Aus Rürups Sicht wäre es in der Vergangenheit notwendig gewesen, eine kapitalgedeckte Ergänzungsversorgung „zumindest ein Stück weit zur Pflicht zu machen“. So gäbe es in vielen Industrieländern, die mit Deutschland vergleichbar seien, eine Mischung aus umlagefinanzierten staatlichen Renten und kapitalgedeckten Zusatzrenten, „vorzugsweise“ die obligatorische betriebliche Altersvorsorge.
Doch auch die private Rentenvorsorge kann sich Rürup als Pflicht vorstellen. Er kritisiert, sein Parteikollege Walter Riester hätte tatsächlich einen solchen „Zwang zum Alterssparen“ für die staatlich geförderte Riester-Rente vorgesehen. Die damalige Bundesregierung aber wäre vor dem „massiven Widerstand der Versicherungswirtschaft und weiten Teile der Presse“ eingeknickt.
Für das heutige Vorgehen empfiehlt der Rentenexperte: er würde weniger auf eine staatlich verordnete Pflicht setzen und mehr darauf, dass Tarifparteien Betriebsrenten zu quasiobligatorischen Bestandteilen von Tarifverträgen machen. Mit anderen Worten: Kein Tarifvertrag sollte ohne Betriebsrenten-Klausel auskommen.
Mit Blick auf Betriebsrenten lobt er das 2017 von der früheren Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) in die Wege geleitete Betriebsrentenstärkungsgesetz, wonach sich Tarifpartner auf eine betriebliche Altersvorsorge verständigen können - wenn auch freiwillig (der Versicherungsbote berichtete). Gerade die Abschaffung der Renditegarantien für neue Betriebsrenten hätte eine Betriebsrente auch in kleineren und mittleren Unternehmen möglich gemacht.
Empfohlen: „Eine weitere Anhebung des Rentenalters in kleinen Schritten“
Auch das Rentenalter in der gesetzlichen Rentenversicherung will Rürup anheben. Er empfiehlt eine „weitere Anhebung des Rentenalters in kleinen Schritten". Denn in den Jahren 2025 bis 2045 würde die Erwerbsbevölkerung deutlich zurückgehen, wodurch das Wirtschaftswachstum ausgebremst werde. Zugleich steige die Zahl der Rentner kräftig an. Deswegen hält er auch den Vorschlag von Bundesfinanzminister Scholz, das Rentenniveau bis 2040 bei 48 Prozent festzuschreiben, für einen „kaum zu finanzierenden Vorstoß“ (siehe den Bericht des Versicherungsboten zu den wichtigsten Vorschlägen zur Rentenreform).
Würde man, wie geplant, zugleich den Beitrag zur Rentenversicherung bei maximal 20 Prozent festsetzen, müssten viel mehr Steuergelder in die Rentenversicherung fließen. Damit aber, so Rürup in dem Interview, verabschiede man sich letztendlich von der beitragsfinanzierten Rente.