Liquidität bei Maklerfirmen im Fokus

Quelle: Raimund Bertrams / pixabay.com

Das Thema Liquidität bei Maklerfirmen ist nicht neu. Mehrheitlich haben viele Versicherungsmakler im Vergleich zu Freiberuflern bescheidene Einkünfte. Der Kostendruck durch verstärkte staatliche Regulierung und tendenziell sinkende Courtagen zeigt Wirkung. Die anhaltenden Finanzmarktkrise und nun noch die Auswirkungen der Corona-Pandemie rücken das Thema Liquidität noch mehr in den Fokus, meint AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt in seiner Kolumne.

Geht man nach dem in der Öffentlichkeit hartnäckig klebenden Vorurteil, dass Versicherungsvermittler Provisionshaie sind, dann müsste diese oftmals zu Unrecht gescholtene Gruppe grundsätzlich mit Rolex und Porsche ausgestattet nur auf dem Golfplatz anzutreffen sein. Dem ist nicht so. Das wird aber ebenso kaum wahrgenommen wie die überwiegend gute Arbeit, die diese Vermittler aller Kategorien für die Kunden leisten. Dabei haben drei von zehn Maklern nur einen niedrigen Jahresgewinn vor Steuern bis 25.000 EUR. Weitere drei Makler erzielen mit ihren Firmen einen Jahresgewinn bis 50.000 EUR. Von überschwänglichem Reichtum also kann keine Rede sein.

Betriebswirtschaftliche Krise schon vor der Pandemie

Als Strategie- und Nachfolgeberater für Versicherungsmakler befassen wir uns regelmäßig mit den betriebswirtschaftlichen Kennziffern von kleineren und mittleren Unternehmen dieser Branche. Die Analysen zeigen immer wieder, dass nicht wenige Inhaber und ihre Firmen seit Jahren gerade noch wirtschaftlich überleben, aber kaum zu Investitionen und Expansion in der Lage sind. Die Ursachen sind bekannt.

Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Die Eingriffe des Gesetzgebers in die Vergütungsverträge zwischen Produktgebern und Vermittlern haben von außen maßgeblich dazu beigetragen. Provisionsexzesse einzelner Anbieter mussten als Alibi dafür herhalten, um eine ganze Branche zu schwächen. Unter dem Mantel des Verbraucherschutzes wurde die qualitativ hochwertige Beratung und Vermittlung von Versicherungs- und Finanzprodukten besonders durch unabhängige Vermittler, die Makler, finanziell geschwächt.

Doch nur der Zeigefinger nach außen genügt nicht. Viele Maklerunternehmen, besser wohl Einzelunternehmer, haben die Entwicklungen der Zeit mit Digitalisierung, effektivem Beratungs- und Verwaltungsprozess verschlafen. Zeit- und kostenintensive Beratung passt aber irgendwann nicht mehr mit tendenziell sinkenden Einkünften zusammen. Aber diese betriebswirtschaftliche Beratungsweise des eigenen Unternehmens ist vielen guten Beratern und Serviceleistern fremd. Geringe Erträge sind die Folge und werden durch die Pandemie noch verstärkt.

Corona- Soforthilfen und Eigenkapitalquote

So mancher Versicherungsmakler hat mit den ersten Anzeichen der Auswirkungen der Pandemie wie Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit von angestellten Kunden oder drohenden oder bereits laufenden Insolvenzverfahren schon geahnt, was kommen könnte. Deshalb haben einige Makler auch Antrag auf Corona-Soforthilfe gestellt. Doch die Spirale dreht sich weiter. Heute kann keiner absehen, ob und wann die Folgen der Pandemie sich normalisieren. Es gilt, sich auf den Worst Case — den Ernstfall — strategisch einzustellen. Das gilt besonders dann, wenn die Eigenkapitaldecke klein und zu kurz war und ist.

Über drei Millionen Kleinunternehmen in Deutschland haben eine Eigenkapitalquote (EKQ) unter zehn Prozent. Je kleiner die Unternehmen, um so geringer ist EKQ. Im Dienstleistungsbereich hat etwa nur jedes fünfte Unternehmen eine EKQ von über 30 Prozent, wenn man den nicht ganz einheitlichen Auswertungen solcher Befragungen folgt. Denn die bilanzielle EKQ kann bekanntlich nur bei Kapitalgesellschaften in etwa wiedergegeben werden.

Die Finanzen planen

Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Thema Eigenkapital und Liquiditätsreserve auch unter den Einflüssen der steuerlichen Ausgestaltung partiell positiver gesehen werden könnte, geht es nicht nur um die Notwendigkeit der Bezahlung von Rechnungen und Verträgen. Beides hat auch Auswirkungen auf Vertrauenswürdigkeit gegenüber den Kunden und gegenüber den Haus- und Geschäftsbanken für Darlehen, Leasingverträge und ggf. Haftungsfragen. Den Zusammenhang von finanziellem Engpass und plötzlichem Ausfall der kreditgebenden Bank hat wohl jeder schon einmal gehört.

Ein MUSS: Controlling und Finanzplanung

Wer als Unternehmer Controlling und Finanzplanung mit dem regelmäßigen Blick auf den Kontostand auf dem Geschäftskonto gleichsetzt, dem ist ein Umdenken dringend zu empfehlen. Zum Unternehmersein gehört jedes Jahr eine Finanzplanung, die in den Folgejahren fortzuschreiben ist. Dazu gehören unter anderem folgende Elemente:

  • Umsatzplanung aus regelmäßigen Courtagen (BP) und Neuabschlüssen (AP) Betriebskosten wie Miete, Unternehmerlohn, Gehälter Mitarbeiter u.a.
  • Investitionskosten (Technik, KFZ, Bestandskauf, Servicedienstleister)
  • Finanzierungsplan für Darlehen, Leasing sowie weiterem Kapitalbedarf
  • Rentabilitätsberechnung nach Kunden, Sparten, Produkten und Inhouse-Prozessen
  • Liquiditätsreserve

Grundlage für so eine Finanzplanung ist zunächst, eine Übersicht zu haben über den eigenen Bestand und die Struktur der eigenen Umsätze in den letzten Jahren. Wird – wie hier und da noch anzutreffen – ohne Maklerverwaltungsprogramm gearbeitet, dann sind auch das Thema Finanzplanung oder vor allem die sich im Bestand vollziehenden Veränderungen schwer zu erfassen. Machen wir es konkreter:

Wenn im Laufe der Jahre sich ein Schwerpunkt im Abschluss von Lebens- und Krankenversicherungen auf Basis von Abschlusscourtagen ergeben hat, dann muss man dies a) erkennen und b) Schlussfolgerungen daraus ziehen, damit im schlimmsten Fall das Unternehmen nicht gefährdet wird.

Beispielmakler Müller ist stolz auf einen Umsatz von 150.000 EUR. Wenn dabei aber 80.000 EUR durch das Beratungsergebnis für eine große betriebliche Altersversorgung (bAV) resultieren und diese Summe noch über 60 Monate in der Stornohaftung liegt, dann sollte die rote Lampe für „Risiko“ angehen. Es besteht auch im zu erwartenden Fall der Reduzierung von Abschlusscourtagen Handlungsbedarf.

Makler, wie alle Unternehmen, brauchen ein zuverlässiges Controllingsystem, möglichst mit automatisierter Dateneingabe. Eine fast ausschließliche manuelle Dateneingabe ergibt selten eine sichere Datenbasis. Und dann muss damit strukturiert gearbeitet werden. Bei unseren Bewertungen zu Unternehmen können wir oft schon auf einen Blick erkennen, in welchen Sparten bei Makler Abhängigkeiten oder marktunterdurchschnittliche Vergütungen vorliegen. Daran gilt es dann konsequent zu arbeiten.

Tiefenprüfung und Sanierung kann nachhaltigen Weg ermöglichen

Die Tiefenprüfung eines Unternehmens (Due Diligence) kommt bei größeren Unternehmen regelmäßig zum Einsatz, um Stärken und Schwächen, Risiken und Chancen zu erkennen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten. Deshalb ist eine Tiefenprüfung nicht nur ein Thema vor dem Verkauf des eigenen Unternehmens. Gerade ein Maklerunternehmen am Rande der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann solche externe Hilfe brauchen.

...die mögliche Sanierung im Blick

Eine transparente und nachvollziehbare Analyse der Situation des Maklerunternehmens öffnet dem Makler auch den Blick für mögliche Sanierungsthemen. Die gefühlte oder festgestellte Schräglage der Firma muss nachhaltig stabilisiert und überwunden werden. Mit den von uns praktizierten Beratungsunterlagen erarbeiten wir hierfür Handlungsempfehlungen mit konkreten Maßnahmen für Makler, die auf eine nachhaltige Entwicklung zielen.

In so einer Sanierungsphase braucht es laufender externer Begleitung und der Offenheit für ein neues Herangehen an die Beratungs- und Servicequalität mit den Kunden. Manch gewohnter Servicezopf muss dabei auch abgeschnitten werden. „Service für lau“ funktioniert dann eben nicht mehr. Das verstehen auch die Kunden, die ihren Makler als ersten Ansprechpartner für Versicherungen und Finanzen schätzen.

Zeitaufwändige Zusatzleistungen wie intensive Begleitung der Schadenanzeige und -regulierung, Führung und Sortierung von Versicherungsordnern, Ausdrucke für Steuerunterlagen, Erreichbarkeit rund um die Uhr, Bereitstellung eines Kundenportales im Internet und andere wurden von vielen Maklern bisher entgeltfrei als zusätzlicher Service angeboten. Dies kann man – neben weiteren Maßnahmen der Sanierung – nun auf die Basis von Servicevereinbarungen heben.

Wenn die Kunden verstehen, dass die Bereitstellung der eben aufgeführten Services oder auch ein bevorzugtes VIP-Serviceangebote mehr als 100 EUR wert ist, dann werden diese auch mit der vereinbarten Servicegebühr einverstanden sein. Viele Kunden schätzen Premium-Services und wollen dies auch für Versicherungen und Finanzdienstleistungen. Und wenn die Konsequenz für den Makler darin besteht, dass einige 1-Vertrags-Kunden dazu nicht bereit sind, dann sollte man sich von diesen dann trennen. Nur guter Wille und ein ertragloser Service führt letztlich überall in der Wirtschaft nur in den Ruin.

Fazit: Besonders in schwierigen Zeiten rückt das Thema Liquidität des Unternehmens in den Fokus. Es gibt zahlreiche Stellschrauben, den in der Vergangenheit vernachlässigten Komplex Umsatz-Ertrag-Liquidität zu beleuchten und neu aufzustellen. Mehrere Stellschrauben stehen dem Makler, je nach Profil seines Unternehmens und seines Bestandes, zur Verfügung. Mehr Liquidität bedeutet nicht mehr arbeiten. Es gilt die richtigen Entscheidungen zu treffen, damit nicht nur kurzfristige Effekte erzielt werden, meint: Ihr AssekuranzDoc.