Private oder gesetzliche Krankenversicherung? Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) fordert im Streit der beiden Systeme verbale Abrüstung. Auf der Jahrestagung des Verbands der privaten Krankenversicherung (PKV) warb Bahr für einen Wettbewerb der beiden im Gesundheitssystem. Dennoch mahnte der FDP-Politiker Reformen an.
Das duale Gesundheitssystem sichert in Deutschland ein hohes Versorgungsniveau – davon ist Daniel Bahr (FDP) überzeugt. „Wir haben im dualen System einen breiten Leistungsumfang, der seinesgleichen in der Welt und Europa sucht“, sagte der Bundesgesundheitsminister am Mittwoch auf der Jahrestagung des PKV-Verbandes in Berlin. Jeder würde in Deutschland bekommen, was für seine Behandlung notwendig sei. Mit Blick auf die zukünftige Gestaltung des Gesundheitssystems forderte Bahr die Beteiligten dazu auf, die Debatte „ideologisch abzurüsten.“
Laut einem Bericht der Ärztezeitung sieht Bahr in der Wahlfreiheit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung einen entscheidenden Vorteil des Gesundheitssystems. „Der Grundsatz muss erhalten bleiben, dass die Versicherten selbst entscheiden, wo und wie sie sich versichern wollen“, sagte Bahr auf der Veranstaltung. Damit erteilte er Plänen für eine Bürgerversicherung, wie sie die Oppositionsparteien SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Linkspartei anstreben, erwartungsgemäß eine Absage.
Bahr will Reformen in PKV und GKV
Trotz dieser Überzeugung machte Daniel Bahr deutlich, dass er in beiden Systemen einen Reformbedarf sieht. Sowohl PKV und GKV hätten Vor- und Nachteile, müssten sich aber weiterentwickeln und könnten voneinander lernen, argumentierte der Gesundheitsminister.
Bahr forderte die PKV auf, sich stärker in der integrierten Versorgung und mit Behandlungsprogrammen für bestimmte Krankheitsbilder zu engagieren. Auch bei den internen Wechselmöglichkeiten und den Beiträgen kündigte er Reformen an. „Wir werden auch bei der PKV gesetzliche Änderungen brauchen“.
Lobende Worte fand der FDP-Politiker für neue Ideen bei der Tarifgestaltung. Als Beispiel nannte er einen Vorstoß des Marktführers Debeka. Der Privatversicherer nimmt alle Angestellte bereits 6 Monate nach Erreichen der Versicherungspflichtgrenze auf und beschränkt dabei die Prämienhöhe auf 30 Prozent - unabhängig von möglichen Vorerkrankungen.
Erneuter Angriff auf die Gutverdiener-Tarife der GKV
Auf wenig Gegenliebe bei den Krankenkassen wird die erneute Ankündigung des Ministers stoßen, Wahltarife in der GKV strenger reglementieren zu wollen. Rosinenpickerei habe weder bei den gesetzlichen noch privaten Krankenversicherern etwas zu suchen, argumentierte Bahr. Und ergänzte: Es dürfe zukünftig keine Wahltarife in der GKV mehr geben, die sich ausschließlich dadurch finanzieren, dass freiwillig Versicherte vom Wechsel in die PKV abgehalten werden.
Es sind aber genau jene Wahltarife, die junge und gesunde Gutverdiener im Solidarsystem halten. Zum Beispiel können sich Patienten einen Teil ihres Jahresbeitrages rückerstatten lassen, wenn sie ein Jahr lang keinen Arzt aufsuchen - das macht die Angebote auch für Versicherte mit großem Portemonnaie attraktiv. „Dürfen wir diese Halteeffekte nicht mehr berücksichtigen, besteht die Gefahr, gutverdienende Mitglieder unwiderruflich an die Privatversicherung zu verlieren“, hatte bereits im März 2013 Jens Baas, Vorstand der Techniker Krankenkasse, kritisiert. Dies bedeute langfristig eine Schwächung des Solidarsystems, so dass sich Kranke und sozial Schwache auf höhere Beiträge in der GKV einstellen müssten (der Versicherungsbote berichtete).