BGH verurteilt Axa zur Rückzahlung von Beiträgen

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Der Bundesgerichtshof hat in einen Urteil Beitragserhöhungen der Axa für teilweise unwirksam erklärt. Der Versicherer habe nicht ausreichend kommuniziert, anhand welcher Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit) er die Prämien angehoben habe. Doch wer durch das Urteil auf mehr Transparenz hofft, erhält auch einen Dämpfer. Denn ein Versicherer muss nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat, wenn er Prämien raufsetzt.

Prämienanpassungen in der privaten Krankenvollversicherung sind immer wieder ein Streitthema. Manche Versicherer heben die Prämien in ihren Tarifen zu stark und nicht immer transparent an, so ein häufig vorgebrachter Vorwurf, der auch schon vielfach die Gerichte beschäftigte. Nun können Privatversicherte auf Rückerstattung eines Teils der Beiträge hoffen. Denn am Mittwoch erklärte der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Urteilen bestätigt, dass ein Beitragsplus der Axa Kranken unwirksam ist.

Konkret hatten die Versicherten gegen Prämienanpassungen geklagt, die zwischen 2014 und 2017 vorgenommen wurden. Grundlage für die Teuerungen war § 203 Absatz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Bereits in den Vorinstanzen musste die Axa Niederlagen einstecken, weshalb sie in Revision vor dem Bundesgerichtshof ging. Dabei zeigten beide Rechtsstreite aber Unterschiede:

Zwei verschiedene Klagen

Im Verfahren IV ZR 294/19 beanstandete der Kläger zuletzt nur noch die Mitteilungen über die Gründe für die Beitragserhöhungen. Das Landgericht hat seiner Klage stattgegeben, die Unwirksamkeit der Prämienanpassungen für die Jahre 2015 und 2016 festgestellt und den beklagten Versicherer u.a. antragsgemäß zur Rückzahlung der gezahlten Erhöhungsbeträge verurteilt. Das Oberlandesgericht hat dies dahingehend abgeändert, dass eine Unwirksamkeit der Prämienanpassungen nur bis zum 31. Dezember 2017 festgestellt wurde. Zwar seien die Prämien für 2015 und 2016 zu Unrecht angehoben wurden, urteilte die Vorinstanz. Aber der Versicherer habe in der Klageerwiderung nachträglich begründet, weshalb die Prämien angehoben werden mussten: der Mangel sei zu diesem Zeitpunkt beseitigt gewesen, so dass die Prämienanpassung zum 1. Januar 2018 wirksam wurde.

Im Verfahren IV ZR 314/19 machte der Kläger die formelle und materielle Unwirksamkeit der Prämienanpassungen geltend. Seine Klage hatte in den Vorinstanzen in vollem Umfang Erfolg. Die Axa ist unter anderem verurteilt worden, die bis zum 15. Februar 2017 auf die Prämienerhöhungen für die Jahre 2014, 2015 und 2017 gezahlten Erhöhungsbeträge zurückzuzahlen. Das Berufungsgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Mitteilungen über die Prämienanpassungen nicht den Mindestanforderungen aus § 203 Abs. 5 VVG genügten und die Prämienanpassungen deswegen nicht wirksam geworden seien.

Teilerfolg für die Krankenversicherten - standardisierte Schreiben sind Tabu

Der Bundesgerichtshof hat in beiden Urteilen bestätigt, dass die Axa teils Beitrag zurückerstatten muss. Denn eine Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG werde erst wirksam, wenn diese ausreichend begründet wurde - und dies muss mit einer Mitteilung an die Versicherten geschehen, die den wiederum den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genüge. „Dabei, so hat der Senat jetzt entschieden, muss angegeben werden, bei welcher Rechnungsgrundlage – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder beiden – eine nicht nur vorübergehende und den festgelegten Schwellenwert überschreitende Veränderung eingetreten ist“, heißt es im Pressetext des BGH.

"Eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht“, führten die Richter weiter aus. Mit anderen Worten: Der Versicherer darf nicht einfach mit einem Standard-Schreiben die Anhebung der Prämien begründen, sondern muss darlegen, aus welchem Grund konkret der Beitrag raufgesetzt wird. „Da die Axa Krankenversicherung die Prämienanpassungen mittels standardisierten, inhaltsgleichen Begleitschreiben gegenüber ihren Versicherten begründet hat, hat das Urteil grundsätzliche Bedeutung für sämtliche Versicherte der Axa“, erklärt Verbraucheranwalt Knut Pilz, der 1500 Mandanten in ähnlichen Rechtsstreiten vertritt, gegenüber "Welt Online".

Urteil für Verbraucher dennoch enttäuschend

Doch in bestimmten Teilaspekten ging das Urteil sehr enttäuschend für die klagenden Verbraucher aus. Denn die Mitteilungspflicht habe nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen, wie es weiter heißt. Das bedeutet: Der Versicherer muss nicht vorrechnen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage konkret verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren anzugeben, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben: z.B. den Rechnungszins. So bleiben Prämienanpassungen weiterhin für den Versicherungsnehmer eine Black Box: in die konkreten Entwicklung seines Tarifes erhält er keinen Einblick.

Fehlende Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung können zudem vom Versicherer nachgeholt werden. Soll heißen: Erfolgt eine weitere, diesmal wirksame Prämienanpassung im betreffenden Tarif, so hat der Versicherungsnehmer ab dem Wirksamwerden dieser Anpassung die Prämie in der damit festgesetzten neuen Gesamthöhe zu zahlen. Jedoch betonte das Gericht, dass eine Heilung nicht rückwirkend möglich sei. Die Frist aus § 203 Absatz 5 VVG starte erst dann, wenn die fehlenden Angaben dem Versicherungsnehmer zugänglich gemacht worden seien.

Entsprechend zwiespältig fällt die Einschätzung von Experten aus. Zwar können Versicherte die Erhöhungsbeträge zunächst zurückfordern, wenn die Gründe für die Erhöhung unvollständig mitgeteilt wurden, gibt der Bund der Versicherten (BdV) zu bedenken. Im Gegenzug würden dann aber die zukünftigen Beiträge besonders stark steigen.

„Für die meisten Versicherten läuft es bestenfalls auf ein Nullsummenspiel heraus“, kommentiert Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV. Kritisch sieht er die Erläuterungen des BGH, dass Versicherte bei einer Beitragsanpassung nur Anspruch auf sehr wenige Informationen haben. „Der Bundesgerichtshof zementiert die Intransparenz diverser privater Krankenversicherer“, folgert Kleinlein.