Schauen wir uns doch mal an, wer im deutschen Versicherungsmarkt alles gerne Plattform wäre. Da hätten wir zunächst die Vergleicher. Vergleichsanbieter helfen dem Makler, einen Überblick über das vorhandene Angebot zu gewinnen. In anderen Branchen konnten vergleichbare Anbieter Plattform-Rollen erringen. Amazon oder Airbnb sind letztlich Vergleichsportale. Solche Portale sind ideale Kandidaten für eine Mega-Plattform, weil der Kunde und die Makler zu ihnen kommen, wenn neues Geschäft entsteht.
Was den Vergleichern im Hinblick auf die Megaplattform fehlt, ist allerdings die Kompetenz den „Bestand“ zu verwalten. Das ist in anderen Branchen nicht so entscheidend wie in der Assekuranz. Die Beziehung zum Kunden endet nicht mit dem Abschluss. Tatsächlich werden die erworbenen Produkte für die Kunden oft erst Jahre oder Jahrzehnte später nützlich. Die Megaplattform der Assekuranz muss also auch die dauerhafte Bestandsverwaltung ermöglichen: Vertragsdaten aktualisieren, Verträge optimieren, Schäden regulieren – möglichst automatisiert und effizient. Hier kommen die MVP-Anbieter ins Spiel, bei denen alle Vertragsdaten zusammenlaufen.
Darüber hinaus zeichnet die Megaplattform sich dadurch aus, dass sie Kunden und Dienstleistern einen sehr effizienten Back-office-Support anbietet. Hier kommen in der Welt der Assekuranz die Maklerpools ins Spiel. Diese zeigen auch ein anderes wichtiges Merkmal von Plattformen: das clevere Ausspielen eigener Einkaufsmacht.
Die Mega-Plattform übernimmt für den Makler also alles in einem: die Rolle des Pools, MVPs und Vergleichers in einem integrierten System, zu welchem auch der Kunden einen Zugang per App / Portal hat. Gibt es nur noch eine oder mehrere solcher Plattformen, werden die Makler von diesem abhängig, wenn sie einen guten und relevanten Service bieten wollen. Ohne Nutzung der Mega-Plattformen wäre das nicht mehr möglich.
Keine Mega-Plattform in Sicht
Stand heute gibt es allerdings keinen Akteur, der das Pool-, Vergleicher- und MVP-Geschäft so effektiv bündeln kann, dass die Mega-Plattform entsteht. Ein wichtiger Grund ist die fehlende Standardisierung. 20 Jahre nach der Erfindung des GDV-Datensatzes ist die Branche in Deutschland immer noch weit entfernt von einer Normierung der Datenströme. Gerade diese Standardisierung braucht jedoch jede Mega-Plattform.
Im Resultat finden wir eine zersplitterte Landschaft von Dienstleistern für Pool-, MVP- und Vergleichsservices. 50 MVPs werden in Deutschland aktiv genutzt. Dazu kommen 18 Pools, die jeweils mehr als 10 Mio. EUR Jahresprovisionen verwalten. Bei den Vergleichern ist die Konsolidierung etwas weiter, aber auch hier gibt es noch zahlreiche Anbieter, die in verschiedenen Sparten eine große Relevanz haben. All diese Dienstleister müssen mit einer Welt klarkommen, in der 100-150 relevante Versicherer ihr eigenes Süppchen kochen statt sich an einen Branchenstandard zu halten.
Naturgemäß versuchen viele dieser Akteure durch Zukäufe oder Portfolioerweiterung zur Plattform zu werden und auf diese Weise für Standardisierung zu sorgen. Diese Konsolidierung wird erfolgen—aber wie schnell, weiß keiner. Aufgrund des fehlenden Willens zur Standardisierung und der momentanen Zersplitterung ist die Aufgabe in unserer Branche schwieriger und langwieriger als in anderen.