Was bedeutet all das für uns Makler? Unsere Unabhängigkeit wird zu Recht in Frage gestellt. Wir können immer weniger von Abschlussprovision leben, werden regulatorisch immer stärker in unseren Möglichkeiten auf den Kunden zuzugehen eingeschränkt und stehen immer härterer Online-Konkurrenz gegenüber. Gleichzeitig sind wir von Intermediären längst abhängig. Eine Anbindung mit attraktiven Courtagesätzen ist für 95% der Makler aufgrund fehlender Größe nicht machbar, ebenso wenig ein effizientes Datenmanagement.
Unser Problem ist daher aktuell nicht die Abhängigkeit von den Megaplattformen, sondern ihr Fehlen. Als Makler wollen wir uns mit unseren Kunden beschäftigen—und nicht mit digitalen Schadenformularen, Datenimporten und Vergleichstechnologie. Eine Plattform würde uns diese Arbeit abnehmen und wäre die optimale Synthese von MVP, Maklerpool und Vergleichsanbietern.
Bei Policen Direkt glauben wir, dass es eine solche Plattform so schnell nicht geben wird. Es gibt zwar bereits erfolgreiche Schritte in diese Richtung und einige vielversprechende Kandidaten. Aber die fehlende Standardisierung—und auch die Trägheit der Kunden beim Wechsel zu neuen digitalen Versicherern/ Maklern—bedeutet, dass sich all das noch Jahre hinzieht. Auch weil träge Akteure unter den Maklern und Versicherern nicht so schnell abgestraft werden wie die „Nokias“ und „Kodaks“ in anderen Branchen.
Meine Prognose lautet daher: Megaplattformen in der Versicherungsbranche setzen sich erst zum Ende des gerade begonnenen Jahrzehnts durch.
Das Fehlen der Megaplattformen bedeutet, dass wir als Makler uns aus verschiedenen Dienstleistern unsere eigene Plattform zusammenstricken müssen, in der wir andere Dienstleister modular anbinden. Dafür braucht ein Makler eine starke IT, die verschiedene Dienstleister zusammenführen kann. Wir haben daraus z.B. längst die Konsequenzen gezogen. Bei Policen Direkt ist die Abteilung IT so groß wie die Abteilung Kundenservice. Das kann und will sich natürlich nicht jeder Makler leisten. Bloß: wer sich keine IT leistet, muss weiter auf die Mega-Plattform warten. Kommt sie, kann er effektiv arbeiten, wird aber von ihr abhängig und über kurz oder lang verschwinden. Kommt sie nicht, ist er zwar weniger abhängig, aber auch nicht mehr effektiv. Nur eine starke eigene IT schützt vor diesem Dilemma.
Übrigens bedroht die Existenz der Megaplattform nicht nur die Unabhängigkeit der Makler. Noch bedrohlicher ist sie vermutlich für die Versicherer, insbesondere für jene ohne starke Eigenmarke. Vielleicht haben die Versicherer gerade deshalb kein Interesse an einer funktionierenden Standardisierung, die das Entstehen von Megaplattformen ermöglichen würde. Aber das ist ein anderes Thema für ein anderes Mal.
Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.