Verbraucherzentralen fordern erneut Provisionsverbot

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Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat in einer Stellungnahme erneut ein Provisionsverbot gefordert. Hohe Provisionen würden demnach einen Fehlanreiz für Vermittler bedeuten, teuren und unpassenden Versicherungsschutz feilzubieten. Auch dürfe es den Versicherern nicht freigestellt sein, ob sie mit Honorarberatern zusammenarbeiten oder nicht.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Mitte Januar eine überarbeitete Version ihres Rundschreibens „Hinweise zum Versicherungsvertrieb“ vorgelegt - und die Verbände um Stellungnahme gebeten. Das ließ sich auch der Dachverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nicht nehmen. Schließlich geht es um ein wichtiges Dokument: das Rundschreiben soll zukünftig die Praxis der Versicherungsaufsicht regeln, nachdem die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD in deutsches Gesetz übersetzt wurde.

Provisionsdeckel laut vzbv nicht ausreichend

In seinem Positionspapier zum Rundschreiben hat der vzbv erneut bekräftigt, dass der Verband ein Provisionsverbot in der Kranken- und Lebensversicherung anstrebt. Hohe Provisionen bedeuten einen Fehlanreiz für Vermittler, dem Kunden unpassende und teure Verträge aufzuschwatzen, argumentieren die Verbraucherzentralen.

Zuwendungen an Verkäufer könnten zu Interessenkonflikten führen, schreibt der vzbv. „Dieser Interessenkonflikt besteht in dem Umstand, dass Verkäufer die Zuwendung nur erhalten, wenn es zu einem Abschluss eines Versicherungsvertrages kommt, auch wenn Verkäufer aus der Erhebung des Bedarfs des Kunden möglicherweise genau wissen, dass Kunden eine solche Versicherung nicht benötigen.“ Hier erkenne das BaFin-Rundschreiben zwar die „generelle Gefahrenlage“ an, biete aber nur „unzulängliche Lösungen“, wie damit umzugehen sei.

Wichtigster Fehlanreiz aus Sicht der Verbraucherzentralen: die hohen Abschlussprovisionen. Diesbezüglich biete auch ein Provisionsdeckel keinen ausreichenden Schutz. Das will der vzbv am Provisionsdeckel nachweisen, der 2012 für substitutive Krankenversicherungen eingeführt wurde. „Danach sind Provisionen in Höhe von 8 Monatsbeiträgen zulässig, was ausgehend von einer durchschnittlichen Prämie von 300 Euro eine Abschlussprovision von ungefähr 2.000 Euro zur Folge hat“, rechnet der Verband nicht korrekt vor. Procontra Online weist zu Recht darauf hin, dass Vermittler gar neun Monatsprämien als Abschlussvergütung fördern dürfen.

"Fehlanreiz ist offensichtlich"

"Der Fehlanreiz ist offensichtlich und steht in einem Missverhältnis zu den möglichen Auswirkungen für Verbraucher, wenn sie aufgrund dieser Entscheidung nicht mehr die Möglichkeit haben, in das System der gesetzlichen Krankenversicherung zurückzukehren und dann im Alter unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit steigende Prämien in der privaten Krankenversicherung bedienen müssen", argumentiert der vzbv. Zudem sei die Berechnungsmethode der Provision selbst ein Fehlanreiz: Vermittler könnten durch Produktoptionen und Eingriffe beim Selbstbehalt die Erstprämie beeinflussen, "um den Provisionsdeckel möglichst weit nach oben zu schieben".

Provisionsdeckel aus Sicht des vzbv auch in Lebensversicherung keine Lösung

So wie in der privaten Krankenversicherung trotz Provisionsdeckel Fehlanreize bestehen bleiben, dem Kunden einen unpassenden Vertrag aufzudrängen, so würde auch eine solche Deckelung in der Lebensversicherung keine Abhilfe schaffen, positioniert sich der Verbraucherzentralen-Dachverband. Dem könne auch die fünfjährige Stornohaftung der Vermittler nicht entgegenwirken.

Provisionsdeckel diene Interesse der Versicherer

"Da sich die Abschlussprovision bei Lebensversicherungen auf die Planbeitragssumme bezieht (Summe aller Zahlungen der Verbraucher bis zum Ende der Einzahlungsphase), gibt es hier ebenso den Fehlanreiz, die (monatliche) Erstprämie möglichst hoch anzusetzen, egal ob Verbraucher diesen Betrag auch wirklich über die gesamte Vertragslaufzeit bezahlen können", schreibt der vzbv. Der Provisionsdeckel diene nicht den Interessen der Verbraucher, sondern der Versicherer: "nämlich um den Wettlauf unter den Versicherern um besonders aggressive und (aus Vertriebssicht) erfolgreiche Vertriebsstrukturen durch immer höhere Provisionen einzudämmen".

Hier fordert der Dachverband, dass Produktempfehlung und Vergütung entkoppelt werden: im Idealfall durch ein Provisionsverbot. Oder, wenn sich dies schon nicht durchsetzen lässt, dadurch, dass die laufende Provision gestärkt und die Abschlussprovision nach unten korrigiert werde.

Hürden für Versicherungsberater

Ernsthafte Zweifel äußern die Verbraucherzentralen daran, ob der BaFin-Rundbrief tatsächlich geeignet ist, die Honorarvermittlung -wie vom Gesetzgeber beabsichtigt- zu stärken. So sei den Versicherern freigestellt, ob sie mit Honorarberatern zusammenarbeiten und folglich auch Nettopolicen anbieten, kritisiert der vzbv. Hier befürwortet der Verband eine Pflicht für alle Versicherer, seine Produkte auch für Honorarberater zu öffnen.

"Eine darüber hinausgehende Behinderung der Tätigkeit des Versicherungsberaters ist in den Regelungen zur Informationsbereitstellung zu sehen. Nach dem Wortlaut des Rundschreibens besteht selbst bei einer Zusammenarbeit mit Versicherungsberatern keine aufsichtsrechtliche Pflicht, dem Versicherungsberater Antragsformulare oder -software herauszugeben", schreibt der Verband. Weitere Kritikpunkte und Stellungnahmen finden sich im Positionspapier des vzbv.