Der Versicherer mailo hat gemeinsam mit dem Coworking-Space Orangery eine spezielle Gewerbeversicherung für Coworker entwickelt. Was sich hinter dieser neuen Art der Arbeitsorganisation verbirgt und warum man dafür einen speziellen Schutz benötigt, darüber sprach der Versicherungsbote mit mailo-Gründer Armin Molla sowie mit Sandra Santana Herbst, PR- und Communication- Managerin bei Orangery.
Versicherungsbote: Sie haben mit der Orangery eine Kooperation abgeschlossen, um eine Gewerbeversicherung für Coworker abzuschließen. Können Sie diese kurz vorstellen: An wen richten sich diese Policen?
Können Sie Orangery bitte kurz vorstellen? Die Hildesheimer beschreiben sich als „Ökosystem für Start-ups, Freelancer und Unternehmen“. Wie kamen Sie auf diesen Partner?
Sandra Santana Herbst (Orangery): Die Orangery liefert ein Ökosystem, das sich flexibel an die Bedürfnisse unserer Mitglieder anpasst. Es ermöglicht Gründern, auch in ländlichen Gebieten die Infrastruktur zu nutzen, die sie für ihr Start-up benötigen. Aus diesem Grund haben wir es uns zum Ziel gemacht, in ganz Deutschland Standorte der Orangery zu eröffnen.
Wir geben Inspiration einen Raum – in unserem Coworking-Space und in unserer Community. Bei uns treffen Querdenker aufeinander, entwickeln innovative Ideen und wachsen gemeinsam an ihren Projekten. Wir gehen neue Wege, brechen alte Strukturen auf, gestalten, transformieren und schaffen Platz für Kreativität.
Die Orangery befähigt Gründer und etablierte Unternehmen dazu, ihre Visionen zu verwirklichen und Möglichkeitsräume zu entdecken. Wir bringen Talent und Technologie zusammen, um Probleme zu lösen und bedeutungsvolle Ergebnisse zu erzielen.
Armin Molla: Mit der Orangery Hildesheim kam ein Coworking-Space auf uns zu und suchte einen Versicherer. Und so haben wir mit der Orangery ein gemeinsames Projekt gestartet.
… warum braucht es für Coworking überhaupt einen speziellen Schutz? Was sind „typische“ Risiken, die speziell Coworker haben?
Armin Molla: Das besondere bei Coworkern ist das Umfeld, in dem sie arbeiten – der Coworking-Space. Für unsere Absicherung haben wir uns die Lösung der Hausratversicherung für Wohngemeinschaften als Vorbild genommen, da diese sehr viele Parallelen aufweist. Auf genau diese Besonderheiten, die beide Konzepte bieten, geht unsere Versicherung ein.
Haben Sie Zahlen/ Eindrücke, wie verbreitet Coworking mittlerweile ist? Was sind Vorteile des Coworkens?
Armin Molla: Für junge Unternehmer und Freelancer bietet das Coworking viele Vorteile. Man kann sehr flexibel arbeiten. In Coworking-Spaces ist alles vorhanden, was man zum Arbeiten braucht: WLAN, Strom, die Büroausstattung – man muss sich selbst um nichts kümmern. Darüber hinaus ist es für die Coworker sehr kostengünstig.
Sandra Santana Herbst (Orangery): Laut einer Studie werden im Jahr 2022 weltweit 5.100.000 Menschen in einem Coworking-Space arbeiten. Und bislang haben wir über 300 registrierte Coworking-Spaces (Tendenz steigend!) in Deutschland. Dabei unterscheiden sich die vielen Coworking-Spaces in Größe, Standort, Preis und der Community.
Das zwingt auch andere Versicherungen, neue Lösungen zu entwickeln.
Wie kamen Sie auf die Idee, speziell für das CoworkingModell Versicherungsschutz zu entwickeln? Durch Kontakt mit Startups und Menschen, die im Coworking arbeiten? Vielleicht auch, weil Sie selbst bei mailo derart arbeiten?
Armin Molla: Wie schon erwähnt, kam die Orangery Hildesheim auf uns zu, da sie einen Versicherer für ihre Coworking-Arbeitsplätze benötigte. In der Produktentwicklung haben wir dann die Erfahrungen und das Know-How im Bereich des Coworkings der Orangery nutzen können. In dem Zusammenhang hatten wir Workshops im Coworking-Space der Orangery in Hildesheim. Darüber hinaus haben wir intensive Einzelinterviews mit den dort ansässigen Coworkern geführt und eine Befragung bei hunderten Coworkern gemacht. Dazu haben wir die Methoden des Design Thinkings angewandt. Das Zusammenspiel der einzelnen Maßnahmen ist die Grundlage der heutigen Versicherungslösung für Coworker gewesen und hat das Produkt optimieren können.
Sandra Santana Herbst (Orangery): Wir sind auf mailo zugegangen, weil wir durch das Arbeiten in dieser neuen Arbeitswelt viele Lücken erkannt haben und für vollen Versicherungsschutz sorgen wollten.
Start-ups und die einzelnen Coworker haben gerade am Anfang ihrer Karriere geringe finanzielle Mittel – wenn es da mal zu einem Schaden kommt, besteht nicht selten Existenznot.
Haben Sie Defizite bei bestehenden Gewerbepolicen beobachtet? Lücken, die speziell bei Cowork-Modellen ein Risiko bedeuten können?
Armin Molla: Gerade die spezielle Risikosituation in einem Coworking-Space, der ja nicht nur vom Versicherungsnehmer oder mit seinem Zutun betreten werden kann, ist in den meisten Gewerbepolicen nicht oder nur unzureichend unterzubringen. Eine besonders wichtige Deckung ist der Schutz der mobil eingesetzten Elektronik, da diese meist den größten Wert für den Coworker darstellt.
… daran anknüpfend: Worauf sollten Coworker bei einer Gewerbeversicherung achten? Vielleicht auch, wenn sie eine „normale“ Gewerbepolice zeichnen?
Armin Molla: Erstmal ist es wichtig, sich möglichst frühzeitig um einen adäquaten Versicherungsschutz zu bemühen. Es empfiehlt sich außerdem, eine für seine Zielgruppe passende Lösung zu suchen und nicht irgendeine „Standard-Gewerbepolice“ abzuschließen. Bei der Suche kann immer auch ein Makler eine gute Unterstützung sein.
Erfordert eine Coworking-Police auch eine neue Definition von Betrieb/ Firma und Arbeitsort? Zum Beispiel, weil man eben oft an verschiedenen Orten tätig ist, vielleicht sogar im Homework?
Armin Molla: Gerade für einen neuen Beruf bzw. eine Art, diesen auszuüben, ist es wichtig, eine korrekte Definition der Tätigkeit und des Arbeitsorts zu verwenden. Für den Coworker passt eine starre Definition des Versicherungsorts nicht, da er z. B. seinen Laptop im Home-Office, aber auch im CoworkingSpace oder unterwegs einsetzt.
Wird Coworking aus Ihrer Sicht „etablierte“ Formen des Arbeitens nach und nach verdrängen? Erfordert das auch, dass sich die Gewerbeversicherung als Sparte ändert?
Armin Molla: Das lässt sich schwer sagen. Sicherlich wird Coworking und interdisziplinäre Arbeit zwischen den heute definierten Berufsarten zunehmen. Das zwingt auch andere Versicherungen, neue Lösungen zu entwickeln.
Start-ups und junge Unternehmen sind oft auf externe Geldgeber angewiesen, um überhaupt eine Anschubfinanzierung zu haben. Die finanziellen Ressourcen sind oft vakant. Versichern Sie auch dieses Risiko, dass also Geldgeber das Geld „verbrennen“ oder in Projekte stecken, die sich finanziell doch nicht auszahlen?
Armin Molla: Nein.
Das Interview mit Armin Molla und Sandra Santana Herbst führte Mirko Wenig