Volatilitätsanpassung und Übergangsmaßnahmen führen dazu, dass aufsichtsrechtlich relevante Brutto-Quoten, die derzeit der BaFin gemeldet werden, sich stark von der eigentlichen Basis- oder auch Nettoquote unterscheiden. Denn die Basis- oder auch Nettoquote gibt an, wie hoch die Eigenmittelausstattung der Unternehmen ohne Übergangshilfen ist. Ab 2032 gilt diese Basisquote allerdings ausnahmslos.
Größter Unterschied der Brutto- zur Nettoquote: 512,4 Prozentpunkte
Versicherer aber gehen gern mit jener Brutto-Quote hausieren, in die alle Erleichterungen eingeflossen sind. Und diese weichen häufig mehrere hundert Prozent von den Basisquoten (ohne die Hilfen) ab. Besonders fällt dies in 2020 bei der Victoria auf: Mit 727,6 Prozent erreicht die Ergo-Tochter eine blendende Bruttoquote. Rechnet man aber die Volatilitätsanpassung und die Maßnahme für Rückstellungen heraus, dann bleibt eine Basisquote von (immerhin noch guten) 215,2 Prozent übrig. Die Übergangsmaßnahmen verhelfen also der Victoria zu einer um 512,4 Prozentpunkte günstigeren Quote.
Die SRC-Schlusslichter „retten“ sich durch Übergangshilfen
Mag ein Unterschied von 512,4 Prozentpunkten noch ein Extrem sein, sind hingegen Unterschiede von 200 bis 300 Prozentpunkten keine Seltenheit. Dies wird auch an jenen Versicherern deutlich, die 2020 die schlechtesten Basis-Solvenzquoten vorweisen mussten: Landeslebenshilfe und Süddeutsche. Ohne Übergangshilfen kommen beide Versicherer auf eine Quote von 0 Prozent. Beide Versicherer hätten demnach überhaupt keine Eigenmittel für eine simulierte Extremsituation, wie sie alle 200 Jahre auftritt.
Aufgrund der Übergangsmaßnahmen und der Volatilitätsanpassung aber sind beide Versicherer aus dem aufsichtsrechtlich relevanten „Schneider“: Die Landeslebenshilfe kommt auf eine offizielle Quote von komfortablen 354,4 Prozent. Und die Süddeutsche kommt auf immerhin 253,9 Prozent.
17 Versicherer reißen Hürde durch Netto-Quote
Mit Übergangshilfen erfüllen alle Versicherer die gesetzlichen Vorgaben und überspringen die aufsichtsrechtliche Hürde von 100 Prozent. Ohne Übergangshilfen hingegen würden insgesamt 17 Versicherer laut MAP-Report diese Hürde reißen: Die Neue Leben (87,4 Prozent), die HDI (83,6 Prozent), die Bayerische Beamten (70,0 Prozent), die HUK-Coburg (66,9 Prozent), die Athora (66,5 Prozent), die Ergo (52,0 Prozent), die Frankfurter (38,3 Prozent), die DEVK Allgemeine (36,2 Prozent), die Debeka (35,7 Prozent), die Signal Iduna (32,5 Prozent), die Frankfurt Münchener (25,3 Prozent), die PB (19,8 Prozent), die DEVK Eisenbahn (15,2 Prozent), die Öffentliche Oldenburg (10,4 Prozent), die VRK (2,8 Prozent), die Süddeutsche (0,0 Prozent), die Landeslebenshilfe (0,0 Prozent).
SCR-Quotenschnitt im Sinken
Die aufsichtsrechtlich relevante SCR-Brutto-Quote der Branche verschlechterte sich zudem trotz Übergangserleichterungen (Versicherungsbote berichtete). In 2019 betrug sie noch 422,3 Prozent, sackte aber in 2020 auf 381,2 Prozent (und damit um 41 Prozentpunkte) ab.
Die besten offiziellen Quoten weis0en in 2021 aus: Die Victoria (727,6 Prozent), die LV 1871 (711,6 Prozent) und die LVM (702,2 Prozent).
Hingegen sind die SCR-Schlusslichter in 2020: die WGV (193,8 Prozent), die DEVK Eisenbahn (186,1 Prozent) und die VRK (179,5 Prozent).
Dialog erfüllt Anforderungen am besten
Bei den Basis- bzw. Nettoquoten gibt es – was erstaunt – zwei höhere Werte als bei den offiziellen Quoten. In der Regel jedoch liegen die Basisquoten ohne Übergangshilfen unter den Quoten für die BaFin. Gewinner bei der SCR-Bedeckung 2020 mit der höchsten Quote ist die Dialog (811,6 Prozent) und die Europa (807,6 Prozent). Der drittplatzierte Versicherer liegt mit seinen 576,6 Prozent da schon auffallend zurück – die Ergo Vorsorge.
Die schlechtesten Basis-Quoten hingegen müssen die Öffentliche Oldenburg (mit 10,4 Prozent), die VRK (mit 2,8 Prozent), die Süddeutsche und die Landeslebenshilfe (mit jeweils 0,0 Prozent hinnehmen (Versicherungsbote berichtete).
Hintergrund: Der aktuelle MAP-Report mit der Nummer 919 leistet auf mehrfachen Ebenen einen Vergleich der „Solvabilität“. Denn zum einen vergleicht er Kennzahlen der Versicherer untereinander innerhalb eines Geschäftsjahres. Zum anderen zeigt er aber auch, wie sich die Bedeckungsquoten der einzelnen Anbieter in den vergangenen zehn Jahren im Verhältnis zum Marktdurchschnitt entwickelten. Dadurch können auch längerfristige Tendenzen zur Entwicklung der Quoten beobachtet werden. Das Analyse-Instrument kann kostenpflichtig auf der Seite von Franke und Bornberg bestellt werden.
Weitere Kennzahlen zur Lebensversicherung haben wir unter einer neuen Rubrik zusammengefasst.