Welche Berufsunfähigkeitsversicherer bieten langfristige Stabilität? Der neue MAP-Report liefert wertvolle Antworten – jedoch erfüllen viele Anbieter aufgrund mangelnder Transparenz nicht die Voraussetzungen für eine vollständige Bewertung. Versicherungsbote präsentiert die Ergebnisse.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt ein essenzielles Produkt zur Absicherung der Arbeitskraft. Doch nicht nur Preis und Leistungsumfang bestimmen die Qualität eines Tarifs – ebenso entscheidend ist die finanzielle Stabilität des Versicherers. Unternehmen, die solide wirtschaften, können langfristig verlässliche Konditionen bieten und ihre Kunden besser vor unerwarteten Prämiensteigerungen schützen. Doch welche Anbieter kalkulieren nachhaltig? Wo bleiben die Beiträge stabil – und wo könnten finanzielle Risiken lauern? Diesen Fragen hat sich erneut der traditionsreiche MAP-Report gewidmet – und präsentiert unter der beachtlichen Nummer 938 die Antworten.
Das Rating ist bewusst als Teilrating angelegt und konzentriert sich ausschließlich auf die wirtschaftliche Stabilität der Versicherer. Andere Aspekte, etwa die Leistungsregulierung, werden in separaten Untersuchungen über das Jahr hinweg analysiert. Ziel der Auswertung ist es, anhand objektiver Kennzahlen herauszuarbeiten, welche Anbieter finanziell solide aufgestellt sind und langfristig stabile Bedingungen bieten können.
Doch erneut zeigt sich ein altbekanntes Problem, mit dem der MAP-Report seit Jahren zu kämpfen hat: Viele Versicherer legen nicht alle relevanten Zahlen offen. In diesem Jahr fehlen bei 16 der insgesamt 55 getesteten Unternehmen so viele Daten, dass sie nicht bewertet werden konnten. Transparenz bleibt damit eine Herausforderung – und für Makler wie Kunden bedeutet dies eine zusätzliche Unsicherheit bei der Einschätzung der langfristigen Stabilität.
MAP-Report 938: was wurde gemacht?
Die Untersuchung basiert auf einer Kombination aus öffentlich zugänglichen Finanzdaten und von den Versicherern bereitgestellten Informationen. Während grundlegende Kennzahlen aus Geschäftsberichten, Solvabilitätsberichten und weiteren Marktquellen entnommen wurden, sind zentrale Bewertungsgrößen nicht öffentlich zugänglich und müssen von den Unternehmen selbst offengelegt werden. Doch nicht alle Versicherer waren dazu bereit.
Trotz dieser Einschränkungen ermöglicht das Rating eine fundierte Einordnung der wirtschaftlichen Stabilität vieler BU-Versicherer. Die Bewertung basiert auf drei zentralen Bereichen, die jeweils eine festgelegte Gewichtung haben.
Stabilität der Geschäftsentwicklung (max. 30 Punkte)
Bewertet wird, wie nachhaltig ein Versicherer wirtschaftet und ob die Kalkulation langfristig tragfähig ist. Entscheidende Faktoren sind die Schadenquote gemäß BaFin Nw 218, die zeigt, welcher Anteil der Beiträge für Leistungszahlungen verwendet wird, sowie die Risikogewinne bzw. Risikoüberschüsse, die ein Indikator dafür sind, ob ein Versicherer nachhaltige Erträge erzielt. Eine zu niedrige Schadenquote könnte auf eine restriktive Leistungsprüfung hindeuten, während eine hohe Quote ein Zeichen für großzügige Regulierung oder unzureichende Kalkulation sein kann. Zudem werden die Anpassungen laufender Überschüsse und Boni analysiert – sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in der Höhe.
Finanzkraft des Unternehmens (max. 40 Punkte)
Hier wird analysiert, ob ein Versicherer über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um langfristige Verpflichtungen zu erfüllen. Eine zentrale Rolle spielt die Solvabilitätsquote, die angibt, ob genügend Eigenkapital vorhanden ist, um auch in Krisenzeiten stabil zu bleiben. Ergänzend fließen die Sicherheitsmittel, die Gesamtreserve sowie die Rechnungszinsbelastung und -anforderung in die Bewertung ein. Darüber hinaus werden Kennzahlen wie die Nettoverzinsung und Ertragsquote analysiert, um die Ertragskraft des Versicherers aus Kapitalanlagen zu bewerten. Auch die Verwaltungskosten und Abschlusskosten spielen eine Rolle, da hohe Kosten langfristig die wirtschaftliche Stabilität beeinträchtigen können.
Ein weiterer Aspekt ist das Wachstum der verdienten Bruttobeiträge sowie das Annual Premium Equivalent (APE), das Hinweise darauf gibt, ob ein Versicherer langfristig neue Kunden gewinnt und stabile Beiträge erwirtschaftet. Zudem wird untersucht, ob Unternehmen Mittel in ihre Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB-Zuführung) einfließen lassen, was eine gewisse finanzielle Flexibilität schafft.
Beitragsstabilität (max. 30 Punkte)
Für Bestandskunden zählt, ob die Prämien langfristig stabil bleiben oder es zu häufigen Anpassungen kommt. Bewertet wird die Abweichung zwischen Brutto- und Nettoprämie für verschiedene Berufsgruppen, darunter Bankkaufleute, Handwerker und Akademiker. Zudem fließen die Höhe möglicher Dynamikvereinbarungen und Rentensteigerungen in die Bewertung ein, da sie die langfristige Beitragsentwicklung beeinflussen.
Ein weiterer Faktor ist die Kalkulationssicherheit, also die Frage, wie oft Nachkalkulationen vorgenommen wurden und ob bereits in der Vergangenheit Korrekturen an den Prämienstrukturen nötig waren. Versicherer mit stabiler Beitragsentwicklung schneiden hier besser ab als solche, die über die Jahre hinweg mehrfach nachbessern mussten. Zudem wird untersucht, ob bestimmte Berufsgruppen – etwa Akademiker, Handwerker oder kaufmännische Angestellte – überproportional von Prämienanpassungen betroffen waren. Dies gibt Aufschluss darüber, ob einzelne Gruppen höheren Risiken ausgesetzt sind oder ob die Kalkulation insgesamt ausgewogen ist.
Wie benotet wurde
Die Versicherer erhielten – abhängig von ihrer erreichten Punktzahl – eine der folgenden Bewertungen:
- FFF+ (Auszeichnung): Ab 90 Punkten – herausragende Stabilität und volle Transparenz.
- mmm+ (hervorragend): Ab 85 Punkten – sehr hohe Stabilität, aber mit Einschränkungen bei der Offenlegung von Daten.
- mmm (sehr gut): Ab 75 Punkten – insgesamt starke Gesamtleistung mit kleineren Schwächen.
- mm (gut): Ab 65 Punkten – solide, aber mit Defiziten in einigen Bereichen.
- m (befriedigend): Ab 50 Punkten – grundlegende Anforderungen erfüllt, aber auch deutliche Schwächen vorhanden.
- m- (ausreichend): Wurde im aktuellen Report nicht vergeben.
- o.W. (ohne Wertung): Keine ausreichenden Daten – deutliche Transparenzmängel.
Die höchste Wertung FFF+ wird nur an Versicherer vergeben, die sowohl finanziell stabil als auch besonders transparent sind. Interessanterweise haben einige Unternehmen mit der zweithöchsten Note mmm+ (hervorragend) sogar mehr Punkte erzielt als Versicherer mit der Bestnote. Der Grund: FFF+ erfordert nicht nur wirtschaftliche Stabilität, sondern auch die vollständige Offenlegung aller relevanten Daten. Ein Versicherer kann also in der Gesamtbewertung sehr gut abschneiden, aber aufgrund einzelner fehlender Angaben dennoch nicht die höchste Auszeichnung erhalten.
Am anderen Ende der Skala steht die niedrigste Bewertung „ohne Wertung“ (o.W.). Sie ist jedoch nicht zwangsläufig ein Hinweis auf eine schwache finanzielle Lage – vielmehr fehlt eine belastbare Datengrundlage für eine fundierte Beurteilung. Dennoch wird sie von den Testern als schlechtestes Ergebnis gewertet, da sie auf ein erhebliches Transparenzdefizit hinweist.
Die Ergebnisse: Gewinner und Verlierer des Ratings
Wie aber schnitt das Gesamtfeld ab? Von insgesamt 55 getesteten BU-Versicherern erhielten vier Unternehmen die Bestnote FFF+ – eine Auszeichnung für herausragende Stabilität und Transparenz. Darüber hinaus erzielten drei Unternehmen die Note „hervorragend“ (mmm+) und 26 Unternehmen wurden mit „sehr gut“ (mmm) bewertet. Eine insgesamt sehr gute Leistung, wenn auch mit kleineren Schwächen.
Im unteren Bereich der Skala erhielten vier Unternehmen die Bewertung „gut“ (mm) und zwei Unternehmen die Note „befriedigend“ (m). Für 16 Unternehmen konnte keine Wertung ("o.W.") vorgenommen werden – ein klares Zeichen für den weiterhin bestehenden Mangel an Transparenz in der Branche, denn aus Sicht des Report ist dies die schlechteste Note, die sich ein Unternehmen bescheinigen lassen musste.
Die besten Unternehmen
Wer aber sind die Unternehmen, die sich mit der Auszeichnung „FFF+“ schmücken dürfen? Diese höchste Anerkennung für herausragende Stabilität und vollständige Transparenz erhielten:
- Nürnberger: 88,4 Punkte (ausgezeichnet)
- HDI: 87,4 Punkte (ausgezeichnet)
- Ergo Vorsorge: 87,0 Punkte (ausgezeichnet)
- Generali: 83,2 Punkte (ausgezeichnet)
Hervorragende Unternehmen (mmm+)
Diese Unternehmen erhielten die zweithöchste Bewertung „mmm+“ und konnten in vielen Bereichen ebenfalls mit sehr guter Stabilität und soliden Ergebnissen punkten:
- LV 1871: 92,2 Punkte
- Continentale: 86,4 Punkte
- Allianz: 86,1 Punkte
Die besten "sehr guten" Unternehmen
Unter den 26 "sehr guten" bzw. mit mmm bewerteten Unternehmen stechen besonders hervor:
- Europa: 83,9 Punte
- Zurich Dr. Herold: 83,1 Punkte
- Interrisk: 82,9 Punkte
Das Schlussfeld
Hinten im Test reihen sich zum einen zwei Unternehmen ein, die nur ein m („befriedigend“) erreichten – hier sind in einigen Bereichen zwar deutliche Defizite zu erkennen, dennoch erfüllen diese Anbieter die grundlegenden Anforderungen und bieten eine stabile Basis. Folgende BU-Versicherer sind betroffen:
- Universa – 63,9 Punkte (befriedigend)
- Deutsche Ärzte – 60,0 Punkte (befriedigend)
Und schließlich gibt es 16 Unternehmen, die aufgrund mangelnder Transparenz erst gar nicht bewertet werden konnten. Sie erhielten die niedrigste Einstufung „ohne Wertung“ (o.W.), die nicht zwingend auf finanzielle Schwäche hinweist, aber ein erhebliches Transparenzdefizit offenbart. Folgende Unternehmen mussten sich diese Einstufung bescheinigen lassen:
- Inter,
- Ideal,
- Öffentliche Braunschweig,
- Deutsche,
- SV,
- SV Sachsen,
- Mecklenburgische,
- ÖSA,
- Targo,
- WWK,
- VGH,
- LVM,
- VRK,
- Itzehoer,
- Öffentliche Oldenburg,
- Credit Life.
Hintergrund: Die Ergebnisse dieses Ratings basieren auf den Kennzahlen von 55 getesteten BU-Versicherern für den Zeitraum von 2019 bis 2023 – und sind Teil des neuen MAP-Report 938. Wie immer bietet der traditionsreiche Report nicht nur das Ranking der Unternehmen, sondern auch eine Vielzahl weiterer Kennzahlen zur Stabilität und Beitragsentwicklung. Dabei werden sowohl die Beitragsanpassungen für Bestandskunden als auch die Beiträge für Neuabschlüsse genau unter die Lupe genommen, um zu beurteilen, wie stabil und nachhaltig die Versicherungsunternehmen kalkulieren. Zusammen mit weiteren Ausgaben kann der MAP-Report 938 auf der Webseite von Franke und Bornberg kostenpflichtig bestellt werden.