Wenig vertrauenserweckend ist zudem die Vertriebsstruktur der PIM Gold GmbH, schenkt man den Medienberichten Glauben. Über die Vertriebsschwester Premium Gold habe der Händler eine achtstufige Vertriebshierarchie mit steigenden Vergütungen installiert, berichtet „Spiegel Online“. Soll heißen: An einem Neuabschluss verdiente nicht nur ein Vermittler, sondern gleich mehrere kassierten Provisionen. Oft seien die Verträge über Kunden an weitere Kunden vermittelt worden, etwa im Freundeskreis oder im Umkreis der Familie. Auch sie hätten üppige Provisionen erhalten.
Zudem sei fraglich, ob PIM-Gold-Kunden überhaupt rechtliche Eigentümer des Goldes geworden seien, schreibt Spiegel Online weiter. Denn das Gold sei weder an die Kunden ausgehändigt worden, noch ließe es sich eindeutig zuordnen. "Ein Insolvenzverwalter wird großes Interesse daran haben, Rückforderungen an die Kunden zu stellen", wird Finanzexperte Stefan Loipfinger zitiert. Mit anderen Worten: weil das Geld der Sparer wohl verwendet wurde, um Neukunden anzuwerben, nicht aber für den Kauf von Gold, können viele im schlimmsten Fall keine Forderungen gegen die Firma selbst geltend machen.
Vermittler in der Haftung?
Ärgerlich: Die Berichte mehrerer Branchenmedien legen nun nahe, dass auch zahlreiche Finanzanlagenvermittler die Goldsparpläne vermittelt haben. Allein in der Vertriebsfirma PGD seien 300 Vermittler organisiert gewesen, die sich hauptsächlich auf die Goldsparpläne konzentriert hätten, berichtet das "Handelsblatt". Top-Vermittler hätten sechsstellige Provisionen im Jahr eingestrichen.
Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so haben sie damit nicht nur ihren Kunden geschädigt: sondern der ohnehin schlecht beleumundeten Branche einen Bärendienst erwiesen. Der Ruf der Vermittlerbranche leidet auch wegen Skandalen wie diesen.
Die Vermittler müssen nun damit rechnen, dass sie in Haftung genommen werden, Stichwort: Falschberatung. Es spricht einiges dafür, dass über Risiken der Geldanlage nicht in jedem Fall ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Nach Recherchen des "Handelsblattes" seien schon 2016 lediglich 20 Prozent der Umsatzes durch den Verkauf von Gold und Schmuck sowie Altgoldhandel erwirtschaftet worden. Ein großer Teil sei stattdessen verwendet worden, um Altkunden auszuzahlen, neue Kunden anzuwerben und Provisionen auszuschütten: Es wäre ein klassisches Schneeballsystem.
Anlegeranwälte bringen sich nun bereits in Stellung, berichtet Philipp Mertens von der Düsseldorfer Kanzlei BMS Rechtsanwälte gegenüber dem Fachportal Fonds Professionell. "Das Kalkül ist recht einfach: Wenn überhaupt, dann ist bei den Vermittlern etwas zu holen". Der Anwalt rät betroffenen Vermittlern nun, nicht in Panik zu verfallen und selbst zu versuchen, noch etwas für ihre Kunden zu erreichen. "Es mag vielleicht hart klingen, aber die Freunde von gestern sind die Feinde von morgen!", wird er von Fonds Professionell zitiert: ein bitteres Fazit, das erneut einen Schatten auf die Branche wirft.
Hätte die BaFin einschreiten müssen?
Erneut stellt sich nun die Frage, ob die Finanzaufsicht BaFin zeitiger hätte eingreifen sollen oder gar müssen. Bereits im Winter 2018 hat die Aufsichtsbehörde eine Warnung vor dem seinerzeit angebotenen Kinder-Gold-Konto ausgesprochen: Es fehlte ein vermeintlich erforderliches Verkaufsprospekt, wie es das Vermögensanlagengesetz vorschreibt. PIM Gold habe sich damals damit verteidigen können, dass für Edelmetallgeschäfte ein solches Prospekt nicht erforderlich sei: und nur die Geschäftsbedingungen ein wenig angepasst. Dann durfte der Händler weiter agieren. Viele Anleger hätten seitdem davon abgebracht werden können, in die Firma zu investieren, wenn die BaFin mehr Härte gezeigt hätte.
Griff hier die BaFin zu spät und nicht konsequent genug ein? Laut einem Bericht von ProContra Online hat nun die Bundestagsfraktion der Partei „Die Linke“ das Thema aufgegriffen. In einer kleinen Anfrage zum Verbraucherschutz bei Anlagegeschäften wird das PIM Gold-Produkt für Kinder explizit angesprochen und gefragt, weshalb kein Vertriebsverbot bei Hinweisen auf Ungereimtheiten ausgesprochen wurde. Bereits im Finanzskandal um den Container-Dienstleister P+R und die Dresdner Immobilienfirma S&K musste sich die Finanzaufsicht vorwerfen lassen, trotz Hinweisen auf fragwürdige Geschäfte nicht eingegriffen zu haben.