Gewinnt die SPD am 22. September die Bundestagswahl, will sie ein Milliardenschweres Investitionsprogramm für Bildung, Infrastruktur und Soziales auflegen. Das beschloss das Schattenkabinett von Peer Steinbrück am Mittwoch auf einer Sitzung in Berlin. „Deutschland braucht einen Modernisierungsschub durch eine Investitionsoffensive“, heißt es in dem Beschlusspapier. Sogar einen Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik streben die Sozialdemokraten an.
Es sind ehrgeizige Ziele, mit denen die SPD wenige Monate vor der Wahl punkten will. Ein neuer Zukunftspakt soll her, der die Wirtschaftspolitik auf einen neuen Sockel stellt, auch der Wohlstandsbegriff soll überarbeitet werden. Und nicht zuletzt will man viel Geld in die Hand nehmen, um für zusätzliche Investitionsanreize zu sorgen: 80 Milliarden Euro pro Jahr sind im Falle eines Wahlsieges an extra Zukunftsinvestitionen vorgesehen.
Am Mittwoch hatte sich das 12köpfige Schattenkabinett von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in Berlin getroffen, um die Eckpunkte des Investitionsprogrammes zu verabschieden. Bei der Formulierung der Pläne gibt sich die SPD wenig bescheiden. Das Beschlusspapier sei Teil einer neuen Investitions- und Wachstumsphilosophie, heißt es darin, Ziel sei ein Modernisierungsschub für Deutschland. Mit den Milliardengeldern sollen Datennetze ausgebaut, neue Wohnungen gebaut sowie der Bildungs- und Pflegebereich gestärkt werden.
Neuverschuldung soll nicht steigen
Wie aber will die SPD all das finanzieren? Zusätzliche Schulden seien nicht geplant, versichern die Sozialdemokraten. Vielmehr wolle man die Gelder aus jenen Maßnahmen gewinnen, die bereits im Parteiprogramm festgeschrieben stehen: höhere Steuereinnahmen bei Spitzenverdienern, Erben großer Vermögen und von Finanztransaktionen. Solide Staatsfinanzen seien ein Eckpfeiler erfolgreicher Politik, aber ein weiterer müssten nachhaltige Investitionen zum Wohle zukünftiger Generationen sein, argumentieren die Genossen.
Auch mehr privates Kapital will die SPD anlocken. Ex-Finanzminister Steinbrück schlug hierfür Fonds vor, mit denen sich Kapitalanleger gegen feste Renditen am Ausbau von Stromnetzen und Breitband-Internetverbindungen beteiligen können. Durch die Beitragsanhebung in der Pflegeversicherung um 0,5 Prozentpunkte sollen zudem 10.000 neue Pflegekräfte eingestellt werden. Folgende Staatsinvestitionen sind im Detail vorgesehen:
- Bund und Länder sollen pro Jahr 20 Milliarden Euro mehr in Bildung und Wissenschaft investieren.
- Die Förderung des Städtebaus soll um 700 Millionen Euro im Jahr angehoben werden, um den steigenden Mieten in Innenstädten entgegenzuwirken.
- Den Beitrag zur Pflegeversicherung will die SPD um 0,5 Punkte auf 2,55 Prozent anheben. Dadurch könnten zehntausende neue Arbeitsplätze im Gesundheitsgewerbe geschaffen werden.
- Den Ausbau des Breitbandnetzes und von Stromnetzen will die SPD durch Fonds und staatliche Förderung beschleunigen.
- Der Verkehrshaushalt soll um 2 Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden. Mit dem Geld will die SPD Schlaglöcher flicken, marode Straßen erneuern und die Infrastruktur ausbauen.
Neuer Wohlstandsbegriff: SPD will Paradigmenwechsel in Wirtschaftspolitik
Insgesamt 125.000 Arbeitsplätze könnten durch die Investitionen geschaffen werden, rechnet die SPD vor. Aber das ist nicht alles, was die Partei anstrebt. Am Ende soll sogar eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik stehen, so dass der Staat wieder stärker als Marktteilnehmer eingreift. Ein bisschen mehr John Maynard Keynes, ein bisschen weniger Vertrauen in die Kraft der freien Märkte: So lautet das Credo der SPD in 2013.
Dafür will die SPD die wirtschaftspolitischen Ziele in einem Wirtschafts- und Wohlstandsgesetz neu definieren. Die vier Eckpfeiler zur Messung von Wachstum und Wohlstand sollten fortan die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen sowie die soziale, die ökonomische und die ökologische Nachhaltigkeit sein. Es wäre ein Paradigmenwechsel: Als "magisches Viereck" der Volkswirtschaft gilt bisher das Bestreben, ein stetiges Wirtschaftswachstum, Preisniveaustabilität, eine hohe Beschäftigung und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht miteinander in Einklang zu bringen. Diese Grundsätze sind im Stabilitätsgesetz von 1967 festgeschrieben.