Bestandskauf: Die Guten ins Töpfchen und die Schlechten...?

Quelle: Bloomclaudia@Pixabay.com

Beim Kauf einer Maklerfirma kann es passieren, dass bei der Tiefenprüfung auch risikobehaftete Verträge oder Kundenverbindungen der Vergangenheit entdeckt werden. Was kann man dann tun? Den Kauf abblasen? Oder das Risiko eingehen?

Es passiert immer wieder, dass im Laufe von Verhandlungen zwischen dem Käufer eines Bestandes oder einer Maklerfirma und dem Verkäufer ungeahnte Probleme auftauchen.

Aus der jüngeren Vergangenheit sind mehrere Fälle bekannt geworden, bei denen risikobehaftete Anlageprodukte fast zum Scheitern der Verkaufs-verhandlungen geführt hätten. Container-Geschäfte für inzwischen insolvente Anbieter von Kapitalanlagen, grüne Anlageprodukte für Edelholz oder von Finanzwächtern kritisierte Goldsparpläne gehören beispielhaft dazu.

Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Zunächst sei angemerkt, dass man auf solche sagen wir Besonderheiten stößt, wenn man sich eine umfassende Tiefenprüfung vor dem Kauf vornimmt. Diese Due Diligence muss man sicher nicht bis in die Tiefe jedes Kunden und jedes Vertrages übertreiben, aber ein Gesamtüberblick ist auf jeden Fall vorzunehmen.

Risikoeinschätzung für unbekannte Versicherungen und Anlageprodukte

Wenn man nun auf bekanntermaßen riskante Produkte bzw. Verträge des Bestandsverkäufers gestoßen ist, dann sollte man zunächst drei Dinge tun:

  • Art der Zulassung nach §34 der GewO prüfen
  • Umfang und Art der VSH-Deckung prüfen
  • Prüfung unbekannter Anlageprodukte

Bei Punkt a) geht es um die Art der Zulassung und ob beispielweise Kapitalanlagen über ein Haftungsdach vermittelt wurden. Ist letzteres der Fall, dann sollte man sich den Vertrag mit dem Haftungsdach-Anbieter anschauen, ob nur ausgewählte Produkte und Beratungen unter die Deckung fallen oder eine uneingeschränkte Anlageberatung nach § 2 abs. 3 Nr. 9 WphG möglich war.

Punkt b) wird dann interessant, wenn für die Meldung an die Vermögensschadenhaftpflicht bestimmte Produkte nicht angegeben wurden oder der Umfang des Verkaufs bestimmter Produkte nur auszugsweise dargestellt wurde. Haftpflichtexperten empfehlen hier Verkäufern und Käufern von Beständen teilweise für solche Sachverhalte nachträglich heilende Maßnahmen, wenn man sich selbst unsicher ist, ob bestimmte Produkte oder Anbieter auffällig geworden sind. Selbst wenn man bestimmten Aussagen von selbsternannten Verbraucherschützern als schwierig empfindet, lohnt sich ein Blick in die Webseiten der „Marktwächter“ und der dortigen Beschwerdebilanz.

Frühwarnnetzwerk des Verbraucherschutzes nutzen

Seit Start der Marktwächterprojekte im März 2015 wurden zehntausende Anfragen und Beschwerden von Kunden in einer zentralen Datenbank gesammelt, die schon eine Abrundung des Bildes zu bestimmten Produkten bei Bestandskäufern möglich machen.

In 2017 und im ersten Halbjahr 2018 haben die Verbraucherzentralen fast eine Million Anfragen und Beschwerden erfasst (ca. 456.000 Anfragen und ca. 206.000 Beschwerden in 2017 und ca. 214.000 Anfragen und ca. 93.000 Beschwerden im ersten Halbjahr 2018).

Diese Marktbeobachtung nimmt aktuelle Themen zu Finanzen mit den Schwerpunkten Beschwerden und Frühwarnung in den Fokus. Und das sollte man nutzen. Dem aufmerksamen Bestandskäufer sind aber auch die herkömmlichen Recherchen im Internet oder beispielsweise bei markt-intern.de zu empfehlen.

Spannend wird es für Sie werden, wenn Sie den Bestandsverkäufer auf solche risikoreicheren Produkte ansprechen. Nach unseren Erfahrung kann daraus der Scheidepunkt zwischen ehrlicher und auch selbstkritischer Einschätzung der eigenen Beratung des Maklers oder die Grenze zum Verschweigen und Leugnen werden. In der Broschüre „Nachfolge – gewusst wie“ habe ich mich umfassender mit Thema Betrüger in Anzug und Krawatte auseinandergesetzt.

Riskante Produkte gefunden: Was nun?

Wurde im Ergebnis einer Tiefenprüfung festgestellt, dass im Bestand des Verkäufers Produkte oder Produktanbieter sind, die als riskant eingeschätzt werden, dann kann man folgende drei Wege gehen:

  1. Werden die Risiken als zu schwerwiegend angesehen, dann sollte vom Kauf Abstand genommen werden. Was vom Käufer als „schwerwiegend“ angesehen wird, kann nur er selbst beurteilen. Man sollte sich die Frage stellen, wie oft das Risiko und in welcher Höhe zu einem Haftungsfall führen kann. Entscheidend ist auch, ob eine Person solch ein Risiko mit erwirbt oder ob dies eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vornimmt.
  2. Einzelne Verträge und Kunden, die als riskant eingeschätzt werden, könnten vor dem Verkauf auf eine andere Gesellschaft des Verkäufers oder auch auf diesen als Person übertragen werden. Diese Möglichkeit besteht beispielsweise, wenn ein Verkäufer mehrere GmbHs betreibt. Bei der Entscheidung, ob dieser Weg gangbar ist, sollte unter Beratung von Fachanwälten für Versicherungsrecht und ggf. auch Fachanwälten für Bank- und KPaitalanlagerecht immer individuell geprüft werden, wer und in welchem Namen die Beratung zu dem als riskant eingeschätzten Produktes vorgenommen hat und wie die entsprechende Dokumentation aussieht.

    „Gerade Anleger von gescheiterten Kapitalanlagen versuchen häufig, ihren damaligen Berater wegen des eingetretenen Schadens in die Haftung zu nehmen“, hebt Rechtsanwalt Norman Wirth, Berlin, hervor.

  3. Der Käufer kann bei entsprechender Risikobeurteilung, vorhandener umfangreicher Bonität sowie unternehmerischer Beurteilung auch die Risiken mit einkaufen. Dann sollte sich dies dann auch im Kaufpreis niederschlagen. Ein entsprechender Risikoabschlag wäre dann zu empfehlen.

Vermögensschadenshaftpflichtversicherung kann helfen, kann...

Beim Kauf und Verkauf von Beständen oder Maklerfirmen kommt dem Blick auf eine lückenlose und bedarfsgerechte Vermögensschadens-haftpflichtversicherung (VSH) besondere Bedeutung zu. Auch Rechtsanwalt Wirth sieht dies so: „Gerade auch die Betrachtung des Schutzes durch eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung – beim Verkäufer oder beim Käufer – ist extrem wichtig“, und begründet dies so:

„Wenn sich in solchen Fällen die Person des Beraters nicht eindeutig aus der Dokumentation ergibt, oder wenn die Kunden oder das Beratungsunternehmen übertragen wurden, lässt sich ohne fachkundige Prüfung nicht vorhersagen, wie ein solcher Haftungsfall ausgeht.“

Schauen Sie sich die VSH-Konzepte ihres Versicherers oder Spezialmaklers genau an, wenn Sie als Verkäufer oder Käufer einen (Ver)Kauf planen. Ich habe dazu zwei Spezialmakler VSH um ihre Meinung zu dem Thema gefragt. Ralf Werner Barth, Geschäftsführer der CoNav verweist gefragt nach Möglichkeiten einer zusätzlichen Absicherung für Käufer von Beständen auf ein spezielles VSH-Konzept, welches zahlreiche Aspekte bei der Übernahme von Beständen positiv regelt.

Auch die VSH-Experten aus Hamburg scheinen zu dem Thema gerüstet. Nach Meinung von Franziska Geusen, Geschäftsführerin der Hans John Versicherungsmakler GmbH, wird Käufern auf dem Wege des Share-Deals zu besonderer Aufmerksamkeit geraden, „weil diese so selbst dafür Sorge tragen können, dass der Versicherungsschutz aus der Vergangenheit, für den er in der Zukunft einzustehen hat, optimiert werden kann“.

Und lassen Sie sich bei manchen Diskussionsrunden in den Foren der sozialen Medien nicht von Oberflächlichkeiten blenden. Artikel 3 des rheinischen Grundgesetzes, „Et hätt noch emmer joot jejange“, kann sich schnell ins Gegenteil verkehren. Rechtsanwalt Wirth schildert das aus der Praxis seiner Kanzlei so:

„Es ist für den Käufer kaum möglich, im Zeitpunkt des Kaufs einer Maklerfirma einzuschätzen, wie hoch das Risiko einer Haftung für frühere Beratungsfehler tatsächlich ist. Da es allerdings häufig um höhere Schadensummen geht, reicht es mitunter aus, wenn sich auch nur ein solcher Haftungsfall realisiert. Aus diesem Grund lohnt es sich, genauer hinzuschauen.“

Im Zweifel bleibt dem Käufer nichts anders übrig, als bestimmte Produkte oder auch Kundenverbindungen nicht mit zu kaufen und zu überführen. Das kann für beide Seiten sinnvoll sein. Der Verkäufer hat den Vorteil, dass das erhöhte Risiko nicht mit bei der Preisfindung einbezogen wird und der Verkäufer mindert sein zukünftiges Haftungsrisiko.

Kommen wir auf den Titel der Kolumne zurück: Für die „Schlechten“, also problemhaften Verträge und Kunden, auch mal eine Sonderlösung zu finden, kann ein nützlicher Tipp Ihres AssekuranzDocs sein.

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