Es ist leider so: Das Leben ist endlich. Auch das von Versicherungsmaklern. Werden diese ernsthaft krank oder versterben plötzlich, dann stehen Ehepartner und Mitarbeiter plötzlich allein da. Und die Kunden verlieren ihren Ansprechpartner. Was bleibt dann noch? AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt berichtet in seiner neuen Kolumne von Erfahrungen.
Jeder dritte Makler hat keinerlei Vorsorge für den Fall getroffen, dass er plötzlich verstirbt. Für die Familie, Mitarbeiter und Kunden gehen dann die Probleme erst richtig los. Zum persönlichen Schmerz kommen die Fragen nach dem „Wie nun weiter?“. Aus den Erfahrungen und Erlebnissen von mehreren solchen Fälle, die an mich als Experte für Nachfolge herangetragen wurden, hier einige anonymisierte Beispiele.
Der Papa will der Mama doch ein Erbe hinterlassen
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
Im Oberbayrischen ist ein langjähriger Versicherungsvermittler, der erst in der zweiten Lebenshälfte den Weg zum Makler fand, ernsthaft erkrankt. Dabei konnte er in seiner Kleinstadt als erster und lange einziger Makler weit über 1.000 Kunden mit guter Beratung und erstklassigem Service über Jahre gut betreuen.
Schlagartig wurde mit einer tödlichen Diagnose alles anders. Krankenhaus statt dem hübschen oberbayrischen Haus mit Hängegeranien. Zahlreiche Ärzte statt zufriedenen Kunden. Von heute auf morgen alles anders.
Zu diesem Zeitpunkt wurde ich über einen der Söhne über Google gefunden und kontaktiert. Nach kurzer Schilderung der Situation fiel der Satz: Können Sie helfen den Kundenbestand noch zu verkaufen? Der Papa will der Mama doch ein Erbe hinterlassen, die Einkünfte aus der kleinen Gästepension genügen doch nicht. Man ahnt, dass dieser Wunsch schon von erkannten Problemen überlagert war.
Kurzfristig fuhr ich in die Region, die für einen Randberliner eher eine schöne Urlaubsregion ist. Selbst das Büro des Maklers, mitten in der oberbayrischen Kleinstadt gelegen, ein Traum in der Region, die ohnehin reich ist an traditionellen Häusern der Alpenregion. Das Ambiente sehr ansprechend und gemütlich. Doch die Probleme wurden schnell offensichtlich: In den Schränken Hängeregister ohne Ende. Säuberlich mit Namen beschriftet, im Inneren aber eher Ablagen der spontanen Art. Keine Sortierung nach Sparten oder Aktualität. Nichts.
Immerhin war auf dem Schreibtisch ein PC zu sehen. Hoffnung, dass hier die Kundendaten erfasst sind. Das Problem mit dem Passwort hatte die Familie inzwischen lösen können. Vorname der Ehefrau plus Geburtsdatum war das Passwort für den Inhalt des PCs. Dieser Inhalt stellte sich aber als sehr dürftig dar. Der Rechner als E-Mail-Schreibmaschine. Weniger als zehn Prozent E-Mail-Adressen erfasst, keine Kundendatei und auch kein Maklerverwaltungsprogramm.
In den kommenden Wochen, der Makler selbst im immer schlechteren Zustand noch im Krankenhaus, galt es aufzuräumen, zu organisieren, einen entschlusskräftigen Käufer zu finden und die Vorbereitungen für einen Verkauf zu treffen. Zu 80 Prozent gelang dies noch. Der Makler konnte in seinen letzten Lebenstagen den Kaufvertrag noch unterschreiben. Bei allem persönlichen Leid, was nach zirka 14 Tagen mit dem Tode des Maklers die Familie erreichte, konnte der Wunsch des Maklers noch erfüllt werden. Viel Einsatz der Familie, des Beraters und auch des entschlussfreudigen Käufers konnte das Ganze noch etwas zum Guten wenden.
Die Erfahrungen mit diesem Fall und den nachfolgenden zwei Fällen habe ich in einer Fachbroschüre zum Thema Nachfolgezusammengetragen, weil ich mir sagte: Dieses Schicksal sollte anderen Maklern erspart bleiben. Und so finden Sie in dieser Broschüre alle Phasen der Nachfolgeplanung praxisnah beschrieben. Inklusive möglicher Risiken beim Bestandsverkauf.
Dabei habe ich doch immer alles gemacht!
Der zweite Fall: in Sachsen-Anhalt gab es ein gut laufendes Maklerbüro. Neben dem Makler war noch eine Angestellte mit der Kundenbetreuung beschäftigt. Das Alltagsgeschäft lag bei Frau Sommer, nennen wir die Mitarbeiterin einmal so. Neue KFZ-Versicherungen beantragen, Kundendaten im Maklerverwaltungsprogramm erfassen, Schadenanzeigen aufnehmen – das war der Alltag von Frau Sommer.
Die Urlaubsphase im betreffenden Jahr sollte aber dramatisch unterbrochen werden. Der Chef von Frau Sommer verstarb plötzlich und unerwartet im Urlaub. Frau Sommer sah sich vor unlösbaren Problemen. Was sollte nun ohne Chef werden? Kein Job mehr, kein regelmäßiges Einkommen. Und wie sollte es für die Kunden weitergehen?
Veraltete Maklerverträge
Unterstützung erfuhr Frau Sommer durch einen freien Vermittler, der mit dem Makler zusammengearbeitet hatte. Er hätte die gesamte Makleragentur nebst Kunden und Mitarbeiterin gerne übernommen. Aber: Die vorhandenen Maklerverträge waren über zwanzig Jahre alt. Das Thema Nachfolge oder Verkauf war nicht geregelt. Aus Datenschutz-Gründen konnte der Maklerkollege nicht auf die Kunden zugehen und ein Einverständnis zur Betreuungsübernahme einholen.
In diesem Fall lief auch mir die Zeit für professionelle Unterstützung davon. Die ersten Versicherer holten ihre Bestände wegen „Nichtbetreuung“ zurück. Dennoch gelang es Frau Sommer zahlreiche Kunden anzurufen, ins Büro zu bitten und dann die Frage der zukünftigen Betreuung noch zu regeln. Makaber an diesem Fall: Der Makler hatte seit Langem vor, sein Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln. Erste Informationen holte er ein, für die Umsetzung fehlte immer wieder die Zeit.
Der Aufwand für die Umwandlung der Personengesellschaft in eine Makler-GmbH oder GmbH & Co. KG ist eigentlich gar nicht so groß, wenn man einem klaren Fahrplan folgt. Die Umsetzung mit allen notwendigen Maßnahmen kann im Laufe eines Vierteljahres erfolgen und dann kann im Notfall alles ganz anders laufen, wenn es ganz „Dicke“ kommt.
Kein Verkauf: Privatinsolvenz
Am späten Abend klingt mein Telefon. Ein Rechtsanwalt fragt bei mir an, welchen Kaufpreis ich für einen Maklerbestand in Höhe von 40.000 EUR für möglich und realistisch halten würde. Diplomatische Antwort vom mir: Das kommt darauf an. Es folgen von mir einige Fragen zur Bestandszusammensetzung, zu Maklerverträgen, Digitalisierungsgrad, Region usw., also nach allem, was in der Kürze der Zeit notwendig ist, um zu einer Prognose zu kommen.
Es stellt sich schnell der Hintergrund der Frage des Rechtsanwaltes heraus. Der plötzlich verstorbene Makler hat gemeinsam mit seiner Frau noch ein Darlehen laufen. Da der Makler der Hauptverdiener der Familie war, steht die weitere Bedienung der Darlehensraten mit seinem Tod nun in der Luft. Die Witwe sieht die Gefahr und Notwendigkeit der Privatinsolvenz auf sich zurollen.
Mit einer vorsichtigen Schätzung eines möglichen Verkaufspreises von fünfzig- bis sechzigtausend Euro stimmt der Rechtsanwalt einer Sichtung des Bestandes und der Aufnahme von möglichen Verhandlungen zu. Nun musste es schnell gehen. Ein Blick in die registrierten Interessentendatei, welcher potentielle Käufer nach Region und Bonität zu dem Kauf passen würde. Es folgen Telefonate mit der Witwe und dem Kaufinteressenten. Ein Vororttermin an einem Wochenende wurde vereinbart.
Die Ergebnisse der Sichtung brachten Ernüchterung. Zwar sind ungefähr 600 Kundenverbindungen da, aber von professioneller Bestandsführung keine Spur. Nur wenige Maklerverträge, zumal noch von einem Pool, der eine Bestandsübernahme durch den Pools gegen eine kleine Rente für die Witwe vorsieht. Aber genau so eine Rente nützt der Witwe nichts, nur eine Einmalzahlung kann ihr Problem mit dem bestehenden Darlehen lösen.
Unabdingbar: professionelle Nachfolgeplanung
Wie in den drei Beispielen aufgezeigt, gehört es zu den häufigsten Fehlern, dass die Nachfolgeplanung in weite Ferne geschoben oder zu spät begonnen wird. Wenn es dem Makler nicht egal ist, wer im Krankheits- oder Todesfall sich um die Kunden und das eigene Unternehmen kümmert, der sollte mindestens zwei Jahre vor dem geplanten Ruhestand mit der Planung beginnen. Und wer noch keinen exakten Zeitpunkt zum Schlussmachen festlegen will, der sollte wenigsten die wichtigsten Fragen der Nachfolge klären. Nachfolgeplanung ist nicht nur die Hinterlegung von Passwörtern für vertrauensvolle Personen oder ein Unternehmertestament.
Zu einer soliden Nachfolgeplanung gehören auch umfangreiche unternehmerische Überlegungen. Passt die Unternehmensform? Arbeite ich mit den richtigen Pools zusammen? Ist meine IT für einen möglichen Käufer überhaupt nutzbar? Sind Unterlagen wie Maklervertrag, Maklervollmacht und Datenschutzerklärung nach IDD und DSGVO überhaupt aktuell?
Auch wenn in zwei der oben aufgeführten Praxisfälle es noch einmal mit Nachfolge und Verkauf des Bestandes weitgehend noch gut gegangen ist, sollte die Suche nach einem entschlussfreudigen Käufer nicht unterschätzt werden. Überzogene Erwartungshaltungen an Preis und Käufer erschweren eine zügige Übernahme und Nachfolge. Es ist menschlich, dass man beim Käufer Eigenschaften erwartet, die durch das eigene Handeln geprägt sind. Deshalb ist professionelle Unterstützung bei der Nachfolgeplanung immer sinnvoll - meint Ihr AssekuranzDoc.