Der Online-Gigant Google hat Anfang August seinen Kern-Algorithmus für die Suchmaschine verändert. Die Auswirkungen merken auch die Versicherer, und zwar deutlich. Innerhalb nur einer Woche hat sich die Sichtbarkeit vieler Versicherer bei Google extrem verbessert oder verschlechtert, so verrät der Sistrix-Sichtbarkeitsindex. Leidtragender ist auch der Marktführer Allianz: Er musste seinen Status als Versicherer mit der größten Google-Relevanz an die HUK abtreten.
Google hat als Suchmaschine in Deutschland eine immense Marktmacht, wenn nicht gar ein Monopol. 97 Prozent aller Suchanfragen entfallen auf Google, so zeigt eine Auswertung von Statista mit Hilfe des Traffic-Analyse-Tools StatCounter. Zum Vergleich: Die Nummer zwei auf dem Markt, Bing, kann gerade einmal 1,08 Prozent der Suchanfragen auf sich vereinen. Wer nicht bei Google gefunden werden kann, der ist im Netz faktisch nicht existent.
Diese Quasi-Allmacht von Google kann für Konzerne zu einem Problem werden. Zum Beispiel dann, wenn der Gigant aus dem Silicon Valley seinen Algorithmus ändert, ohne die Spielregeln hierfür offenlegen zu müssen. Im schlimmsten Fall müssen Firmen fürchten, dass sie weit weniger KundInnen online erreichen - und weit schlechter ihre Produkte verkaufen können. So, wie es freilich auch Gewinner eines neuen Algorithmus gibt.
Genau dies ist nun den deutschen Versicherern passiert, wie aktuell das Beratungshaus Mediaworx berichtet. Nachdem Google an seinem Kern-Algorithmus rumbastelte, sackte die Sichtbarkeit einiger Versicherer ein - während andere deutlich besser gesehen werden.
Sistrix-Sichtbarkeitsindex: Wie gut wird Webseite mit Hilfe oft genutzter Keywords gefunden?
Konkret handelt es sich um das sogenannte YMYL-Update von Google ("Your Money or Your Life“), so berichten die Analysten, welches Anfang August eingespielt wurde. Um die Folgen dieses Updates zu analysieren, hat Mediaworx die Webseiten von 50 Versicherern anhand des wöchentlich erhobenen Sistrix-Sichtbarkeitsindex ausgewertet (eine kurze Erklärung, wie dieser errechnet wird, findet sich hier). Dabei wurde die Woche vor dem Update (32. Kalenderwoche) sowie danach (33. KW) in den Blick genommen.
Der Google-Sichtbarkeitsindex gibt an, wie oft und wo eine Domain bei den meist frequentierten Keywords in den Suchergebnissen auftaucht. Dafür wird eine Datenbasis von einer Viertelmillion Keywords mit den jeweils ersten 100 Ergebnissen für die Google-Suche abgeglichen. Den höchsten Indexwert der Versicherer hatte in der 33. Kalenderwoche die HUK mit 14,3, gefolgt von der CosmosDirekt (13,91) und der Allianz mit allianz.de (13,32). Je höher der Indexwert, desto höher ist auch die Sichtbarkeit.
Württembergische, Provinzial und AachenMünchener profitieren
Größter Gewinner des aktuellen Google-Updates war die Württembergische, deren Sichtbarkeit sich laut Index mehr als verdoppelt hat. Der Google-Indexwert der Webseite wuerttembergische.de erhöhte sich demnach gegenüber der Vorwoche von 1,306 auf 2,677, was einen Zuwachs um 105 Prozent bedeutet.
Ebenfalls ordentlich zulegen konnte die Provinzial mit provinzial.de: der Index erhöhte sich um 35 Prozent von 0,7518 auf 1,018. Auf Rang drei der größten Update-Gewinner kann sich die AachenMünchener platzieren. Deren Webseite amv.de konnte den Google Sichtbarkeitsindex von 0,567 auf 0,756 steigern (+33 Prozent).
HUK erobert Rang 1
Doch wo es Gewinner gibt, gibt es auch Verlierer. Am meisten Sichtbarkeit büßte durch das jüngste Google-Update die SwissLife mit ihrer deutschen Webseite swisslife.de ein, sie verlor 34 Prozent. Ihr Sichtbarkeitsindex sank von 0,412 auf 0,2777. Auch die VGH Versicherungen, größter Regionalversicherer in Niedersachsen, verlor mit vgh.de 33 Prozent Sichtbarkeit: der Index verschlechterte sich von 1,424 auf 0,954.
Schmerzhaft ist das Google-Update auch für den deutschen Marktführer unter den Versicherern. Die Allianz verlor mit allianz.de ein Achtel ihrer Sichtbarkeit, so dass der Google-Sichtbarkeitsindex von 15,25 auf 13,32 sank.
Damit büßte die Allianz auch den Spitzenplatz des Versicherers mit dem höchsten Sichtbarkeitswert ein, trotz Milliardenschwerer Digital-Offensive. Ausgerechnet der Konkurrent HUK ist nun auf Rang eins geklettert, wobei die Franken ebenfalls verloren. Der Indexwert von huk.de schrumpfte leicht von 14,5 auf 14,3. Die Allianz rutschte sogar hinter die CosmosDirekt auf Rang drei ab, wie oben bereits beschrieben.
Google lässt sich nicht in die Karten blicken
Woran liegt es nun, dass einige Versicherer plötzlich weniger gut sichtbar sind? Hier ist ein Problem, dass Google seine Spielregeln nicht transparent machen muss, trotz seiner Quasi-Monopolstellung. Mediaworx-Experte Marcus Krautkrämer rät deshalb den Online-Verantwortlichen der Versicherer, beim nächsten Monats-Reporting den Google-Kanal genau zu beobachten und zu wissen, dass eventuelle Besucher- oder Umsatzveränderungen auf das Google-Update zurückzuführen sein können. "Aktiv werden lohnt sich nicht, da nicht klar ist, warum Google einige Websites so ruckartig belohnt hat und andere nicht. Ein aussagekräftiges Statement von Google gibt es und wird es vermutlich auch nicht geben", kommentiert Krautkrämer.
Die letzten großen Updates von Google sind gar nicht lange her: Auch im März und April wurde der Kern-Algorithmus erneuert. Die Experten von Sistrix verweisen darauf, dass Google zumindest eine Analysehilfe bietet. Diese findet sich in den sogenannten Google Search Quality Evaluator Guidelines: Richtlinien, die Webseiten-Betreibern helfen sollen hochwertige Inhalte zu entwickeln. Im Abschnitt über „Your Money Your Life (YMYL)“ habe der Konzern Infos veröffentlicht, welche empfindlichen Bereiche zu einer Abstufung der Sichtbarkeit führen. Aber diese Hinweise sind so allgemein und nichtssagend, dass sie kaum Orientierung bieten (siehe Ausschnitt).
Auch habe Google einen Fragekatalog veröffentlicht, mit dem Webseitenbetreiber selbstkritisch die Qualität ihrer Webseite bewerten können, berichtet Sistrix. Wer diese Kriterien nicht einhält, so wird nahegelegt, wird mit weniger Reichweite bestraft. Das Problem bleibt: Webseitenbetreiber erfahren nicht, weshalb der eigene Online-Auftritt konkret "abgestraft" wurde - und andere Seiten, die vergleichbare Inhalte bieten, eben nicht.