Gesetzentwurf soll Betriebsrenten stärken: Ein zweiter Anlauf für bessere Altersvorsorge

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Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das „Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz“ verabschiedet, und dieser befindet sich nun im parlamentarischen Prozess. Das Gesetz soll die betriebliche Altersversorgung (bAV) stärken und bestehende Lücken, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), schließen. Versicherungsbote gibt einen Überblick über geplante Änderungen.

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) spielt in Deutschland eine wichtige Rolle für die Altersvorsorge, erreicht jedoch nicht die gewünschte Verbreitung: Bislang nutzen nur etwa 54 Prozent der Beschäftigten eine Betriebsrente. Besonders bei KMU und Geringverdienenden besteht Nachholbedarf. Die Einführung des Sozialpartnermodells durch das Erste Betriebsrentenstärkungsgesetz sollte 2018 bereits eine Verbesserung bringen, stieß jedoch auf geringe Resonanz. Die Ampel-Regierung möchte nun mit dem Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz gezielt nachsteuern.

Nach dem Kabinettsbeschluss folgt nun der parlamentarische Prozess, in dem unter anderem Stellungnahmen von Experten und Verbänden berücksichtigt werden. Versicherungsbote stellt die Kernpunkte der Reform vor und erklärt, wie diese die Betriebsrenten stärken sollen.

Erweiterung des Sozialpartnermodells für mehr Arbeitgeber

Das Sozialpartnermodell (SPM), eingeführt mit dem ersten Betriebsrentenstärkungsgesetz von 2018, erlaubt tarifgebundenen Unternehmen, eine betriebliche Altersversorgung ohne klassische Leistungsgarantie einzuführen. Dabei soll das Risiko durch eine "reine Beitragszusage" auf den Arbeitnehmer übergehen und Arbeitgebern so mehr finanzielle Flexibilität bieten. Jedoch wird das Modell nur in wenigen Branchen genutzt, da es meist tarifgebundenen Unternehmen vorbehalten ist und damit vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) verschlossen bleibt.

Der neue Gesetzentwurf sieht vor, das Sozialpartnermodell auch für Unternehmen ohne Tarifbindung zugänglich zu machen. Diese Erweiterung könnte KMU die Möglichkeit geben, ihre Belegschaft durch eine betriebliche Altersvorsorge zu unterstützen, ohne dass sie eigene, oft teure Tarifverhandlungen führen müssen. Besonders kleinere Unternehmen ohne Tarifbindung sind oft finanziell weniger stabil und scheuen die zusätzlichen Kosten und Risiken, die mit der Einführung einer Betriebsrente verbunden sein können.

Um das finanzielle Problem zu adressieren, bleibt die Beitragszusage im SPM weiterhin garantiert. Dennoch wird erwartet, dass der Beitrag bezuschusst wird, was den KMU eine faire Grundlage bieten soll, ohne finanziell überlastet zu werden. Arbeitgeber, die sich einem bestehenden Sozialpartnermodell anschließen, könnten von verbesserten Konditionen und einem geringeren Risiko profitieren. Dies schafft eine Art "Rahmenlösung" und soll dazu führen, dass die finanziellen Hürden sinken, da KMU sich bestehenden, bereits etablierten Modellen anschließen und die Organisations- und Verwaltungskosten damit auf mehrere Unternehmen verteilt werden.

Der GDV fordert in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf dennoch eine klare Regelung der Finanzierungsstruktur und weist darauf hin, dass die Kosten für Arbeitgeber fair kalkuliert und überschaubar bleiben müssen, um eine weitreichende Verbreitung zu fördern.

Automatisierte Entgeltumwandlung: Flexibilität für KMU und Anreize für Arbeitnehmer

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzesentwurfs liegt auf der automatisierten Entgeltumwandlung, die durch ein Opting-Out-System auch für Unternehmen ohne Tarifbindung nutzbar gemacht werden soll (allerdings nicht allgemein gesetzlich verpflichtend, sondern als Option auf Betriebsebene). Diese Maßnahme zielt darauf ab, eine betriebliche Altersversorgung standardmäßig einzuführen, bei der Arbeitnehmer automatisch einen Teil ihres Gehalts umwandeln, um eine Betriebsrente aufzubauen. Wer dies nicht wünscht, kann aktiv widersprechen.

Aktuell bieten viele KMU keine betriebliche Altersvorsorge an, da die Hürden ohne Tarifbindung als zu hoch angesehen werden und die Kosten für Zusatzangebote die Unternehmen finanziell belasten können. Auch das organisatorische Know-how und die verwaltungsbedingten Ressourcen fehlen oft. Ein Opting-Out-Ansatz könnte den Zugang zur Betriebsrente für KMU erleichtern, da die betriebliche Altersversorgung so standardmäßig implementiert wird, ohne dass jedes Unternehmen ein eigenes Modell erarbeiten muss.

Um die Entgeltumwandlung attraktiver zu gestalten, sieht der Gesetzentwurf außerdem vor, dass Arbeitgeber mindestens 20 Prozent des umgewandelten Betrags als Zuschuss leisten müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass die betriebliche Altersvorsorge durch eine solide Unterstützung seitens des Arbeitgebers ergänzt wird. Gerade KMU könnten so auf betrieblicher Ebene leichter tätig werden, ohne tarifliche Hürden zu überwinden, und Arbeitnehmer könnten von einem flexiblen Altersvorsorgemodell profitieren.

Der GDV begrüßt diesen Schritt und sieht darin einen entscheidenden Anreiz, der insbesondere für nicht tarifgebundene Unternehmen „mehr Handlungsspielräume“ schafft und sie dazu motivieren könnte, das Angebot einer Betriebsrente einzuführen.

Flexiblere Kapitalanlageregeln: Mehr Renditechancen für die Betriebsrente

Ein zentraler Punkt des neuen Gesetzentwurfs ist die Lockerung der Kapitalanlageregeln, um die Renditechancen in der betrieblichen Altersversorgung zu erhöhen. Bisher sind Pensionskassen und -fonds, die die Beiträge der bAV verwalten, an strenge, risikoarme Anlagerichtlinien gebunden. Diese konservativen Anlageformen sollten die Sicherheit der Rentenansprüche gewährleisten, jedoch haben sie in den vergangenen Jahren zunehmend an Attraktivität verloren, da niedrige Zinsen und sichere Anlagen oft nur geringe Renditen abwerfen.

Die geplante Änderung sieht vor, dass Pensionskassen und Pensionsfonds künftig mehr Freiheit erhalten, um in renditestärkere Anlageformen wie Infrastrukturprojekte zu investieren (z.B. durch Anhebung der Risikokapitalanlagequote). Dadurch sollen höhere Erträge ermöglicht werden, die die Rentabilität der Betriebsrente erhöhen und sie zu einem attraktiveren Baustein der Altersvorsorge machen.

Der GDV unterstützt diese Flexibilisierung, verweist jedoch auf die Notwendigkeit, die Beitragsgarantie abzusenken, um tatsächlich von diesen renditestärkeren Anlagen profitieren zu können. Konkret fordert der Verband eine Senkung der Bruttobeitragsgarantie von 100 auf 80 Prozent, um bAV-Anbietern mehr Spielraum für offensive Anlagestrategien zu geben, ohne die Sicherheit der Betriebsrenten grundlegend zu gefährden. Eine solche Absenkung würde es den Anbietern ermöglichen, auch in stärker schwankende, jedoch oft rentablere Anlagen zu investieren.

Digitalisierung der Verwaltung: Effizienzsteigerung beim Pensions-Sicherungs-Verein

Ein weiterer Schwerpunkt des „Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes“ liegt auf der Modernisierung der bAV-Verwaltung durch digitale Prozesse, insbesondere beim Pensions-Sicherungs-Verein (PSV). Der PSV ist eine zentrale Institution in der betrieblichen Altersversorgung, da er die Rentenansprüche der Beschäftigten absichert, falls ein Unternehmen insolvent wird. Bisher sind viele der Verwaltungsprozesse des PSV jedoch papierbasiert, was die Bearbeitung verlangsamt und die Kommunikation zwischen Arbeitgebern und dem PSV erschwert.

Mit der geplanten Digitalisierung sollen die Verwaltungsabläufe effizienter gestaltet werden. Beitragsbescheide, Leistungsabrechnungen und Anträge auf Insolvenzschutz sollen künftig digital bearbeitet werden können. Durch diese Modernisierung der Verwaltungsprozesse soll die Abwicklung der Ansprüche beschleunigt und die Transparenz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhöht werden.

Der GDV unterstützt diesen Schritt und hebt hervor, dass die Digitalisierung der Verwaltung ein wichtiger Bestandteil zur Optimierung der Betriebsrenten ist. Besonders in Hinblick auf die Ansprüche von Arbeitnehmern im Insolvenzfall ist ein schneller Zugang zu Informationen entscheidend, und durch digitale Prozesse könnten Unternehmen und Versicherte schneller über die relevanten Schritte informiert werden.

Gezielte Förderung für Geringverdienende: Einkommensgrenze anpassen und dynamisieren

Ein weiterer Kernpunkt des neuen Gesetzes ist die Förderung von Geringverdienenden, die oft nur eingeschränkt Zugang zur bAV haben. Die bisherige Förderregelung für Geringverdiener bleibt oft ohne Wirkung, da sie von festen Einkommensgrenzen abhängig ist. Eine geringfügige Gehaltssteigerung kann bereits dazu führen, dass Beschäftigte die Fördergrenze überschreiten und so ihren Anspruch verlieren. Dieses Problem wird als ein Grund dafür gesehen, dass die betriebliche Altersversorgung bei Geringverdienern bislang unterdurchschnittlich verbreitet ist.

Der Gesetzentwurf schlägt daher vor, die Einkommensgrenze an die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze der Sozialversicherung zu koppeln. Dadurch würde sie dynamisch an die Entwicklung der Löhne und Gehälter angepasst. Damit soll verhindert werden, dass Geringverdienende aufgrund von Lohnerhöhungen den Anspruch auf Förderung verlieren, auch wenn ihre Kaufkraft kaum gestiegen ist.

Der GDV sieht in dieser Maßnahme einen sinnvollen Schritt, fordert jedoch darüber hinaus, auch die Förderbeträge selbst dynamisch anzupassen, um inflationsbedingte Verluste auszugleichen. Nur so könnte langfristig eine spürbare Unterstützung gewährleistet werden, die eine betriebliche Altersversorgung auch für Geringverdiener attraktiv macht.

Gesetzentwurf und Stellungnahmen auf der Webseite des Bundes

Mit diesen Maßnahmen hofft die Bundesregierung, die Verbreitung der Betriebsrente zu erhöhen und auch Bevölkerungsgruppen besser abzusichern, die bisher wenig Zugang zur bAV haben. Der Gesetzentwurf ist auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verfügbar, ebenso die Stellungnahmen der Verbände.