Was geschieht mit der bAV im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers? Diese Frage klärt Anja Sprick, Justiziarin bei der Longial GmbH, im Gastbeitrag für Versicherungsbote.
Für viele Fälle hat der Gesetzgeber mit dem Betriebsrentengesetz (BetrAVG) dafür gesorgt, dass Anwartschaften und Ansprüche von Versorgungsberechtigten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers geschützt sind und nicht ersatzlos verfallen. Doch der gesetzliche Schutz hat auch Grenzen.
Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung – also für Verpflichtungen gegenüber Personen, die unter den persönlichen Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) fallen, ist der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG). Sein ausschließlicher Zweck ist die Gewährleistung der betrieblichen Altersversorgung für den Fall der Insolvenz eines Arbeitgebers, soweit die von ihm eingegangenen Dienstverhältnisse dem Geltungsbereich des Arbeitsrechts der Bundesrepublik Deutschland unterfallen, und für die im luxemburgischen Gesetz über die betrieblichen Zusatzrentenregelungen aufgeführten Sicherungsfälle. Bei der Umsetzung dieser Aufgabe ist er an die Vorschriften des BetrAVG gebunden. Er übernimmt im Falle einer Unternehmensinsolvenz zum einen die Versorgung aller Leistungsempfänger, die bereits einen Anspruch auf eine laufende Betriebsrente haben (Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidenrentner). Zum anderen übernimmt er die gegenüber Anwärtern bestehenden Verpflichtungen, soweit im Zeitpunkt der Insolvenz eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft besteht. Der PSVaG sichert also nicht solche aufrechtzuerhaltenden Anwartschaften, die lediglich vertraglich unverfallbar sind.
Der Insolvenzschutz ist dabei abhängig vom Durchführungsweg. Er wird im BetrAVG im Detail beschrieben (vgl. §§ 7 ff. BetrAVG). So sind Ansprüche und unverfallbare Leistungen aus folgenden Zusagen durch den PSVaG geschützt:
- Direkt-/Pensionszusagen des Arbeitgebers (= unmittelbare Versorgungszusagen),
- Direktversicherungen nur, wenn das Bezugsrecht widerruflich ist oder wenn bei unwiderruflichem Bezugsrecht die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber abgetreten oder beliehen sind. In allen anderen Fällen hielt der Gesetzgeber eine Insolvenzsicherung durch das BetrAVG für nicht geboten, weil die Bonität des Lebensversicherers aufgrund der staatlichen Aufsicht hoch ist und weil den Berechtigten die Versorgungsmittel wegen ihres unwiderruflichen Bezugsrechts bei einer Insolvenz des Unternehmens nicht entzogen werden können.
- Pensionskassen nur, wenn diese nicht dem gesetzlichen Sicherungsfonds nach dem Dritten Teil des Versicherungsaufsichtsgesetz angehören und auch nicht in Form einer gemeinsamen Einrichtung nach § 4 Tarifvertragsgesetz organisiert sind; der gesetzliche Insolvenzschutz der §§ 7 ff. BetrAVG wird also nur gewährt, wenn es sich um eine regulierte Pensionskasse handelt.
- Pensionsfonds; dies gilt selbst dann, wenn der Pensionsfonds seine Versorgungsmittel versicherungsförmig anlegt und daher im Ergebnis die gleiche Sicherheit wie ein Versicherer bietet.
- Unterstützungskassen; dies gilt selbst dann, wenn sich diese kongruent rückdecken.
Der gesetzliche Insolvenzschutz greift dabei allein bei solchen Zusagen, die eine Leistung in Aussicht stellen (echte Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage und Beitragszusage mit Mindestleistung). Reine Beitragszusagen sind vom gesetzlichen Insolvenzschutz ausdrücklich ausgenommen.
Soweit bestimmte Personengruppen nicht vom gesetzlichen Insolvenzschutz erfasst sind, bedarf es hier vertraglicher Sicherungsmechanismen. Dazu zählen Personen, die nicht unter den Geltungsbereich des BetrAVG fallen - wie beispielsweise beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer oder beherrschende Vorstände einer Aktiengesellschaft.
Besonderheiten und die Rolle des PSVaG
Besonderheiten hinsichtlich des Insolvenzschutzes ergeben sich ferner, wenn eine Person, die zunächst als Arbeitnehmer dem gesetzlichen Insolvenzschutz unterlag, später als beherrschender Gesellschafter geschäftsführend fungiert. Bei einem derartigen Statuswechsel kann nur der Teil der Versorgung insolvenzgeschützt sein, der auf die Tätigkeit als Arbeitnehmer bzw. geschützte Person nach § 17 Abs. 1 BetrAVG entfällt. Der Teil, der hingegen auf einer Tätigkeit als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer beruht, ist nicht gesetzlich geschützt und kann gegen Insolvenz nur durch eine vertragliche Vereinbarung geschützt werden.
Der PSVaG sichert zudem Leistungen nur bis zu einer bestimmten Höhe. Die Sicherung von laufenden Versorgungsleistungen ist nach § 7 Abs. 3 BetrAVG auf das dreifache der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV beschränkt. Für das Jahr 2024 sind das 10.605 Euro bzw. 10.395 Euro monatlich in den alten bzw. neuen Bundesländern. Für darüberhinausgehende Ansprüche würde es dann ebenfalls einer vertraglichen Insolvenzsicherung bedürfen.
Beliebte vertragliche Sicherungsinstrumente sind hier die verpfändete Rückdeckungsversicherung oder das sog. Contractual Trust Arrangement, wobei bei letzterem besonderes Augenmerk auf die rechtssichere Gestattung zu legen ist.
Im Versorgungsfall zahlt der PSVaG an die ehemaligen Arbeitnehmer bzw. deren Hinterbliebene die gesicherte betriebliche Altersversorgung aus. Vom PSVaG in Rentenform zu erbringende Leistungen unterliegen dabei nicht der Rentenanpassung nach § 16 Abs. 1, 2 BetrAVG. Das heißt, dass das der PSVaG nicht per Gesetz zu einer Erhöhung laufender Leistungen – z. B. für einen Inflationsausgleich - verpflichtet ist. Wenn aber die Versorgungszusage vertragliche Regelungen zu Rentenerhöhungen vorsieht, die von der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers unabhängig sind, muss der PSVaG auch solche Erhöhungen schützen. Ein derartiges Anpassungsversprechen wäre beispielsweise die Zusage auf eine Rentenanpassung in Höhe eines festen jährlichen Prozentsatzes.
Neu im BetrAVG ist seit 2018 die Regelung, dass von einer Insolvenz betroffene Arbeitnehmer mit kongruent rückgedeckten Versorgungszusagen sich entscheiden können, ob der PSVaG ihre Versorgung übernimmt oder ob sie alternativ die für sie abgeschlossene Rückdeckungsversicherung selbst fortführen wollen (vgl. § 8 Abs.2 BetrAVG). Entscheiden sie sich für eine Fortführung, können sie den Aufbau ihrer Altersversorgung privat fortsetzen und diese dann ggf. noch auf einen neuen Arbeitgeber übertragen.
Fazit: Auch wenn Arbeitgeber naturgemäß nicht gern Gedanken an eine mögliche Insolvenz verschwenden, sollten sie deren mögliche Auswirkungen rechtzeitig prüfen. Denn mangelt es an einer vertraglichen Sicherung von Zusagen, die nicht oder nur teilweise gesetzlich geschützt sind, kann der Schaden beträchtlich sein. Es gilt also, etwaige Lücken der gesetzlichen Sicherung frühzeitig zu identifizieren und im Zweifel vertragliche Maßnahmen für eine Sicherung zu ergreifen.