Ein weiteres Problem bezieht sich darauf, wer die Lehrmaterialien für ein Schulfach „Wirtschaft“ entwickeln und anbieten soll. Auch weil das Geld in vielen Schulen knapp ist, greifen sie auf Bildungsangebote von Banken und Finanzdienstleistern zurück. Als Beispiel nennt das „Handelsblatt“ das Inkassounternehmen EOS. Über seine Stiftung „Finlit Foundation“ biete es zwei Bildungsprogramme an - konkret ManoMeter, das „Finanzen kinderleicht“ verspricht, und OhMoney mit dem Slogan „Finanzensicher durchstarten“.
Doch EOS steht selbst in der Kritik. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine Musterfeststellungsklage gegen den Inkassodienstleister angestrengt, der sich über 700 Personen angeschlossen haben. Das Inkassounternehmen gehört zum Otto Konzern. Aus Sicht des vzbv erzeugt EOS künstlich überzogene Inkassokosten, indem zwei Unternehmenstöchter (EOS Investment GmbH und EOS Deutscher Inkasso-Dienst GmbH) sich gegenseitig mit der Eintreibung von Forderungen beauftragen und so quasi doppelt abkassieren. Die Klage konnte vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (OLG) einen Teilerfolg erzielen. Am 15. Juni 2023 entschied das Gericht, dass es sich bei der Schadensposition, die die EOS Investment GmbH für die Beauftragung des EOS DID verlangt, um einen rein fiktiven Schaden handelt. Der Streit ist noch nicht rechtskräftig entschieden.
Drängen solche Anbieter in die Schulen, stellt sich die Frage nach Interessenkonflikten. Das „Handelsblatt“ zitiert den Verhaltensökonomen Hartmut Walz, wonach das Angebot von EOS „Reputation-Washing“ sei: also eine Maßnahme, den eigenen Ruf aufzubessern. Die Stiftung des Inkassoanbieters erinnere ihn an die Imagewerbung der Tabakindustrie mit Gesundheitsprogrammen, erklärt Walz dem Blatt. Demgegenüber argumentiert das Inkassounternehmen, es wolle Schülerinnen und Schüler für das Thema der Überschuldung sensibilisieren - sie sei "sowohl gesellschaftlich als auch für unser Geschäftsmodell ein Problem".
Solche externen Bildungsdienstleister mit einem vermeintlichen Eigeninteresse sind keine Seltenheit. Das „Handelsblatt“ beruft sich auf eine unveröffentlichte Studie von Anja Bofig, Juniorprofessorin an der Hochschule Schwäbisch Gmünd. Demnach stammen 17 Prozent der kostenlos verfügbaren Bildungsmaterialien von Banken und Finanzdienstleistern, weitere 13 Prozent von Stiftungen - hinter denen sich auch oft Unternehmen verstecken. Experte Walz warnt davor, dass die Unternehmen mit ihren Angeboten indirekt Eigenwerbung betreiben, einseitige Informationen streuen oder versuchen, schon im jungen Alter Schülerinnen und Schüler an ihre Marke zu binden - das würde der Finanzbildung eher entgegen laufen.