Eine zunehmende Zahl an Versicherern bietet zu Anlässen wie dem Fasching, dem Ski-Ausflug oder für Busreisen Kurzzeit-Unfallversicherungen an. Die Policen gelten oft nur wenige Tage oder gar Stunden und sind bequem per App abschließbar. Doch diese Verträge bieten nur sehr eingeschränkten Schutz - und sind aufs Jahr hochgerechnet extrem teuer.
Die Unfallversicherung ist nur wenige Klicks entfernt: „Faschingsschutz“ heißt eine Police, die abschlusswillige Kunden bei der Bayerischen per App abschließen können. 5,99 Euro pro Tag soll es die Jecken kosten, wenn sie sich speziell für die Fastnachtszeit absichern wollen. Wer einen Schutz vom schmutzigen Donnerstag bis Aschermittwoch buchen will, muss schon deutlich mehr löhnen: Dann kostet die Versicherung 35,94 Euro.
Verträge für junge Zielgruppe
Die Bayerische ist nicht allein: Immer mehr Versicherer bieten sogenannte Kurzzeitversicherungen an, die für bestimmte Ereignisse abgeschlossen werden können. Frische Wettbewerber wie die SituatiVe GmbH aus Düsseldorf, seit 2013 auf dem Markt, haben sich sogar auf solche Verträge spezialisiert und kooperieren mit etablierten Versicherern.
Die Verträge richten sich an eine junge und onlineaffine Zielgruppe, die sonst schwer für Versicherungen zu begeistern sind. Ihnen sollen Versicherungen im Kontext von Events und Erlebnissen angeboten werden statt mit trockenem Versicherer-Sprech. „Mobile First“ heißt das Motto von Situative auf der eigenen Webseite.
SituatiVe betreibt ein eigenes Kundenportal namens appsichern.de, über das derartige Kurzzeit-Policen abgeschlossen werden können. Im Angebot befindet sich unter anderem ein spezieller Schutz für die Radtour, den Skiausflug, den Stadionbesuch oder einen Haftpflicht-Schutz für die Probefahrt im Autohaus.
Oft handelt es sich bei den Policen um Hybridprodukte, die verschiedene Versicherungsbereiche miteinander verknüpfen. Beispiel ProbefahrtSchutz von "appsichern.de": Das Mischprodukt aus Haftpflicht- und Kaskopolice übernimmt bei einem Unfall die Selbstbeteiligung, wenn der Versicherte bei einer Testfahrt das fremde Auto beschädigt. Ein weiteres Beispiel sind Busreiseversicherungen, die eine Unfallversicherung mit einer Gepäckreiseversicherung verbinden.
Sehr eingeschränkter Schutz
Doch viele dieser Policen haben einen Nachteil: Sie bieten in der Regel eine sehr eingeschränkte Absicherung. Der „Faschingsschutz“ der Bayerischen ist eine Unfallpolice, die eine maximale Invaliditätssumme von 50.000 Euro vorsieht, wie ein Blick in die Vertragsbedingungen verrät. Auch der Todesfallschutz ist eher mager: 10.000 Euro zahlt der Versicherer hier aus.
Eine derart niedrige Invaliditätssumme reicht in der Regel nicht, um die Kosten eines schweren Unfalls aufzufangen, wenn die Gesundheit dauerhaft geschädigt wird. Schon der behindertengerechte Umbau der eigenen Wohnung oder des Autos kann demnach einen fünfstelligen Betrag verschlingen.
Hierbei gilt es zu bedenken, dass die volle Invaliditätssumme oft nicht ausgezahlt wird, sondern - abhängig von der Schwere der Verletzung - nur eine Teilsumme. Das hängt von der sogenannten Gliedertaxe ab: eine Tabelle, in der festgehalten wird, wie hoch die Teilleistung bei der Funktionsunfähigkeit einzelner Gliedmaßen und Sinnesorgane ausfällt. Verliert der Versicherte einen Arm, zahlt die Bayerische beispielsweise nur 70 Prozent der vollen Invaliditätssumme aus. Bei Verlust eines Beines bis unterhalb des Knies gar nur 50 Prozent.
Experten empfehlen stattdessen eine Grundsumme von minimal 100.000 Euro sowie die Vereinbarung einer sogenannten Progression. Dann steigen die Versicherungsleistungen ab einem bestimmten Invaliditätsgrad überproportional.
Strenge Ausschlüsse
Auffallend sind darüber hinaus die strengen Ausschlüsse der Policen. Beispiel Faschingsschutz: Hier erbringt der Versicherer tatsächlich nur eine Leistung, wenn sich der Unfall bei einer Karnevalsveranstaltung oder auf dem Weg dorthin ereignet. Stürzt der Versicherte während dem vereinbarten Zeitraum in der eigenen Wohnung, weil er bei der Bütt zu viel getrunken hat, zahlt der Versicherer nicht.
Jahresbeitrag für die Unfallversicherung: 2.186 Euro
Das die Kurzzeitversicherungen zudem extrem teuer sind, zeigt sich, wenn man den Preis für den versicherten Zeitraum auf das Jahr hochrechnet. 5,99 Euro kostet der Faschingsschutz der „Bayerischen“ für 24 Stunden. Macht eine Jahresprämie von stolzen 2.186 Euro. Eine vollwertige Unfallversicherung kann man für deutlich weniger Geld haben.
"fest umschlossener Innenraum"
Auch andere Kurzzeitversicherungen zeigen strenge Ausschlüsse für vergleichsweise viel Geld. Die Busreiseversicherung von "appsichern.de" ist bereits ab einem Preis von 2,49 Euro für 24 Stunden zu haben, Produktgeber ist die Arag. Der Versicherer zahlt zwar auch, wenn das Smartphone bei der Busreise geklaut wurde: immerhin. Aber nur dann, wenn der Bus bewacht war, während sich die Reisegruppe davon entfernte.
War der Bus nicht beaufsichtigt, muss sich das Gerät in einem "fest umschlossenen und durch Verschluss gesicherten Innen- oder Kofferraum" befunden haben, als es entwendet wurde, wie es in den Vertragsbedingungen heißt. Und auch bei diesen Verträgen ist der Unfallschutz mit einer Invaliditätssumme von maximal 50.000 Euro sehr eingeschränkt. Gegen Unfälle abgesichert sind die Kunden tatsächlich nur zum Zeitpunkt der Busreise.
Grundsätzlich gilt: Ein eingeschränkter Schutz ist besser als gar keiner. Und so bieten sich die Kurzzeitpolicen dann an, wenn man vergaß, sich überhaupt abzusichern und hier kurzzeitig nachbessern will. Ansonsten sollte man aber eine "richtige" Unfallversicherung bevorzugen.