinne bei den Versicherungskonzernen zurückzulassen, sollten die Wechsler diese aus der Privatversicherung mitbringen. Das ist verfassungsrechtlich möglich, und ich halte es sogar für geboten", so Graalmann.

PKV-Verband kontert: Mehrheit der Privatpatienten sei zufrieden

Die Antwort des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV) ließ nicht lange auf sich warten. „Das durchsichtige Manöver des AOK-Chefs hält dem Faktencheck nicht stand“, sagte Stefan Reker, Pressesprecher des PKV-Verbandes.

Reker beruft sich ebenfalls auf Studien, um die Aussagen Graalmanns zu widerlegen. In einer Kundenbefragung habe der unabhängige Analysedienst Assekurata 4.405 Privatversicherte repräsentativ befragt. 96,2 Prozent äußerten sich zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrem Krankenversicherer. Und mehr als 90 Prozent würden nochmals ihre Krankenversicherung beim derzeitigen PKV-Unternehmen abschließen.

Zudem habe das Umfrageinstitut TNS Emnid ermittelt, dass über 20 Millionen gesetzlich Versicherte gerne in die private Krankenversicherung wechseln würden. Diese seien aber durch die hohe Versicherungspflichtgrenze an die Krankenkassen gebunden.

“Der Wechsel von Versicherten zwischen der Gesetzlichen und der Privaten Krankenversicherung ist normal und im dualen System des deutschen Gesundheitswesens durchaus gewollt. Dieser Wettbewerb tut Deutschland und seiner Gesundheitsversorgung gut“, lautet Rekers Fazit. Weltweit werde Deutschland wegen seines dualen Systems beneidet. „In einer gleichgeschalteten Einheitsversorgung, wie sie Herrn Graalmann vorzuschweben scheint, könnte es nur schlechter werden.“

Teils drastische Beitragserhöhungen in der PKV

Dass es in der privaten Krankenversicherung Probleme gibt, wird aber auch der PKV-Verband nicht leugnen können. Speziell die teils drastischen Tariferhöhungen für ältere Versicherungsnehmer nagen am Image der Privatversicherer. Zum 01. Mai 2013 hatten mehrere Anbieter ihre Beiträge erneut um bis zu 25 Prozent angehoben, sie wuchsen in den letzten Jahren schneller als das Bruttosozialprodukt. Über 150.000 Privatversicherte, die ihre Beiträge seit drei Monaten oder länger nicht gezahlt haben, künden von den finanziellen Problemen einiger Versicherungsnehmer.

“Die öffentliche Wahrnehmung der PKV ist auf einem historischen Tiefpunkt“, hat das Analysehaus Bain & Company angesichts der steigenden Beiträge konstatiert. Auch das Neugeschäft schwächelt. Erstmals seit langer Zeit mussten die Privatversicherer in 2012 ein Sinken des Nettoneuzugangs verkraften – die Zahl der Privatpatienten sank um 20.067 Personen. Zudem wurde wiederholt Kritik am geringen Leistungsumfang speziell in den billigen Tarifen laut. Bestimmte Angebote der Privatversicherer würden nicht mal das Mindestniveau der gesetzlichen Versicherung abdecken, klagen Verbraucherschützer.