Bei ihrer Präsentation des aktuellen Jahresberichts informierte die Wettbewerbszentrale über zwei Verfahren gegen die Vergleichsportale Check24 und Verivox. Zwar gehen die Wettbewerbshüter nicht aufgrund des Versicherungen-, sondern aufgrund des Mobilfunk-Vergleichs gegen die Portale vor. Dennoch offenbaren die Fälle ein Problem: Bedingungen des Vergleichs durch die Online-Portale sind Kunden oft nicht ersichtlich.
Preisdarstellung der Portale "irreführend"
Die Wettbewerbszentrale wacht als Deutschlands größte Selbstkontrollinstitution über einen fairen Wettbewerb. Bei der Vorstellung des Jahresberichts für das zurückliegende Jahr informierten nun die Wettbewerbshüter am 12. März 2019 über zwei neue Verfahren, die gegen die Vergleichsportale Check24 und Verivox eröffnet wurden. Grund der Verfahren ist die Preisdarstellung für Mobilfunkdienste.
So bewerben die Vergleichsportale Mobilfunk-Produkte anhand eines Durchschnittspreises pro Monat („Durchschnitt pro Monat …“ bzw. „Durchschnitt/Monat“). Dieser durch die Portale errechnete Preis ist günstiger als der eigentliche Grundtarif. Eine dicke Schrift stellt zudem den Durchschnittspreis als Lockangebot für den Kunden optisch deutlich heraus. Wesentlich kleiner hingegen erscheint in der visuellen Darstellung der vergleichsweise teurere Grundtarif.
Das Problem jedoch ist: Viele Nutzer der Vergleichsportale können den errechneten günstigeren Durchschnittspreis gar nicht erreichen – denn Werte für Bonusguthaben und Cashback-Aktionen fließen in die Berechnung ein, die an bestimmte Bedingungen geknüpft sind. Somit ist die Preisdarstellung der Portale aus Sicht der Wettbewerbszentrale „nicht nur intransparent, sondern irreführend“.
Laut Mitteilung der Selbstkontrollinstitution bemüht sich Check24 um eine außergerichtliche Lösung und sucht folglich das Gespräch mit den Wettbewerbshütern. Wie hingegen Verivox auf das nun eröffnete Verfahren reagieren wird, ist noch nicht bekannt. Wurde die Beanstandung doch gerade erst an Verivox versendet.
Verfahren gegen Internetportale nehmen zu
Grundsätzlich nehmen Fälle gegen Internetportale zu. Das erklärte Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, bei der Präsentation des Jahresberichts in Frankfurt. In diesem Kontext wurde exemplarisch ein Verfahren vor dem Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Az. 315 O 208/18) vorgestellt, das derzeit gegen ein Immobilienportal läuft. Dieses (namentlich nicht genannte) Portal suggeriert auf seiner Plattform, der Kunde könne den besten Marktpreis sowie eine „unabhängige“ Beratung zu den Themen „Immobilienverkauf, Immobilienbewertung“ und „Immobilienmakler“ erhalten.
In Wirklichkeit aber vermittelt das Portal nur jene Makler, die bereit sind, einen Teil ihrer Provision mit dem Portal zu teilen – keineswegs also bekommen Nutzer des Portals einen wirklich unabhängigen Vergleich geboten, sondern ein Provisionsgeschäft steht im Mittelpunkt der Dienstleistung. Jedoch erfahren die Kunden von diesem Bestandteil des Geschäfts nichts. Auch die eingeschränkte Reichweite des Vergleichs wird den Kunden nicht ersichtlich gemacht. Die Bezeichnung „unabhängig“ in einem provisionsbasierten Modell ist demnach aus Sicht der Wettbewerbszentrale ebenso irreführend, wie es Vergleiche über für viele Kunden nicht realisierbare Durchschnitts-Tarife sind.
Die Illusion von Objektivität
Das vorgestellte Verfahren veranschaulicht: Das Interesse am Provisionsgeschäft steht in einem nicht unproblematischen Spannungsverhältnis zum Kundeninteresse an einem objektiven Vergleich. Rund 90 Prozent der Einnahmen verdanken Vergleichsportale – branchenübergreifend – den Provisionen, die entweder bei Vermittlung eines Angebots oder für die Versicherungsbranche auch als Bestandsprovisionen fließen können. Das geht aus einem Konsultationspapier des Bundeskartellamts hervor (der Versicherungsbote berichtete).
Dem Kunden aber vermitteln die Portale die Illusion von Objektivität. Die EU erkannte bereits das Problem und legte einen Verordnungsvorschlag vor „zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten“. So sollen zum Beispiel Bedingungen des Vergleichs transparenter gemacht werden durch Offenlegung aller den Vergleich bestimmenden Parameter. Auch sollen Portale verpflichtend auflisten, welche Anbieter nicht im Vergleich erfasst werden. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßte den Verordnungsentwurf und damit den Plan auf EU-Ebene, Portale strenger an die Regulierungsleine zu nehmen (der Versicherungsbote berichtete).
Verfahren wegen Telefon-Belästigung
Doch nicht nur Onlineportale waren Anlass für Verfahren durch die Wettbewerbszentrale. So nennt der Jahresbericht für den Bereich „Versicherungen/ Versicherungsvermittler“ auch ein Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main (LG Frankfurt a. M., Az. 3-06 O 5/18; F 5 0417/17). Die Hintergründe des Verfahrens erwecken den Eindruck, ein Maklerdienst hätte sich mit seinen mutmaßlich unlauteren Geschäftsstrategien zurückgesehnt in die Zeit vor dem Internet.
Setzte doch dieses Maklerunternehmen auf eine „Leadagentur“, die „Leadlieferanten“ zum Telefonhörer greifen ließ, um durch Werbeanrufe Kunden zu gewinnen. Freilich bediente sich die „Leadagentur“ dabei einer Methode, die zunächst zur Abmahnung und nun auch zur Klage durch die Wettbewerbszentrale führte – wegen belästigender Werbung. Der Fall wird derzeit vor dem Landgericht verhandelt.
Zwei Verstöße gegen das Provisionsabgabeverbot
Zwei weitere Fälle, die im Jahresbericht der Wettbewerbszentrale auftauchen, betreffen das Provisionsabgabeverbot: Versicherer mussten Unterlassungserklärungen abgeben, weil sie ihren Kunden Einkaufsgutscheine für den Abschluss eines Versicherungs-Vertrags in Aussicht gestellt hatten.
So warb ein Versicherer mit einem Einkaufsgutschein für ein Spezialgeschäft für Motorradzubehör und Bekleidung, ein anderer mit einem Einkaufsgutschein für einen Onlineversand. Da jedoch in Deutschland verboten ist, Provision mit dem Kunden zu teilen oder dem Kunden anderweitig ein Geschenk in Aussicht zu stellen, wurden die Versicherer durch die Wettbewerbszentrale abgemahnt. Überstieg doch der Wert der Gutscheine die gesetzlich zulässige Bagatellgrenze des Verbots von 15 Euro. In der Folge lenkten die Versicherer ein und gaben eine Unterlassungserklärung gegenüber den Wettbewerbshütern ab (der Versicherungsbote berichtete).