In den beiden Medienberichten wird auf weitere Verknüpfungen hingewiesen, die bei der Abwehr eines Provisionsverbotes eine Rolle gespielt haben könnten. So habe auch CSU-Politiker Markus Ferber interveniert, der für die Europäischen Christdemokraten die Finanzpolitik im Wirtschafts- und Währungsausschuss koordiniere. Die EVP ist die größte Fraktion im EU-Parlament, sodass ihre Stimmen auch wichtig sind, wenn die EU-Kommission neue Regeln und Richtlinien festschreiben will.
Doch Ferber ist nicht nur EU-Politiker. Zugleich sitzt er im Sparda-Zukunftsrat und im Beirat der Deutschen Vermögensberatung (DVAG). Damit ist er eng verbandelt mit genau jenen Lobbyverbänden, die jetzt bei Lindner interveniert haben, damit er ein Provisionsverbot hilft abzuschmettern. Gegenüber abgeordnetenwatch.de weist Ferber einen Interessenkonflikt zurück. Er habe in den Gremien allein eine beratende Funktion. Doch eine gut bezahlte: von der Deutschen Vermögensberatung soll er monatlich zwischen 1.001 und 5.000 Euro erhalten, wie "Spiegel" und "Abgeordnetenwatch" herausgefunden haben wollen.
Nun gerät auch die politische Spendentätigkeit der DVAG erneut in die Kritik. Mehrere hunderttausend Euro schüttet die DVAG an Großspenden aus: und das nicht nur in Wahljahren. Dabei bringt Europas größter Finanzvertrieb das Geld auch schon mal persönlich per Scheck vorbei. Für Aufsehen sorgte im April ein Medienbericht von „Spiegel“ und abgeordnetenwatch.de, wonach sich DVAG-Vorstand Helge Lach am 14. März 2023 mit CDU-Chef Friedrich Merz getroffen haben soll, um einen solchen Scheck über 100.000 Euro zu überreichen. Dabei sei auch über das Provisionsverbot gesprochen worden. Sowohl die CDU als auch die DVAG weisen einen Zusammenhang zwischen dem Treffen und dem Thema zurück.
Das Provisionsverbot wurde zunächst abgeschmettert: Und das führen beide Medien, wenn auch mit einiger Vagheit, auch auf den Brief von Lindner zurück. Die Stimme der Bundesregierung zu EU-Vorstößen habe großes Gewicht, da die Deutschen auch das größte private Geldvermögen innerhalb der EU besitzen würden. „Da von den Ministerien der Grünen und der SPD anschließend kaum Widerspruch zu hören war, konnte die Finanzkommissarin McGuinness bei ihren Plänen nicht auf die Unterstützung Deutschlands zählen“, schreibt der „Spiegel“.
Strengere Regel für die Offenlegung von Vergütungen kommen trotzdem. So sieht die EU-Änderungsrichtlinie für mehr Kleinanlegerschutz unter anderem neue Transparenzpflichten und standardisiertere Informationen über die Abschluss- und Vertriebskosten vor. Finanzkommissarin McGuinness hat bei einer Veranstaltung im Juni deutlich gemacht, dass sie weiterhin ein Provisionsverbot anstrebt.