Altersvorsorge: „Frauen fällt es leichter, sich Frauen anzuvertrauen.“

Quelle: @Cornelia Frankenberg

Welche Ansätze verwenden Sie, um Frauen über die langfristigen Risiken einer unzureichenden Altersvorsorge aufzuklären?

Die meisten Frauen sind dahingehend bereits aufgeklärt und sich der Risiken bewusst, verdrängen das Thema aber. Ich erzähle gerne von Beispielen meiner Elterngeneration, in denen Frauen sich nicht aus unglücklichen Beziehungen lösen können, weil das eigene Einkommen nicht zum Überleben reicht. Die meisten Frauen kennen auch solche Beispiele. Außerdem nutze ich ein Analysetool, welches umfassend die aktuelle und zukünftige Einkommenssituation darstellt. Die aufgezeigten Lücken sind für alle sehr eindrücklich – vor allem, wenn man die Inflation einrechnet.

Wie nehmen Frauen Ihrer Erfahrung nach staatlich geförderte Produkte wie die Riester-Rente an, und welche Empfehlungen geben Sie in diesem Bereich?

Staatliche Förderung ist immer ein Teil des Beratungsprozesses. Dazu gehört neben Riester ja auch die Basisrente und die betriebliche Altersvorsorge. Alle geförderten Produkte bergen auch Nachteile, und die müssen abgewogen werden.

Die Riesterrente hat aktuell den großen Nachteil der 100-Prozent-Beitragsgarantie. Das kostet Rendite. Daher empfehle ich das, wenn es zur Anlagementalität meiner Kundinnen passt oder wenn es allein durch die zu erwartenden Zulagen rentabel wird (meist ab ein bis zwei Kindern). Leider wurde die Riesterrente in den letzten Jahren sehr verunglimpft. Daher haben viele Kundinnen Vorbehalte. In einem gut geplanten Altersvorsorge-Portfolio für eine Frau mit Kindern findet die Riesterrente jedoch meist ihren Platz.

Welche spezifischen Altersvorsorgeprodukte oder Strategien empfehlen Sie Frauen, die nach einer Scheidung oder Trennung eigenständig vorsorgen müssen?

Das kommt wiederum ganz auf den persönlichen Fall an. Nach dem Abschluss des Versorgungsausgleichs wird eine neue Altersvorsorge-Analyse notwendig. In dieser werden die bestehenden Ansprüche aufgenommen sowie die gewünschte Rentenhöhe. Unter Einbeziehung der Inflation und der persönlichen Wünsche und Anlagementalität der Kundin wird eine Strategie festgelegt.

Die genaue Empfehlung hängt auch davon ab, wie weit es die Frau noch bis zur Rente hat und wie groß die Lücke ist. Die Realität zeigt leider, dass oft wenig Vorsorge getroffen wurde und wenig Kapazitäten für weitere Vorsorge besteht. Es wäre aber unseriös, an dieser Stelle ein konkretes Produkt zu nennen, da jede Frau unterschiedliche Voraussetzungen mitbringt.

Doch eine grundlegende, produktunabhängige Empfehlung spreche ich aus – nämlich eher einen Netto- statt einen Courtagetarif zu wählen, da in diesen durch die ausgelagerte Vermittlungsprovision der Kapitalaufbau schneller in Fahrt kommt.

Was sind aus Ihrer Sicht die dringendsten Maßnahmen, die die Versicherungsbranche ergreifen sollte, um Frauen eine gerechtere und attraktivere Altersvorsorge zu bieten?

Die dringendste Maßnahme ist meines Erachtens Aufklärung. Und zwar nicht nur bei den Frauen, sondern auch bei den Männern. Dazu müssen auch die Vermittler geschult werden. Und das Thema sollte Einzug in den Ausbildungskanon halten.

Noch immer ist das Gros der Vermittler männlich. Und nicht jede Frau hat Zugang zu einer weiblichen Vermittlerin. Daher müssen auch die männlichen Vermittler das Thema ansprechen.

Die Produkte am Markt können entsprechende Lösungen bereits abbilden, man muss sie nur richtig einsetzen. Auch muss die Branche attraktiver für weibliche Vermittlerinnen werden. Im Innendienst sind diese ja schon stark vertreten, doch im Vertrieb fehlt es an weiblichen Vorbildern. Hier darf ein bisschen mehr geworben werden. Denn abseits vom möglichen Risiko einer Selbständigkeit lockt die Flexibilität und das ortsunabhängige Arbeiten, was vor allem für Frauen mit Kindern ein echter Bonus ist.

Der dritte Ansatzpunkt ist außerhalb der Kernfamilie bei den Arbeitsstellen der Kundinnen. Eine bezuschusste und geförderte betriebliche Altersvorsorge kann für viele Frauen den Grundstein legen, ohne dass sie selbst viel dafür tun müssen.