Ein erstaunliches Vorurteil hält sich wacker in der Maklerschaft: demnach versprechen sogenannte Rentenmodelle beim Bestandsverkauf zwar die höchsten Erträge, sollen dafür aber sehr riskant sein. Dahinter steckt die Annahme, dass der Käufer in die Insolvenz rutschen könnte und dann die Rente weg ist. Warum das zu kurz gedacht ist, lesen Sie in der heutigen Kolumne „Aus dem Alltag eines digitalen Versicherungsvermittlers“ von Dr. Philipp Kanschik (Policen Direkt).
Es hat sich vermutlich herumgesprochen: Policen Direkt bietet Versicherungsmaklern seit einiger Zeit eine Nachfolgelösung an, in der diese als Kaufpreis eine sogenannte Lebensrente erhalten. Bis zu 100% der an uns übergebenen Courtageeinnahmen aus dem Bestand des abgebenden Maklers werden als Rentenzahlung lebenslang an den Altmakler weitergeleitet. Das Potenzial aus dem Neugeschäft und eine Technologiegebühr verbleiben im Gegenzug beim neuen Makler, also bei der Policen Direkt.
Das scheint für fast alle unserer Interessenten zu schön um wahr zu sein. Sie fragen deswegen, „welche Auswirkung hätte eine Insolvenz von Policen Direkt auf meine Rente?“ Diese Frage beruht implizit auf zwei Annahmen:
- Maklerunternehmen haben ein hohes Insolvenzrisiko.
- Im Falle einer Insolvenz ist die Rente weg.
Damit wäre die Lebensrente in der Tat eine ziemlich riskante Nachfolgelösung. Anlass genug für uns, sich ganz generell mit den Insolvenzen von Maklerunternehmen und den Auswirkungen auf Rentenzahlungen zu beschäftigen. Ich werde im Folgenden zeigen, warum die beiden obigen Aussagen falsch sind.
Philipp Kanschik
Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.
Haben Maklerunternehmen tatsächlich ein hohes Insolvenzrisiko?
Versicherungsmakler haben vergleichsweise geringe operative Kosten. Zur Betreuung des Bestands braucht ein Maklerunternehmen einen Telefonanschluss, Software und gegebenenfalls noch ein Büro und Fahrzeug. Für die Betreuung der Kunden müssen Kundenbetreuer verfügbar sein – dies ist in der Regel der größte Kostenblock jedes Maklers.
Einen gegebenen Bestand profitabel zu verwalten, ist vor diesem Hintergrund keine besondere Herausforderung und erfordert keine besonderen Investitionen. Egal, ob ein Makler 50.000 EUR oder 5 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaftet: merkt der Unternehmer, dass die Kosten zu hoch sind, verringert er die Anzahl der Kundenbetreuer so lange, bis das Geschäft profitabel ist.
Nahezu alle Versicherungsmakler, deren Bestände wir uns anschauen, gelingt diese Balance zwischen Umsatz und Kosten—ihre Unternehmung ist also operativ profitabel. Bei wirtschaftlicher Schieflage droht im schlimmsten Fall eine schlechtere Servicequalität, da an der Kundenbetreuung oder im Büro gespart werden muss—aber eben keine Insolvenz.
Erwiesenermaßen gibt es natürlich trotzdem Insolvenzen von Versicherungsmaklern. Auch wir bekommen manchmal Bestände insolventer Makler von Insolvenzverwaltern angeboten. So verschieden diese insolventen Unternehmen auch sind, im Grunde ist die Ursache der Insolvenz immer dieselbe: hohe Storno-Rückforderungen von Abschlussprovisionen durch Versicherungsgesellschaften. In einem solchen Fall reichen die operativen Überschüsse und Reserven nicht aus, um die kurzfristigen Forderungen zu bedienen—und der Makler wird zahlungsunfähig. Rutscht irgendwo in der Republik ein Maklerunternehmen in die Insolvenz, können Sie sich ziemlich sicher sein, dass es Rückforderungen von Provisionen oder Provisionsvorschüssen gibt, die der Makler nicht bedienen kann.
Gleiches gilt für den Bestandskäufer, sofern es sich um ein Maklerunternehmen handelt: Überprüfen Sie daher genau, ob der Käufer Ihres Bestands auf riskante, abschlussprovisionsbasierte Geschäftsmodelle setzt. Anzeichen dafür findet man in der Regel relativ leicht durch Online-Recherche oder in den Bilanzen. Ansonsten ist es eher unwahrscheinlich, dass Ihr Bestandskäufer in absehbarer Zeit in die Insolvenz rutscht. Policen Direkt – so viel Eigenwerbung sei mir hier gestattet – setzt nicht auf solche Modelle. Im Gegenteil, wir glauben sogar, dass sie zunehmend vom Markt verschwinden werden.
Ist im Falle einer Insolvenz wirklich die Rente weg?
Wir haben bereits gesehen, dass Insolvenzen im Maklermarkt selten sind und typischerweise aufgrund von Rückforderungen von Abschlussprovisionen entstehen. Was passiert also, wenn Sie Ihren Bestand ausgerechnet bei einem Makler verrenten, der auf diese Weise zahlungsunfähig wird?
Zunächst einmal ändert sich wenig, da sämtliche Verträge auch bei Insolvenz ihre Gültigkeit behalten. Ziel des Insolvenzverwalters ist es zudem immer, das Unternehmen unter Bedienung der Gläubigerschulden weiterzuführen. Wie wir schon gesehen haben, ist dies im Fall eines Maklerunternehmens relativ einfach zu erreichen: das eigentliche operative Geschäft kann ja in aller Regel profitabel betrieben werden. Der Insolvenzverwalter muss jedoch Lösungen für einen Schuldenschnitt mit den Gläubigern erarbeiten und „toxische“, in der Regel abschlussprovisionsbasierte Geschäftsmodelle vom profitablen Kerngeschäft abtrennen.
Eine Liquidierung der Rentenverträge und der dahinterstehenden Bestände durch den Insolvenzverwalter ist vor diesem Hintergrund nahezu ausgeschlossen, da das bei der Sanierung des Unternehmens nicht hilft. Alle gängigen Rentenmodelle sehen vor, dass nur tatsächlich eingenommene Courtagen als Rente weitergeleitet werden. Damit ist es also auch prinzipiell möglich, durch Kostensenkungsmaßnahmen diesen Geschäftsbereich profitabel zu betreiben. Entweder wird der zugekaufte Bestand nach Bereinigung der Schulden weiter durch das Unternehmen selbst betreut oder der Insolvenzverwalter verkauft ihn an ein anderes Maklerunternehmen, um die Gläubigerschulden zu bedienen. Der neue Bestandseigentümer übernimmt in einem solchen Szenario alle Rechten und Pflichten—und der verkaufende Makler erhält seine Rente in Zukunft von einem anderen Anbieter.
Das eigentliche Risiko liegt in der schlechten Betreuung
Die gute Nachricht ist also folgende: Maklerinsolvenzen sind selten und führen nicht notwendigerweise zum Verlust der Rente. Eine Minimierung des Insolvenzrisikos empfiehlt sich jedoch auch aus einem anderen Grund: Sie müssen nämlich in einem solchen Szenario damit rechnen, dass Ihre Kunden eine Zeitlang wenig bis gar nicht betreut werden und es zu entsprechendem Bestandsabrieb kommt. Dies droht aber unabhängig vom Insolvenzrisiko auch bei vielen anderen Bestandskäufern, insbesondere solchen die selbst keine Makler sind. Hier sollten Sie sehr genau hinschauen. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.
Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.