Anbieter von Nachrangdarlehen und anderen risikoreichen Kapitalanlagen müssen Anleger in Werbespots deutlich vor einem möglichen Totalverlust warnen. Das berichtet aktuell der Dachverband der Verbraucherzentralen, der ein entsprechendes Urteil gegen den Finanzanlagenvermittler Exporo erwirkt hat.
“Einfach und transparent in Immobilien investieren“ - mit diesem Slogan wirbt der Onlineanbieter Exporo auf seiner Webseite. Doch genau an dieser Transparenz hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Zweifel: und das Unternehmen vor dem Landgericht Hamburg verklagt. Teilweise mit Erfolg, wie der Verband auf seiner Webseite berichtet. Demnach müssen Anbieter in Werbevideos deutlich auf ein Totalverlustrisiko hinweisen, falls ein solches besteht.
Werbevideos auf Youtube versprachen hohe Rendite
Im verhandelten Rechtsstreit wurden zwei Werbevideos verhandelt, die der Immobilien-Investor auf Youtube geschaltet hatte. Darin wurde für ein Investment in Immobilien mit einer jährlichen Rendite von bis zu sechs Prozent geworben. Das Unternehmen sammelt über seine Internetplattform bei Kleinanlegern Geld für Darlehen an Immobilien-Projektentwickler ein. Exporo ist als Finanzanlagenvermittler registriert (Erlaubnis nach § 34c und 34f Abs. 1 Gewerbeordnung).
Da die Darlehen im Grundbuch nur nachrangig besichert seien, drohe den Anlegern im Fall einer Insolvenz der Verlust ihres Geldes, so berichtet der vzbv auf seiner Webseite. Mit anderen Worten: Es besteht die Gefahr, dass das komplette investierte Geld verloren geht.
Zwar wies der Anlagevermittler in seinem Video auf das Verlustrisiko hin. Aber nur für wenige Sekunden und in sehr kleiner Schrift, wie der Verbraucherverband bemängelte. Deshalb klagte der vzbv vor dem Landgericht Hamburg, weil aus seiner Sicht die strittigen Werbespots gegen das Vermögensanlagengesetz verstießen.
Totalverlustrisiko muss deutlich hervorgehoben werden
Zumindest mit Blick auf das Totalverlustrisiko hatte der Verband Erfolg. Der Warnhinweis sei nicht deutlich hervorgehoben, so betonten auch die Richter. Dafür müsse der Hinweis während der gesamten Dauer des Videos für den Zuschauer deutlich erkennbar sein. Außerdem sei der Hinweis in zu kleiner Schrift verfasst.
Nach dem Vermögensanlagengesetz muss die Werbung für Nachrangdarlehen und andere risikoreiche Kapitalanlagen einen deutlich hervorgehobenen Warnhinweis enthalten: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen“, so führt der vzbv im Pressetext aus.
Exporo konnte sich nicht darauf berufen, dass es nur eine Vermittlungsplattform für Vermögensanlagen betreibe. „Weil das Unternehmen für das öffentliche Angebot der Vermögensanlage verantwortlich sei und nach außen erkennbar als Anbieter auftrete, hätte es den Warnhinweis in der vorgeschriebenen Weise einblenden müssen“, schreibt der vzbv mit Verweis auf die Urteilsbegründung. Das Urteil ist rechtskräftig (LG Hamburg vom 28.11.2019, Az. 312 O 279/18).
...kein Erfolg bei Klage gegen "Kosten"-Werbung
Bei einem anderen Punkt musste der Verbraucherzentrale-Dachverband aber eine Niederlage kassieren. So stellte er auch einen Antrag, dem Vermittler die Werbeaussage „Bei Exporo gibt’s keine Kosten!“ zu untersagen. Exporo erhalte Provisionen von den Anbietern, die indirekt an die Kundinnen und Kunden weitergereicht würden. Deshalb betrachtete der Verband die Werbung als irreführend.
Hier verwiesen die Richter des Landgerichtes darauf, dass die Aussage, es gebe keine Kosten, in einen konkreten Kontext eingebettet ist, nämlich als unmittelbare Reaktion auf die Behauptung „Bei solchen Geschichten hast du doch mehr Kosten als Rendite!“ Infolgedessen verstehe sich die Aussage so, dass dem Anleger keine weiteren Kosten entstehen, die seine Rendite mindern, wie es z.B. bei Wertpapieren in Form von Depotgebühren und Transaktionskosten der Fall sei. In diesem Kontext sei die Werbebotschaft zulässig. Der Antrag des vzbv wurde in diesem Punkt abgeschmettert.
"Verständnis eines durchschnittlich informierten Verbrauchers"
Die Richter beriefen sich dabei auf eine Feststellung des Bundesgerichtshofes. Ob eine Werbung irreführende Angaben enthalte, bestimme sich maßgeblich danach, wie der „angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindruckes versteht“, so das Landgericht Hamburg. „Dabei ist auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt“ (BGH, GRUR 2007, 981, Rn. 20- 150% Zinsbonus).
Hier werde durch den Vermittler keine Fehlvorstellung suggeriert, da bei Exporo keine weiteren Kosten für den Anleger anfallen und der dem Anleger gezahlte Zinssatz fest sei, argumentierten die Richter. Die von der Verbraucherzentrale beanstandete zusätzliche Kostenbelastung des Verbrauchers bestehe folglich nicht. Demnach bestehe auch keine indirekte Kostenbelastung der Anlage, etwa für Werbung, Personal und Miete.
“Die vom Kläger angestellte Überlegung, dass ohne die Belastung der Emittentin mit Vermittlungskosten ein höherer Zinssatz hätte vereinbart werden können, ist spekulativ“, betonte das Landgericht, weshalb es den Werbespruch für zulässig hält. „Denn es ist unternehmerische Entscheidung der Emittentin, zu welchem Zinssatz sie Vermögensanlagen auf den Markt bringt, und aus Sicht des Verbrauchers ist es nur entscheidend, dass der verinbarte Zinssatz nicht durch weitere Kosten gemindert wird.“