EU-Anlegerschutzstrategie: kein Provisionsverbot, aber strengere Regeln für Provisionen

Quelle: Geralt@pixabay.com

Zu dem EU-Ratsbeschluss haben sich auch mehrere Verbände geäußert. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßt es, dass ein allgemeines Provisionsverbot für bestimmte Anlageprodukte verhindert werden konnte. „Nach dem EU-Parlament hat damit nun auch der Rat die Relevanz verschiedener Vergütungssysteme im Vertrieb von Finanzanlageprodukten bestätigt”, sagt Moritz Schumann, stellvertretender Hautgeschäftsführer des GDV.

Der Verbandsfunktionär hebt hervor, dass es ein Ziel der Strategie sei, Verbrauchern einen leichteren Zugang zum Kapitalmarkt zu bieten. „Ein erleichterter Kapitalmarktzugang muss mit niedrigschwelligem Zugang zu qualifizierter Beratung einhergehen. Verbraucherinnen und Verbraucher sind es gewohnt, dass sie diese erhalten können, ohne dafür Honorare zahlen zu müssen. Es ist wichtig und richtig, dass diese Option erhalten bleibt und Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin selbst entscheiden können, wie sie sich beraten lassen wollen”, sagt Schumann.

Dass sich der Rat für einen weitreichenden Katalog an Anforderungen für Provisionszahlungen, umfangreiche Governance-Regeln bei der Produktherstellung und umfangreichere Verbraucherinformationen ausspricht, erregt dagegen das Missfallen des Versichererverbandes. Aus Sicht der Versicherer bedeutet dies zusätzliche Bürokratie ohne adäquaten Nutzen. „Es darf kein Bürokratiemonster erschaffen werden“, appelliert Schumann. Er betont: „Um die Ziele der Kleinanlegerstrategie zu erreichen, brauchen wir moderne, gestraffte Kundeninformationen, die freie Wahl des Beratungsmodells ermöglichen und Aufsichten, die sicherstellen, dass einzelne schwarze Schafe vom Markt genommen werden.“

Dabei waren es auch die Kosten auf dem deutschen Lebensversicherungs-Markt, die Rufe nach einer strengeren Aufsicht laut werden ließen. „Wenn Lebensversicherungen zu viel kosten“, war eine Marktanalyse der deutschen Aufsichtsbehörde BaFin aus dem Jahr 2022 überschrieben. Zwar stellten die Aufseher eine hohe Spannbreite bei den berechneten Kosten der Versicherer fest. Aber bemängelte auch, dass Produkte von einigen Anbietern möglicherweise gar nicht als Altersvorsorge geeignet seien - und entsprechend von den Anbietern nicht hätten zugelassen werden dürfen.

„Bei allen Eintrittsalter-Laufzeit-Kombinationen gibt es Lebensversicherer, bei denen die Effektivkosten der meistverkauften fondsgebundenen Produkte oberhalb von 4 Prozent liegen. Für die Versicherungsnehmerinnen und -nehmer bedeutet das: Erst wenn die zugrundeliegenden Kapitalanlagen entsprechend hohe Renditen erreichen, würden sie einen Anlagegewinn erzielen“, schrieb die BaFin. Die Behörde reagierte mit neuen Wohlverhaltensregeln, wonach der Kundennutzen bei den Produkten stärker berücksichtigt werden muss.

Ebenfalls zu den Einigungen des EU-Rates äußert sich der Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW). Er begrüßt die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich der Retail Investment Strategy der EU. Man habe sich auf eine Klarstellung geeinigt, die besagt, dass deutsche Versicherungsmakler nicht unter ein Provisionsverbot fallen. „Damit hat nach dem Europäischen Parlament nun auch der Rat der EU eine entsprechende Formulierung in die politische Diskussion eingebracht, die deutlich macht, dass Versicherungsmakler nicht von einem Provisionsverbot betroffen wären. Die Zeichen stehen daher gut, dass sich diese Klarstellung auch im endgültigen Text der Retail Investment Strategy nach den sogenannten Trilog-Verhandlungen wiederfinden wird“, erklärt Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW.

In Sack und Tüten ist die Strategie noch nicht. Die anstehenden Trilog-Verhandlungen umfassen das EU-Parlament, den Rat der EU und die EU-Kommission. Beide, das Parlament und der Rat, müssen sich auf einen gemeinsamen Text einigen. Die EU-Kommission wird diesen Prozess unterstützen, sobald das neu gewählte Europäische Parlament im September 2024 seine Verhandlungsführer benannt hat. Schließlich wird das EU-Parlament die Retail Investment Strategy endgültig beschließen.