Dürfen Versicherungsmakler ein Honorar verlangen, wenn sie zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung beraten? Und unter welchen Umständen? Mit dieser Frage könnte sich schon bald der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen müssen. Denn der Verbraucherverband Bund der Versicherten (BdV) hat eine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, nachdem er in dieser Frage eine Niederlage gegen den Finanzvertrieb MLP erlitten hatte.
Die Frage, ob Versicherungsmakler wie MLP die Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung unabhängig von einer vermittelten Versicherung anbieten dürfen, könnte schon bald den Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen. Der Bund der Versicherten (BdV) hatte im Sommer vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe in dieser Sache eine krachende Niederlage gegen den Wieslocher Finanzvertrieb MLP erdulden müssen: eine entsprechende Klage wurde abgewiesen. Aber damit will sich der Verbraucherverband nicht zufrieden geben. Er hat eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, so berichtet am Mittwoch der Branchendienst Versicherungsmonitor. Das Oberlandesgericht hatte eine Revision ursprünglich nicht zugelassen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.06. 2018, Az. 6 U 122/17)
Werbung für Tarifwechsel auf Webseite des MLP
Konkret geht um einen Rechtsstreit, der sich auf den bekannten Tarifwechsel-Paragraphen 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) bezieht. Demnach können privat Krankenversicherte in einen preiswerteren Tarif ihres eigenen Krankenversicherers wechseln, wenn dieser mit vergleichbaren Leistungen aufwartet. Der Clou: eine neue Gesundheitsprüfung ist hierfür nicht erforderlich. Besonders ältere Versicherungsnehmer sollen von dem Wechselparagraphen profitieren. Während Senioren im Alter mitunter hohe Prämiensprünge erdulden müssen, bieten die Versicherer oft günstigere Einsteiger-Tarife an, um junge und gesunde Gutverdiener anzulocken.
Genau mit solch einem Tarifwechsel wirbt MLP als eingetragener Versicherungsmakler auf seiner Webseite. Unter dem Stichpunkt „PKV-Tarifwechsel“ preist der Versicherer die Wechseloption und nennt Vorteile: eine „monatliche Beitragsersparnis“ sei möglich, aber die angesparten Alterungsrückstellungen blieben erhalten. Auch eine Kündigung sei nicht notwendig. „Die Ermittlung des individuell optimalen PKV-Tarifs und die Abwicklung mit der Versicherungsgesellschaft sind aufwändig und Zeit raubend. Holen Sie sich mit MLP professionelle Unterstützung“, heißt es auf der Webseite.
Dieses Angebot aber ist dem Bund der Versicherten ein Dorn im Auge. Wenn die Kunden nicht zum Kundenstamm von MLP gehören, müssen sie eine Servicepauschale von 420 Euro zahlen. Das Geld wird nur dann fällig, wenn tatsächlich ein erfolgreicher Tarifwechsel zustande kommt. Der Finanzdienstleister recherchiert zunächst, ob es passende Tarife gibt, bittet dann die Kundin oder den Kunden zum Beratungsgespräch. Das darf der Makler nicht, urteilt der BdV, und wertet das Angebot als Verstoß gegen Wettbewerbsrecht.
Tarifwechsel-Beratung Maklern nur als Nebenleistung erlaubt?
„Nach Ansicht des BdV dürfen Versicherungsmakler eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung der Versicherungsvermittlung tätigen“, hatte sich der Verbraucherverband gegenüber dem Versicherungsboten positioniert. „Darüber hinaus dürfen sie mit einem Verbraucher kein gesondertes Honorar vereinbaren“.
Stark vereinfacht: ein Makler soll den Tarifwechsel nur dann anbieten dürfen, wenn es um einen Vertrag geht, den er selbst vermittelt hat - ohne ein extra Entgelt dafür zu verlangen. Ansonsten handle es sich um eine unzulässige Rechtsdienstleistung nach § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), argumentierte der BdV. Mit anderen Worten: Die Vermittler beraten zu rechtlichen Fragen, ohne dafür ausreichend qualifiziert zu sein und eine entsprechende Erlaubnis zu haben.
Zwei Instanzen schmettern Klage des BdV ab
Der Bund der Versicherten forderte von MLP eine Unterlassungserklärung, um die Werbung und damit verbundene Tarifwechsel-Beratung zu verhindern. Doch der Finanzvertrieb wollte eine solche Erklärung nicht abgeben. Muss er auch nicht, entschieden sowohl das Landgericht Heidelberg als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe. Der BdV könne keinerlei Ansprüche geltend machen, da der abgemahnte Finanzvertrieb nicht gegen Wettbewerbsrecht verstoße.
Der MLP stand hierbei nur stellvertretend für alle Versicherungsmakler, die zum Tarifwechsel beraten - und gegebenenfalls ein Honorar verlangen. Doch die Gerichte entschieden, dass Vermittler zu § 204 beraten dürfen. So zählt es ja gerade zu den Aufgaben eines Versicherungsmaklers als Sachverwalter des Kunden, die bestehenden Versicherungen zu überprüfen, laufende Verträge zu betreuen und notfalls den Schutz zu verbessern. Dazu gehöre auch das Recht der Tarifwechselberatung.
"Dies ergibt sich schon daraus, dass gerade auch eine Vermittlung solcher Tarifwechsel wie ausgeführt nach dem Berufsbild des Versicherungsvermittlers zu den Haupttätigkeiten gehört und zu einer sachgerechten Ausübung dieser Tätigkeit - neben den bei jeder Versicherungsvermittlung notwendigen Kenntnissen des Versicherungsvertragsrechts - spezifisch § 204 VVG betreffende Rechtskenntnisse erforderlich sind. Im Übrigen gehören diese auch außerhalb der speziellen Tarifwechselvermittlung zum erforderlichen rechtlichen Repertoire des Versicherungsvermittlers", heißt es in der Urteilsbegründung. Anders formuliert: Versicherungsvermittler haben die notwendige Sachkompetenz und sogar die Aufgabe, solche Beratungen vorzunehmen.
Der BdV aber will die Niederlage nicht akzeptieren. Hat die Beschwerde des Verbraucherverbandes Erfolg, muss der Bundesgerichtshof entscheiden.