Versicherungsbote: Lohnt es sich aus Ihrer Sicht überhaupt noch, den Beruf des Versicherungsvermittlers zu ergreifen? Einerseits gibt es bei Versicherern und im Vertrieb ein Nachwuchsproblem, viele Fachkräfte werden bald in den Ruhestand wechseln. Andererseits berichten auch wir ständig von Stellenabbau - und dass Menschen durch Maschinen ersetzt werden. Ein Widerspruch?
Stefan Knoll: Nein, das ist kein Widerspruch und ja, es lohnt sich auch heutzutage noch den Beruf eines Versicherungsvermittlers zu ergreifen. Was aber nicht mehr geht ist, diesen Beruf so auszufüllen, wie man es die letzten 30, 40 und 50 Jahre gemacht. Versicherungsvermittler stehen im Lager des Kunden und müssen ihre Art des Vertriebs und vor allem der Beratung an die digitale Lebensrealität ihrer Zielgruppe anpassen. Dafür brauchen die Versicherungsvermittler allerdings Versicherungspartner, die die Herausforderung der Digitalisierung erkannt haben. Das betrifft den Kundenservice, die Beratungstools aber vor allem das Produkt. Nur einfache und verständliche Produkte machen eine Digitalisierung sinnvoll. Deshalb gibt es bei uns nur ganz einfache, vollständig verständliche Versicherungsprodukte. Das heißt, dass der Erfolg von Versicherungsvermittlern in der Zukunft von der Auswahl der richtigen Produktpartner abhängig ist. Die Zeiten großer Namen sind vorbei.
Tut die Bundesregierung aus Ihrer Sicht genug, um den Pflegenotstand zu bekämpfen? Welche Reformen müsste sie aus Ihrer Sicht anschieben? Unter dem Pflegenotstand in Krankenhäusern und Pflegeheimen leiden gesetzlich wie privat Versicherte, schon heute fehlen zehntausende Pflegerkräfte.
Die Pflegegesetzreformen der letzten Jahre sind nicht ausreichend, können und sollen es aber auch gar nicht sein. Denn der Staat ist im Grundsatz nicht für die individuelle Daseinsvorsorge da. Wir müssen schon selbst vorsorgen. Wir haben uns irgendwann mal entschieden, dass der Staat nur eingreifen soll, um eine Grundsicherung zu ermöglich. Das ist auch in Ordnung, weil wir ein Sozialstaat sind und den Menschen einen bestimmten Sockel an Absicherung gewähren müssen. Wenn Sie an dieser Stelle zu Recht nochmal die Frage stellen, was man denn tun kann, muss ich Ihnen dort leider antworten: politischerseits nichts, weil wir längst neben einem Finanzierungsproblem auch ein Organisationsproblem in der Pflege haben.
Umso schlimmer finde ich, dass die sich abzeichnende große Koalition davon redet 8.000 zusätzliche Pflegekräfte einzustellen aber gar nicht weiß woher diese kommen sollen. Ich hatte bereits eingangs kritisiert, dass diese Zahl bei den Bürgerinnen und Bürgern den Eindruck entstehen lässt, dass die Bundesregierung Herrin der Lage sei und sich alles zum Besten wendet. Das Gegenteil ist der Fall, zumal die Bundesregierung gar keinen Zugriff auf die Einstellung von Pflegekräften hat, außer diese baut eine staatliche Pflegestruktur mit eignen Heimen auf.
Die Fragen stellte Mirko Wenig