Wie sehr sich die Situation zwischen Lebensversicherung und PKV doch noch unterscheidet, zeigen die Übergangshilfen. Die durchschnittliche Basisquote der Lebensversicherer liegt mit 320,8 Prozent bereits 206,6 Prozentpunkte niedriger als die durchschnittliche Basisquote in der PKV. Demnach werden in der Lebensversicherung die Hilfen auch viel, in der PKV hingegen kaum genutzt.
Zur Erinnerung: bis Ende 2031 können die Unternehmen noch verschiedene Hilfsmaßnahmen bei Berechnung ihrer Solvenzquoten nutzen. Die so errechnete Bruttoquote kann wesentlich von der Netto- bzw. Basisquote abweichen:
- Paragraf 82 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ermöglicht die Volatilitätsanpassung (VA): Anleihen dürfen höher bewertet werden, wenn sie nur vorübergehend an Wert verlieren – etwa, weil sie zu einem festen Wert später wieder verkauft werden.
- Paragraf 351 VAG ermöglicht eine Maßnahme für risikofreie Zinssätze: Versicherungsunternehmen dürfen eine vorübergehende Anpassung der maßgeblichen risikofreien Zinskurve vornehmen. Diese Maßnahme spielt allerdings die geringste Rolle und wird 2023 von nur einem einzigen Lebensversicherer (der Credit Life) sowie von keinem PKV-Unternehmen genutzt.
- Und Paragraf 352 VAG ermöglicht Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellungen (Ü): Die BaFin kann Versicherern die Genehmigung erteilen, ihre Rückstellungen nicht sofort auf Grundlage von Solvency II zu bewerten, sondern erst nach und nach mit mehrjähriger Verzögerung. Dies ist die wirkungsvollste Maßnahme. MAP-Autor Reinhard Klages hierzu: "Vielfach beträgt der Unterschied zwischen der Basisquote (ohne Hilfsmaßnahmen) und dem aufsichtsrechtlichen Nachweis mehr als 300 Prozentpunkte, nicht selten sogar weit über 500 bis hin zu 1.100 Prozentpunkten."
Übergangshilfen: Vergleich Kranken- und Lebensversicherung
- Von den 80 im MAP-Report untersuchten Lebensversicherern nutzten 50 in 2023 sowohl die Übergangsmaßnahmen gemäß Paragraf 352 VAG als auch die Volatilitätsanpassung (und damit nutzten 62,5 Prozent aller Lebensversicherer beide Übergangshilfen). Im Schnitt verbesserte dies die Quote um hohe 342,8 Prozentpunkte – von einer Basisquote in Höhe von 320,8 Prozent auf eine aufsichtliche Quote von 663,6 Prozent.
- 19 Lebensversicherer nutzten nur die Volatilitätsanpassung (23,75 Prozent der Unternehmen).
- Drei Unternehmen nutzten nur die Übergangsmaßnahmen nach Paragraf 352 VAG.
- In der Summe aber wenden 90 Prozent der Lebensversicherer Übergangshilfen an; nur zehn Prozent der Lebensversicherer verzichten ganz auf Hilfsmaßnahmen.
- Bei den privaten Krankenversicherern wendeten nur zwei Unternehmen sowohl die Volatilitätsanpassung als auch die Übergangsmaßnahmen an: Die Gothaer verbesserte so die Basisquote von 371,0 Prozent auf 530,9 Prozent; die Allianz verbesserte in der PKV ihre Basisquote von 329,4 Prozent auf 389,4 Prozent.
- Sieben PKV-Anbieter (18,92 Prozent der Unternehmen) nutzten die Volatilitätsanpassung, aber keine weiteren Hilfsmaßnahmen.
- Demnach verzichteten 28 PKV-Anbieter (75,68 Prozent der Unternehmen) gänzlich auf Hilfsmaßnahmen nach dem VAG.