Verbraucherzentrale warnt vor Honorarberater

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Die Verbraucherzentralen wollen ein Verbot von Provisionen durchsetzen und setzen auf Honorarberatung: Doch nun müssen sie selbst vor einem Honorarberater warnen. Demnach hat die Transparento GmbH keine oder nur eine unzureichende Widerrufsbelehrung ihren Kundinnen und Kunden ausgehändigt. Zudem seien Beschwerden über nicht bedarfsgerechte Beratung eingegangen.

Verbraucher können Finanz- und Vorsorge-Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, binnen 14 Tagen widerrufen und bereits gezahltes Geld zurückfordern. Das gilt auch für die Honorarberatung, bei der Kunden mit dem Berater bzw. der Beraterin einen bestimmten Betrag für die Beratungsleistung aushandeln. Die Verbraucherzentralen versprechen sich davon, dass Anleger produktunabhängiger und bedarfsgerechter beraten werden. Sie fordern in der Altersvorsorge ein Verbot von Provisionen, bei denen der Produktgeber die Vermittlung von Verträgen vergütet.

Doch nun muss die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg selbst vor intransparenten Honorarberatern warnen: In diesem Fall die Transparento GmbH. Das Unternehmen aus Mannheim habe Kundinnen und Kunden unzureichende Widerrufsbelehrungen ausgehändigt: oder sogar gar keine, berichtet der Verein in einem Pressetext. Das Unternehmen habe bereits eine Unterlassungserklärung unterzeichnet, nachdem es erfolgreich abgemahnt worden sei. Zu beachten ist: Transparento verfügt über eine Zulassung als Versicherungsmakler nach §34d GewO, aber auch als Honorar-Finanzanlagenberater nach §34h.

Transparento äußerte sich gegenüber dem Versicherungsboten: "Wir mussten unsere Beratungspraxis wegen Corona kurzfristig – statt der üblichen persönlichen Besprechungen – auf Onlinemeetings umstellen. Die dabei zunächst verwandte Widerrufsbelehrung entsprach vorübergehend nicht der aktuellen Rechtslage. Dies wurde bereits im letzten Jahr korrigiert. Den Vorwurf der angeblich nicht bedarfsgerechten Beratung weisen wir zurück und lassen derzeit rechtliche Schritte wegen dieser verunglimpfenden Berichterstattung prüfen."

21.000 Euro für unpassenden Vertrag

Die Verbraucherzentrale berichtet vom Fall eines enttäuschten Verbrauchers, der sich von einem Honorarberater zum Thema Geldanlage und Altersvorsorge beraten lassen wollte. Und tatsächlich war die Empfehlung -wie von der Verbraucherzentrale geschildert- höchst ungünstig. Es bliebe aber zu fragen, ob es sich hierbei um einen Einzelfall handelt: der mögliche Tücken der Honorarberatung aufzeigt.

Zunächst habe die Beratung aus mehreren Telefonaten bestanden, wie der anonym bleibende Geschädigte im Interview mit dem Magazin der Verbraucherzentrale verriet. Schon bevor der Honorarberater tätig geworden sei, habe er 7.140 Euro in Rechnung gestellt: zu zahlen auch auf die Gefahr hin, dass das Beratungsgespräch scheitere.

Doch dabei sei es nicht geblieben: Bereits beim zweiten Vertrag habe ihm der Berater knapp 21.000 Euro Honorar berechnet. Diese Summe habe sich aus einem Zeithonorar über 80 Stunden zu je 175 Euro ergeben, dem sich ein Mehrwert-Honorar von knapp 11.000 Euro für die empfohlene Geldanlage hinzugesellt habe: wobei hiervon später ein Rabatt abgezogen worden sei. „Für die Laufzeit des Vertrags, also für 29 Jahre, sollte ich dann 82 Euro Honorar pro Monat zahlen, um 1,5 Prozent steigend pro Jahr“, berichtet der Anleger.

Schier unglaublich ist das geforderte Honorar von knapp 21.000 Euro angesichts des Anlagebetrages, denn der Sparer wollte lediglich 49.000 Euro investieren und hatte des Weiteren eine Sparrate von 500 Euro im Monat vereinbart. „Die hohen Honorarkosten haben mich stutzig gemacht“, berichtet der Verbraucher. Ein Grund, weshalb er schließlich den Rat der Verbraucherzentrale gesucht habe.

Flexible Geldanlage: mit 29jähriger Laufzeit?

Doch es gab einen weiteren Grund für die Enttäuschung: Die empfohlene Geldanlage habe nicht seinen Vorstellungen und Bedürfnissen entsprochen. Der Verbraucher hatte zu Protokoll gegeben, dass er sich die Möglichkeit offenhalten wolle, binnen der nächsten drei Jahre in Immobilien zu investieren. Und er eine Familie gründen wolle, dann eventuell die Finanzen neu ausrichten müsse. Das Geld sollte folglich auch kurzfristig verfügbar sein. Vermittelt bekam er mehrere fondsgebundene Rentenversicherungen: mit einer Laufzeit von 29 Jahren.

“Nach Ablauf der 29 Jahre hätte ich insgesamt 20 Prozent meiner zur Verfügung stehenden Einzahlsumme in Form von Honorar verloren. Bei sofortiger Kündigung nach Vertragsabschluss wären es sogar 30 Prozent Honorarkosten“, berichtet der enttäuschte Anleger. Das alles für eine unpassende Geldanlage?

„Nach allem was uns der Verbraucher über den Ablauf der Beratung geschildert hat und was er an Unterlagen erhalten hat, schien sein Bedarf in der Beratung keine Rolle gespielt zu haben“, kommentiert folglich Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Auch der veranschlagte Arbeitsaufwand von angeblich 80 Arbeitsstunden steht in keinem Verhältnis zu der Beratungsleistung“, so der Finanzexperte.

Der Ausweg: Widerrufsjoker

Kundinnen und Kunden, denen via Honorarberatung ein ähnlicher unpassender Vertrag „aufgeschwatzt“ wurde, bleibt aktuell nur ein Ausweg, um sich vom Vertrag zu trennen: Der Widerrufsjoker. Können sie nachweisen, dass der Berater gar nicht oder nur ungenügend über ihr Widerrufsrecht informiert hat, so können sie auch ihren Vertrag widerrufen und das Honorar zurückfordern.

Keine Möglichkeit gibt es hingegen, wegen einer schlechten und unpassenden Beratungsleistung vom Vertrag zurückzutreten. Hier sehen auch die Verbraucherzentralen eine gesetzliche Lücke. „Wer eine Finanzberatung in Anspruch nimmt, muss sich darauf verlassen können, dass die Beratung stets mit der erforderlichen Qualifikation und im Interesse der Kunden erfolgt. Die geltende Rechtslage sichert dies aber nicht ab“, so Niels Nauhauser. „Verbraucher:innen, die nicht bedarfsgerecht beraten werden, haben keine rechtliche Handhabe gegen die Anbieter. Das muss sich ändern.“

Tatsächlich würden sich zunehmend häufiger Verbraucherinnen und Verbraucher über nicht bedarfsgerechte Beratung durch Honorarberater und -vermittler beschweren, berichtet die Verbraucherzentrale weiter.

Lang laufende Honorar-Knebelverträge denkbar

De facto kann es passieren, dass ein Verbraucher seine unpassende Altersvorsorge abstößt: aber noch Jahrzehnte Honorar an den Berater abtreten muss, wenn ein entsprechender Finanzplan vereinbart wurde. Mehrwert-Honorare können ebenfalls einen Fehlanreiz bieten, unpassende Verträge zu vermitteln: wenn diese abhängig sind von der Rendite der empfohlenen Geldanlage. So ist zum Beispiel denkbar, dass auf Sicherheit bedachte Anlegerinnen und Anleger eine hochriskante Geldanlage vermittelt bekommen, wenn dies die Höhe des Honorars positiv beeinflusst.

Auch im geschilderten Fall des Transparento-Kunden sind Rentenversicherung und Honorarvertrag zwei unabhängige Verträge mit zwei verschiedenen Vertragspartnern. Selbst, wenn der Kunde mit seiner Renten-Police unzufrieden ist und sie nach kurzer Zeit wieder abstößt, müsste er weiterhin ratierlich das hohe Honorar zahlen, wenn er nicht den Widerrufsjoker ziehen kann.

Versicherer fordern Stornohaftung

Um die Honorarberatung zu fördern, hat der Gesetzgeber den Beratenden erleichterte Konditionen eingeräumt. Denn anders als Makler und Vertreter, haftet ein Honorarberater nicht mit Teilen der Abschlusssumme, wenn der Kunde nach kurzer Zeit vom Vertrag zurücktritt.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert folglich eine fünfjährige Stornohaftzeit auch für jene, die gegen Honorar beraten. Anlass war der Skandal um einen Cottbuser Finanzdienstleister, der seinen Kundinnen und Kunden für Leben-Policen das Doppelte der sonst marktüblichen Provisionen als Honorar berechnet hatte. Obwohl viele enttäuschte Anleger ihre Altersvorsorge abstießen, mussten sie weiter Honorar bedienen.

Mehrere Maklerpools haben zudem eine Gebührenordnung für Honorarberater gefordert, die -ähnlich wie bei Rechtsanwälten- einen Rahmen steckt, was eine derartige Beratungsleistung kosten darf: und was eben nicht. Etwa, indem ein Mindest- und Höchststundensatz festgelegt wird, der auch Neben- und Fremdkosten einrechnet, zum Beispiel für notwendige Gutachten.