Versicherungsbote: Hat die Coronakrise die Art und Weise verändert, wie Verbraucherinnen und Verbraucher auf Versicherungen schauen?
René Schoenauer: Ja, ich denke hier ist tatsächlich ein Umdenken zu spüren. Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden, das hat unsere Umfrage deutlich gezeigt, nun viel genauer hinschauen, wenn es um das Kleingedruckte und die jeweiligen Deckungen bei ihren Versicherungen geht. Knapp ein Drittel der Befragten hat angegeben, dass sie künftig auch verstärkt Versicherungsdetails verschiedener Anbieter stärker vergleichen und sich nicht mehr so sehr darauf verlassen werden, dass es „schon passt“. Somit wird ein deutlich größerer Wert auf Transparenz und auf das genaue Verständnis der einzelnen Policen gelegt werden.
Laut Ihrer Umfrage ist für die Mehrheit der Verbraucher (84,1 Prozent) eine Computerversicherung sehr oder ziemlich wichtig, gefolgt vom Berufsunfähigkeits-Schutz (78,7 Prozent), der Kranken- (74 Prozent) und der Autoversicherung (73,8 Prozent). Versicherungs-Experten werden aufhorchen: Ein Computer ist leichter zu ersetzen als der Verlust der Arbeitskraft oder der Gesundheit. Werden hier nicht die Prioritäten falsch gesetzt? Was sind aus Ihrer Sicht Gründe, dass existenzbedrohende Risiken weniger wichtig erscheinen als der eigene Rechner?
Ich denke man befindet sich hier im Spannungsfeld zweier zentraler Faktoren: Kosten und Unmittelbarkeit. Die Masse der Versicherungsnehmer sind vermutlich finanziell viel eher in der Lage und bereit, einmal im Jahr einen überschaubaren Betrag für ihren Computer – den sie täglich in Gebrauch haben und der damit auch eine hohe immanente Relevanz für sie hat, aufzuwenden. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ruft ein deutlich höheres Kostenengagement auf. Hier geht es um monatliche Summen, die bei kleinen und mittleren Einkommen erst einmal verfügbar gemacht werden müssen.
Zudem spielt auch hier ein Vertrauensmoment in die Überlegungen ein: „Warum so viel Geld ausgeben, wenn es im Schadenfall eh nicht gezahlt wird“. Eine Studie der Versicherungsforen Leipzig aus dem Jahr 2019 zeigte auf, dass neben dem Preis und einem mangelndem Risikobewusstsein unter anderem auch das fehlende Vertrauen eines der Grundprobleme für die Berufsunfähigkeits- oder die Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist.
Sie haben in der Studie auch erfragt, wie der Einsatz von künstlicher Intelligenz im Kundenservice der Versicherer aufgenommen und akzeptiert wird. Wie hoch ist die Akzeptanz? Und welche Möglichkeiten gibt es, KI im Kundenservice zu nutzen?
Mittlerweile wird in fast allen Sektoren KI eingesetzt – und so eben auch in der Versicherungsbranche. Die generelle Ablehnung von KI im Verkaufsprozess ist zwar bei Versicherungskunden mit 43,33 Prozent immer noch hoch, aber wir sehen hier auch relativ deutlich eine Kluft zwischen den Generationen. Denn fast jeder zweite der 16-24-Jährigen (43,24 Prozent) ist durchaus der Ansicht, dass die Kundenerfahrung verbessert wird, wenn verstärkt KI in den Verkaufsprozess von Versicherungen integriert ist.