Vor allem Startups und kleinere Unternehmen haben bisher ungewohnte Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Zwar gelang es den Branchenunternehmen in Europa und den USA in den zwölf Monaten bis zum 30. Juni 2012, neue Mittel in Höhe von 27,4 Milliarden US-Dollar aufzunehmen, gut ein Viertel mehr als im Vorjahr. Doch der größte Teil dieser Summe (21,8 Milliarden Dollar) ging in Form von Krediten an die Firmen, überwiegend an die wirtschaftlich Stärksten.
In Europa waren es Fresenius Medical Care (FMC, Deutschland) und Covidien (Irland), die zusammen allein 85 Prozent der Kredite aufnahmen. FMC setzte 2,1 Milliarden seiner 2,7 Milliarden Dollar neuer Kredite ein, um die amerikanische Dialyse-Kette Liberty Dialysis zu akquirieren.
Vielen der kleineren und jüngeren Firmen dagegen fiel es schwer, ihre Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zu finanzieren. Ihnen fehlte vor allem die angestammte Geldquelle der Venture-Capital-Unternehmen (VC). Zwar nahmen deren Beiträge zur Branchenfinanzierung insgesamt noch etwas zu, während sie in Europa bereits leicht sanken. Doch der Druck ihrer eigenen Investoren, die sinkenden Exit-Chancen und die schwache Entwicklung der Börsengänge veranlassten sie, stärker in reife Unternehmen zu investieren, die schnellere und sicherere Gewinne versprachen. „Die Kluft zwischen großen und kleinen Firmen war noch nie so groß wie heute“, stellt Heinrich Christen, Leiter des Bereichs Medizintechnik bei Ernst & Young EMEIA, fest.
Medizintechnikbranche vor schwierigen Zeiten
Die Studienautoren sehen auf die Medizintechnik-Branche härtere Zeiten zukommen. „Die Struktur der Nachfrager verändert sich“, erklärt Christen. „Früher waren es vor allem die Ärzte, mit denen die Medizintechnik-Firmen den direkten Kontakt – von der Produktentwicklung bis zum Verkauf und dem After-Sales-Service – pflegten. Heute haben es die Anbieter zunehmend mit den Instanzen zu tun, die die Kosten tragen, also mit Einkaufsabteilungen, Kostenträgern und zunehmend auch mit den Patienten selbst.“ Damit verlagerten sich die Anforderungen weg von einer immer perfekteren Technik hin zur höheren Wirtschaftlichkeit und Erschwinglichkeit der Produkte.
„In ihrem Streben nach höherer Effizienz setzen die neuen Nachfrager zum Beispiel auf Wirksamkeitsvergleiche und eine höhere Nutzung kostspieliger Hochtechnologie, etwa durch gemeinsamen Einsatz eines Geräts für mehrere Abteilungen eines Krankenhauses oder auch durch den gemeinsamen Betrieb in Klinik-Kooperationen. Diese Entwicklung ist in den USA schon deutlich zu sehen, zeichnet sich aber auch bei uns immer klarer ab“, skizziert Christen den Trend.