Da robben sie durch den Schlamm, klettern über Hindernisse, bereiten Trinkwasser aus Pfützen und machen Feuer ohne Anzünder. Überlebenstraining in der Natur (Sorry, natürlich Outdoor) ist "in". Für den Ernstfall gerüstet sein scheint nicht nur eine gute Idee für Freiluft-Freaks zu sein, sondern auch für Makler. Ein Kommentar von AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt.
Über 300 Teilnehmer haben im März diesen Jahres am 2017er Braveheart-Battle des Lübecker Maklerpools blaudirekt teilgenommen. Makler und Maklerbetreuer, Innendienstmitarbeiter, Führungskräfte und selbst ein Vorstand haben sich den Strapazen gestellt. Zahlreiche Hindernisse und so manchem Sprung durch kaltes Wasser haben das Gefühl geweckt, als wäre das Survival der Versicherungsbranche schon ausgerufen worden.
Was aber beim jährlichen Branchenevent der Blauen aus dem Norden im Team noch erfolgreich und mit viel Spaß geschafft wurde, dass sieht für viele Einzelkämpfer der Branche ganz anders aus. Keiner weiß, was die neue Regulierungswelle unter der Überschrift IDD bringen wird. Kaum jemand ahnt, ob und wie dann das „Überleben“ im wirtschaftlichen Sinne gelingen wird.
Wir sind im Strudel der Megatrends
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Unabhängig von den genauen Regelungen der deutschen IDD-Umsetzung können Versicherungsmakler Vorkehrungen treffen, die das eigene Unternehmen und das gewählte Geschäftsmodell absichern. Dafür ist es auch nicht entscheidend, ob man ein Makler mit Courtage-, Honorar- oder Mixmodell sein will. Denn die Megatrends unserer Zeit werden jeden Vermittler (be)treffen.
Megatrends, so wird mancher Leser fragen, was ist das? Unter Megatrends verstehen Zukunftsforscher gewissermaßen die Tiefenströmung der Veränderungen, die uns alle in Europa und in der Welt betreffen, ohne dass wir deren langsame Auswirkungen sofort bemerken. Dazu gehören die immer stärkere Individualisierung oder die Globalisierung. Aus diesen Megatrends will ich hier die Megatrends Konnektivität und New Work herausgreifen.
Unter Konnektivität wird die Zusammenarbeit in Netzwerken über das Internet verstanden, in die sich beispielsweise über Industrie 4.0 nun auch Maschinen und Maschinensysteme untereinander „einschalten“. In diesem Kontext prägt sich immer mehr die New Work aus, die Evolution von der Industrie- zur Wissensgesellschaft mit neuen Formen der Informationsgewinnung und des Charakters der Arbeit.
Diese und andere Megatrends werden getrieben und basieren zugleich auf der fortschreitenden Digitalisierung und der daraus resultierenden Möglichkeiten und Veränderung. Damit ist auch ohne IDD und weitere Versuche der Gesetzgeber, für uns Bürger mehr Sicherheit zu schaffen, klar: Wer sich jetzt nicht auf diese Veränderungen einstellt, der unterliegt der Gefahr, auf der „Strecke“ zu bleiben.
Auf den Wind der Veränderung einstellen
Für Vermittler (oder nach IDD: „Vertreiber“) von Versicherungen und Finanzdienstleistungen kommt es darauf an, die für sich entscheidenden Fragen der Veränderung zu erkennen und sich darauf einzustellen. Dabei wird manche lieb gewonnene Gepflogenheit aus den 80er oder 90er Jahren auch dringend einzuleitende Maßnahmen zum Survival nicht bestehen können. Nehmen wir ein Beispiel:
Der Megatrend zur Konnektivität führt immer mehr Menschen zur Vernetzung und Informationsbeschaffung im und über das Internet. Dies machen sich Insurtechs, Fintechs und Kundenportale zu Nutze. Die Technik dringt in die Sphären der Vermittler und Berater mehr oder weniger massiv ein. Und der Endkunde mag diesen Trend. Bequem und schnell selber machen ist in. Do It Yourself auch in der Versicherungsbranche.
Vermittler und Berater stehen am Entscheidungspunkt: Verweigerung oder Mitmachen. Die Apps der „Eindringlinge“ oder die „Vergleichsportale“ sind schon da. Wer zuerst am lautesten Werbung macht, der bekommt die Aufmerksamkeit. Nun stellt sich die Frage, ob der oder die Makler(in) sich in so eine Marketing-Battle begeben sollte. Für die meisten dürfte dies schon an den finanziellen Ressourcen scheitern. Oder?
Die Antwort lautet: Ja und nein. Ja, es wird mit geringem Werbeetat nicht gelingen die Angebote eines „Bauchladens“ von Versicherungen, Strom, Krediten und Reisen bei Google auf Platz 1 zu bringen. Es geht aber auch anders. Man kann die Frage des Scheiterns mit kleinem Budget auch zu einem klaren „Nein“ führen. Wie geht das?
Inzwischen gibt es zahlreiche Makler, die ihre „Überlebensstrategie“ gegen die Großen im Internet gefunden haben. Das Rezept heißt: Survival (Überleben) in der Nische. Wenn Sie einmal nach Nischenprodukten bei Versicherungen im Internet suchen, dann werden Sie schnell fündig. Dazu gehören Veranstaltungsversicherungen, Photovoltaikversicherungen oder auch Versicherungen für Dauercamper.
Die jeweiligen Makler investieren teilweise monatlich hundert Euro in Google-Adwords-Werbung, die sich aber doppelt rechnet. Zum einen kommen teilweise hunderte von Anträgen pro Monat in die Bücher dieser Unternehmen. Zum anderen wird der Megatrend der Konnektivität ganz bewusst genutzt. Richtig so.
Positionierung dort, wo der Kunde ist
Im Megatrend New Work verschwimmen immer mehr die starren Grenzen zwischen Arbeit, Informationsgewinnung und Unterhaltung. Dies gilt auch für die Visitenkarte der Vermittler im Internet. Kaum ein Kunde wird von seinem „Berater“ erwarten, dass dessen Internetplattform das Ausbildungszentrum zum Versicherungsfachwirt sein soll. Kunden wollen Problemlösungen, wollen Informationen im angenehmen Stil (Look & Feel) und Services rund um die Uhr.
Das sind natürlich Herausforderungen, für die man Lösungen braucht. Die eigene Homepage wird damit noch bedeutsamer im Prozess von New Work. Was ist gemeint? Ihre Kunden werden sich auf der Homepage lieber ein kurzes Video ansehen, was bildhaft erklärt, warum man als Single eine private Haftpflichtversicherung braucht, als seitenweise fachliche Aufklärung im Fachchinesisch konsumieren zu müssen.
Oder: Ein nettes Foto des Firmeninhabers ist schön, ein Video zu den besonderen Kundenservices oder vom Firmenteam ist besser. Die Chance, damit Vertrauen zu fördern, ist deutlich größer. Lassen Sie sich vom veränderten Layout der Online-Zeitschriften anregen. Weniger Text und mehr kleine Videos.
Ein schönes Beispiel für so ein Firmenvideo finden Sie bei den Brandenburger Versicherungsmaklern: https://www.facebook.com/versicherungsmakler.brandenburg/videos/1239640222766016/
Natürlich macht die weiterentwickelte Homepage mit neuen Services auch Arbeit. New Work kann aber die Arbeit auch erleichtern. Elektronische Schadenanzeigen, Änderung von Kundendaten oder die Vereinbarung von Kundenterminen über die Homepage kann Zeit und Kosten sparen. Und diesen Service kann der Kunde rund um die Uhr nutzen. Er ist es inzwischen (meist) schon gewohnt.
Verbinden Sie die Online-Serviceplattform Homepage mit Ihren persönlichen Services. Es geht nicht um ein „Entweder-oder“. Die Verbindung wird den Unterschied machen. Präsentieren Sie sich und Ihre Services auch in den Sozialen Medien. Schnöde Produktwerbung wird nicht ankommen. Aber ein kleines lustiges Video zu den neuen Moped-Versicherungsschildern des Jahres, gepostet bei Facebook, kann die gewünschte Aufmerksamkeit im Netzwerk bringen.
Diese kleinen Maßnahmen für das Survival bedeuten aber auch einen Ausstieg aus dem „Weiter so“. Ideenreichtum ist gefragt. Binden Sie Ihre Kunden mit ein. Jede Empfehlung, jedes „Like“ und jede positive Bewertung im Internet ist ein Baustein für Ihre Zukunft in einer veränderten Welt.
Es gibt immer einen Weg B
Bei einer kürzlich abgeschlossenen Strategieberatung für einen Makler sind wir bei der Diskussion um die Öffnung für Online-Beratung und Online-Abschlüsse als Beitrag zum „Überleben“ an den Punkt gekommen, dass der Makler eine andere Strategie einschlagen will. Er ist ein gutes Beispiel, dass auch ein Weg B möglich ist. Schauen wir uns diesen „Typ“ Makler einmal genauer an.
Der Makler ist seit mehr als zehn Jahren im Markt und betreut fast 1.000 Kunden. Die Vernetzung mit Kollegen und Kunden über die sozialen Netzwerke ist sehr gut. Das Büro ist auf technischem Höchststand. Der angebissene Apfel zeugt bei allen technischen Gerätschaften von ausgezeichneten Basics für New Work. Warum dann aber ein Weg B?
Gefragt nach seinem besonderen Asset antwortete mir der Makler: „Meine Stärke ist die persönliche Kundenberatung in meiner Region. Viele meiner Kunden kennen mich schon als Kind und Jugendlicher. Und damit unterscheide ich mich gravierend von den anonymen Vergleichsportalen, egal wie diese heißen. Und daraus mache ich meinen Weg B. Und das heißt bei mir – persönliche Beratung.“
Diese Survival-Strategie ist möglich, wenn die Arbeitsprozesse effektiv und die persönliche Beratung betriebswirtschaftlich tragfähig gestaltet werden. Im konkreten Fall bedeutete das beispielsweise die Komplexität der Vertragspartner zu reduzieren, den Kurs von Einvertrags – auf Vollmandat-Kunden einzuschlagen und den schon eingeschlagenen Weg zur vollen Digitalisierung der Maklerverwaltung zu vollenden.
Machen wir es noch einmal bildhaft: Ja, es gibt immer mehr Angebote zum Onlinekauf im Internet. Zahlreiche Portale verkaufen den Kunden Fashion via Web. Dennoch gibt es viele Kunden, die bereit sind, sich das neue Outfit durch eine gute Beratung und in einer angenehmen Umgebung empfehlen zu lassen. Solche Vorteile der haptischen Erfahrung sind immer wieder zu bemerken.
Der Weg B kann demnach bedeuten, dass Vermittler sich einer Spezialität oder Nische widmen. Ich habe noch keinen Makler kennengelernt, der als regionaler Spezialist für Arbeitskraftsicherung Zukunftsängste haben muss. Seine Kompetenz hebt ihn weit über das Wissenslevel des durchschnittlichen Verbraucherschützers oder seiner Mitbewerber.
Solche Spezialisierung als „Problemlöser“ spricht sich regional und teilweise sogar bundesweit schnell herum. Gleich gar, wenn ein solcher Spezialist über Fachartikeln in der regionalen Presse, über Blogbeiträgen oder per Video seine Erfahrungen im Kampf mit und gegen die Produktanbieter darstellt. Immer wieder Videos, wie Sie merken.
Probieren Sie es einfach mal aus. Themenvideos oder Videos zu Problemlösungen verbreiten sich sehr schnell und werden gerne – mit Empfehlungen – geteilt. Vor einiger Zeit brachten Makler Beispiele zur Sanierung nach Rohrbruch oder von einem Schwehlbrand unter eine Photovoltaikanlage ins Netz. Diese Videos wurden über das Teilen im Netz an hunderte Kunden und Kollegen gebracht. Ein guter Weg seine Kompetenz über das Netz zu verbreiten. Das ist New Work der heutigen Zeit.
Kunden, die sich an Vermittler der Kategorie Weg B wenden, wissen ganz genau, dass solch eine persönliche Beratung auch ihren Preis hat. Der „Preis“ kann unterschiedlich zahlbar sein. Honorare oder Servicegebühren sind eine Variante. Der Preis, ein „Vollkunde“ zu sein, kann eine andere Variante sein. Warum auch nicht.
Es gibt viele Kunden, die in Versicherungs- und Finanzfragen den kompetenten „Kümmerer“ haben wollen. Und wer kann das besser sein als ein freier Vermittler, egal ob er am Ende des Tages seine Vergütung per Courtage oder per Honorar erhält. Starten Sie Ihr eigenes Survival-Training. Jetzt.