Nießbrauch funktioniert auch bei Wertpapieren

Quelle: DALL-E

Nießbrauch kann auch bei Wertpapieren eingesetzt werden, was vielen nicht bekannt ist. Die Übertragung von Wertpapieren gegen die Einräumung eines Nießbrauchs bietet Anlegern die Möglichkeit, Vermögen an die nächste Generation zu übergeben, ohne auf laufende Erträge zu verzichten. „Dieses Instrument bietet steuerliche Vorteile und kann helfen, die Vermögensnachfolge zu gestalten“, erläutert Kleyboldt, Direktor Wealth Planning bei der Bethmann Bank.

Durch den Vorbehalt des Nießbrauchs sollen drei Ziele erreicht werden. Erstens sollen die laufenden Erträge weiterhin zur Versorgung des Schenkers zur Verfügung stehen. Zweitens möchte der Schenker sich einen gewissen Einfluss auf die Vermögensanlage wahren, damit der Beschenkte das Geld nicht einfach ausgibt, sondern sukzessive an die Verantwortung herangeführt wird. Drittens soll durch den Barwert des Nießbrauchs die schenkungssteuerliche Bemessungsgrundlage gemindert werden.

Umgangssprachlich wird oft von „Depotnießbrauch“ gesprochen, was jedoch unpräzise ist. „Der Nießbrauch ist nur an einzelnen Wertpapieren möglich, aber nicht pauschal am Depot“, erklärt Kleyboldt. Der Abzug des Nießbrauchwertes bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer errechnet sich aus dem Jahreswert und einem Kapitalisierungsfaktor, §§ 14-16 BewG. Hierbei ist ein möglichst hoher Jahreswert erstrebenswert, um möglichst viel Nießbrauchwert abziehen zu können. Dieser ist gem. § 16 BewG auf 1/18,6 des Kurswertes des Wertpapieres gedeckelt, was einer Rendite von 5,376 % entspricht.

Idealerweise sollten Wertpapiere sorgfältig ausgewählt und im Depot zusammengestellt werden, die möglichst nah an diesen Wert heranreichen und langfristig im Depot verbleiben. „Es bieten sich Anleihen mit hohem Kupon, Aktien mit hoher Dividendenrendite oder Fonds mit hohen Ausschüttungen an“, rät der FPSB-Vorstand. Der Jahreswert ist bei schwankenden oder ungewissen Erträgen der Betrag, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werden wird. Für die Steuerberechnung werden meist die Jahreserträge der letzten drei Jahre akzeptiert.

Kleyboldt erläutert dies an einem konkreten Beispiel: Bei Zuwendung unter Nießbrauchvorbehalt ist ein bereicherungsmindernder Abzug des Kapitalwerts der wiederkehrenden Leistung/Nutzung möglich. Ein Vater (59 Jahre) schenkt seiner Tochter bzw. seinem Sohn Vermögenswerte unter Nießbrauchvorbehalt mit einem Gesamtwert von 1.000.000 Euro und einem Jahresertrag von 40.000 Euro (4,0 %). Ohne Nießbrauchvorbehalt würde bei Berücksichtigung des noch vollen Freibetrags 90.000 Euro Schenkungsteuer fällig. Mit Nießbrauchvorbehalt wäre nur eine Schenkungsteuer von 8.921 Euro fällig, was einen Vorteil von 81.079 Euro bedeutet.

Bekanntlich unterliegt die Realisierung von Kursgewinnen der Abgeltungsteuer, die derzeit 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag (und gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer) beträgt. „Vor einer Übertragung der Wertpapiere kann sich somit bei Wertpapieren mit Gewinnen anbieten, diese zu verkaufen, um dadurch die Kapitalertragsteuer auszulösen und die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der (späteren) Schenkungsteuer zusätzlich zu reduzieren“, sagt Kleyboldt. Grund dafür ist, dass die Schenkungsteuer auf Grundlage des entsprechenden Wertes der Wertpapiere berechnet wird.