Es ist kein Geheimnis – die Demografie geht auch an Versicherungsmaklern nicht vorbei. Mehr als ein Drittel muss sich mit dem Thema Nachfolge befassen. Der Handlungsbedarf wird vielfach unterschätzt. Nehmen wir uns deshalb einige Aspekten des Themas einmal vor.
Ein freundlicher Makler aus Bayern, den ich seit Jahren bei einem meiner Vorträge auf Roadshows und zu Maklerveranstaltungen wiedersehe, kontaktierte mich kürzlich. Das Thema Nachfolge rücke jetzt bei ihm doch langsam auf die Agenda. Man solle doch mal reden. Mein Vorschlag, sich Anfang 2020 zu treffen und die Situation seiner Firma, seines Bestandes und Möglichkeiten der Nachfolge zu besprechen, wurde dann aber freundlich ausgebremst: „Ich habe doch noch Zeit, ich bin erst 71“.
Der @AssekuranzDoc
Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.
In einer Woche kann es vorbei sein
Subjektiv ist es natürlich sehr schön, wenn Unternehmer der Jahrgänge 1940er oder 1950er fit sind oder sich so fühlen. Aber die biologische Realität sieht eben ein wenig anders aus. In einer Woche kann es vorbei sein.
Dabei muss nicht das Leben zu Ende sein. Schon der Verlust von Grundfähigkeiten kann zu einem abrupten Ende des Berufslebens führen. Und wenn in so einer Situation dann eine Nachfolge oder ein Verkauf noch organisiert werden soll, dann wird es echt schwierig. Nicht selten ist dann eine Verwertung des Lebenswerks nicht mehr optimal möglich.
Versicherungsmakler und Maklerinnen sind mit dem Problem nicht allein. Bis zum Jahr 2022 planen laut einer KfW-Untersuchung über eine halbe Million Inhaber von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine Unternehmens- nachfolge.
Und für rund 200.000 Unternehmer wird es schwierig, weil noch kein Nachfolger gefunden ist oder mit der Suche nach einem Nachfolger noch nicht begonnen wurde. Dementsprechend wird eine geordnete Nachfolge-planung und -umsetzung immer schwieriger.
Kommen wir auf den Makler (71) zurück. Eigentlich weiß er seit Jahren, dass sein Bestand nur schwer zu vermitteln sein wird. Ein paar Stichpunkte sollen das illustrieren: Einzelunternehmer. Keine Maklerverträge. Rudimentäres Kundenverwaltungsprogramm. Wenig Dokumentation. Eine Region mit höherem Anteil von älteren Menschen. Dazu kommt aber auch ein positives Verantwortungsgefühl gegenüber seinen langjährigen Kunden, die er nicht allein lassen will.
Bei jedem 7. Makler droht die Stilllegung
Erfolgt besonders bei Einzelunternehmern keinerlei Regelung für die Nachfolge, dann ist die einzige Option die Stilllegung des Unternehmens. Die Bestands-verträge gehen dann an die jeweiligen Produktanbieter oder den verwaltenden Pool zurück. Je weiter das Alter voranschreitet, um so prekärer wird die Situation. Bereits jetzt gehen Studien davon aus, dass ein Viertel der über 55jährigen den Rückzug aus dem Unternehmertum erst über dem siebzigsten Lebensjahr vornimmt. Jeder Zehnte erst jenseits der 80er Jahre.
Laut KfW-Research sind manche Regionen Deutschlands noch schwerer von dem Thema Nachfolgestau betroffen als andere. Den höchsten Anteil an älteren Inhabern weist der Mittelstand in Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg aus. Auch bei Maklerpools ist die Situation unterschiedlich. Es genügt häufig nur ein Blick auf die jeweiligen Pool-Messen, um die Unterschiede in der Altersstruktur zu erkennen.
Die Spitze des Generationenwechsels wird zwischen 2023 und 2027 erwartet. Dies hat für Versicherer, Maklerpools und die betroffenen Maklerunternehmen Konsequenzen, die in klare Vorhaben für das neue Jahr münden sollten. Selbst Chefs von Pools sind überrascht, wenn ich sie nach dem Anteil der Makler über 55 Jahren frage und sie dann die Ergebnisse sehen.
Wenn beispielsweise von rund 4.000 Maklerpartnern eines Pools fast 2.000 über 55 Jahre alt sind, dann braucht es ein Konzept, wie es in fünf bis 20 Jahren weitergehen soll. Deshalb ist Versicherer und Maklerpools eine eigene Strategie anzuraten, was mit der Betreuung der Kunden aus den betreffenden Maklerbeständen werden soll und wie man diese Umwälzung aktiv mitgestalten kann.
Priorität Nummer 1 – Notfallplan
So mancher Leser wird sich nun selbst betroffen fühlen. Es stellt sich die Frage: Was sollte ich jetzt tun? Meine erste Empfehlung mit Priorität #1: Erstellen Sie einen Notfallplan, der die wichtigsten Fragen für Ihr Unternehmen und das private Leben regelt, wenn wesentliche Grundfähigkeiten über Nacht beeinträchtigt werden sollten.
Machen Sie so einen Notfallplan schriftlich. Um in diese zu regelnden Themen Systematik zu bekommen, bietet sich eine entsprechende Checkliste an, die durch alle wesentlichen Bereiche für solch einen Plan führt.
In einen Notfallplan gehören neben vielen profanen Dingen wie die Passwörter für den PC oder Laptop auch grundsätzliche Themen aus der Firmenleitung, alles rund um die Thema Finanzen und Steuern, Verträge mit Mitarbeitern und Dienstleistern, das komplexe Feld der IT und Technik oder auch die eigenen Versicherungen, Mitgliedschaften in Vereinen und Verbänden und eine Willensbekundung zur gewünschten Nachfolgeform.
Für die Maßnahmen mit Priorität 2 empfehle ich die Ermittlung der Stärken und Schwächen sowie des Wertes des Unternehmens oder des Bestandes. Der Blick von außen bringt ein realistischeres Bild als der „betriebsblinde“ Fokus durch die rosarote Brille. Dabei geht es natürlich nicht darum, dass Lebenswerk einer Maklerin oder eines Maklers schlecht zu machen. Nein, es geht darum bis zur Nachfolge das Unternehmen fit für den Verkauf, die Verrentung oder die Übergabe an einen Nachfolger zu bekommen.
Nicht jeder Käufer oder Nachfolger passt
Als Maßnahme mit Priorität 3 ist den Senior-Maklern die Entwicklung eines Idealbildes von einem Käufer oder Nachfolger zu empfehlen. Je konkreter die Vorstellungen, um so effizienter verläuft auch die Suche nach diesem. Machen Sie sich Notizen zu Ihren Vorstellungen zur Qualifikation des Nachfolgers, seines Alters, der örtlichen Präsens (oder auch nicht), seiner Service-philosophie und natürlich auch zu seiner Bonität, wenn es um einen Verkauf gehen sollte.
Das Thema der Auswahl des Nachfolgers oder Käufers ist durchaus komplex. Manche Nachfolge hat schon deshalb nicht funktioniert, weil nicht nur unterschiedliche Generationen aufeinandertrafen. Auch das Thema persönliche Betreuung der Kunden durch den Makler versus Online-Beratung der Kunden durch den Nachfolger kann zum Dissens führen. Ähnlich konfliktreich können auch die Themen herkömmliche Kundenakte versus Digitalisierung oder verschiedene Ansätze zu Beratungs- und Kommunikationsform werden.
Und weil dem so ist, empfehlt sich eine Begleitung des Maklers durch den Prozess der Nachfolgeplanung durch einen erfahrenen Berater. Das Thema Nachfolge ist der deutschen Politik so wichtig, dass es umfangreiche Unterstützung und Förderung für einen planmäßigen Nachfolgeprozess gibt.
Die Beratung von Nachfolgeexperten wird finanziell gefördert. Es gibt Existenz-gründer-Darlehen für Nachfolger, steuerliche Vergünstigungen für Verkäufer von Firmen und viele Möglichkeiten für beide Seiten zum Knowhow-Transfer. Verbände und Kammern sind in den letzten Monaten in diesen Fragen ebenfalls deutlich aktiver geworden.
Unternehmen und Bestand fit für den Verkauf machen
Im neuen Jahr werde ich ergänzend an dieser Stelle jeden Monat eine Maßnahme zur Stärkung des Wertes von Maklerbeständen und Maklerfirmen beleuchten. Es werden Maßnahmen vorgestellt, die alle in der Praxis erfolgreich umgesetzt wurden und die Maklern Impulse für den Start ins neue Jahr geben können.
Kommen Sie gerne mit mir auch ins Gespräch bei diversen Maklerforen und Vorträgen im ersten Quartal 2020. Eine Übersicht und entsprechende Links zur Anmeldung zu diesen Veranstaltungen finden Sie hier.
Meine Vortragsthemen 2020 werden sich mit den Fragen der Wertermittlung, den Wertfaktoren und Möglichkeiten zur Wertsteigerung befassen. Und ich werde Ihnen zeigen, warum eine Wertermittlung mit einem Online- oder Excel-Tool Ihnen nur das Blaue vom Himmel verspricht und mit Wertermittlung nicht viel zu tun hat.
Lassen Sie mich zum Schluss nochmal auf unsere Maklerkollegen jenseits der 70 zurückkommen. Die Altersforscherin Ursula Staudinger, Jacobs University, Bremen, hat folgenden Satz in den Raum gestellt: „Mit dem Alter können wir Neues nicht mehr so gut verarbeiten...Man ist auch nicht mehr so offen für neue Erfahrungen, und es besteht die Gefahr, engstirniger zu werden. Beides macht nicht weiser.“
Seien Sie also weise und regeln Ihre Nachfolge 2020 rechtzeitig – meint Ihr AssekuranzDoc.