Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und geht in seiner aktuellen Stellungnahme hart mit der BVI-Studie ins Gericht. Der Vorwurf lautet, die Fondsanbieter rechneten mit allzu optimistischen Zahlen und Annahmen, um die Sicherheit des Fonds-Investments als Altersvorsorgeinstrument zu beschönigen.
„Grundsätzlich sind die BVI-Berechnungen äußerst problematisch, weil sie auf sehr optimistischen, zum Teil auch falschen Annahmen bezüglich der Sterblichkeit sowie des Kapitalmarktes beruhen“, wird GDV-Präsident Norbert Rollinger in einem Pressestatement des Versichererverbandes zitiert. „Die Annahmen gehen sowohl an der Wirtschafts- als auch an der Lebensrealität vorbei. Wenn sich ältere Menschen darauf verlassen, stehen sie womöglich ohne Zusatz-Rente da“, ergänzt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Konkret erhebt der GDV fünf Kritikpunkte an der Studie:
- Unrealistische Annahmen zur Sterblichkeit: Die Studie basiere auf einer verkürzten Lebenserwartung und verwende Sterblichkeitsraten aus der Coronaphase, obwohl die Lebenserwartung laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zuletzt um etwa 0,4 Jahre gestiegen sei, moniert der GDV. Die verwendete statistische Sterbewahrscheinlichkeit berücksichtige zudem nicht, dass die Lebenserwartung aufgrund des medizinischen Fortschritts noch weiter ansteigen werde.
- Optimistische Annahmen zu Kapitalmarktrenditen: Die BVI-Studie gehe von überdurchschnittlich hohen jährlichen Renditen aus, insbesondere für deutsche Staatsanleihen (REXP ca. 4,5 Prozent) und Aktien (DAX ca. 9,3 Prozent). Diese Annahmen seien laut GDV sehr optimistisch und nicht repräsentativ für die Zukunft.
- Irreführende Darstellung der „Fondsrente“: Der in der BVI-Studie verwendete Begriff „Fondsrente“ sei irreführend, kritisiert der GDV, da es sich in Wirklichkeit um einen Fonds-Auszahlplan handele, der im Gegensatz zu einer „echten“ Altersrente keine lebenslange Garantie biete.
- Falsche Sicherheit bei der Geldverfügbarkeit: Die BVI-Studie suggeriere, dass das Geld in über 95,7 Prozent der Fälle bis zum Lebensende reiche. "Das stimmt so nicht, denn: Zwei Drittel der Frauen und mehr als die Hälfte der Männer dürfen damit rechnen, in Zukunft das Alter von 85 deutlich zu überschreiten. Dann reicht ein Auszahlungsplan nicht aus, um die Lücken aus der gesetzlichen Rente zu schließen. Wichtig ist daher eine lebenslange Rente, die das Einkommen auch im hohen Alter sichert", positioniert sich Katja de la Viña, CEO der Allianz Leben und Vorsitzende des GDV-Präsidialausschusses Altersvorsorge.
- Unterschätzung der Bedeutung lebenslanger Renten: Der GDV kritisiert, dass die Bedeutung von lebenslangen Renten und Mindestgarantien in den Reformplänen für die private Altersvorsorge unterschätzt werde, obwohl dies zentral für die finanzielle Sicherheit im hohen Alter sei.
Doch die Versicherer werden sich auf neue Konkurrenz einstellen müssen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat angekündigt, zukünftig auch das Investment in Fonds oder andere geeignete Anlageklassen ohne Beitragserhaltgarantie staatlich fördern zu wollen. Das sehen die Pläne für ein sogenanntes Altersvorsorgedepot vor. Mit Lindners neuem Gesetz kündigt sich ein Paradigmenwechsel in der privaten Altersvorsorge an: Damit wird der Zwang aufgehoben, das angesparte Kapital zu verrenten und eine lebenslange Rente zu garantieren.