Angenommen, ein Kunde hat einen schweren Unfall oder eine Krankheit. Er oder sie liegt im Koma oder ist nicht in der Lage, sich um den Alltag zu kümmern. Dies hat zur Folge: Er oder sie ist geschäftsunfähig, wenn auch nur für eine gewisse Zeit. Genau für diese und weitere biometrischen Risiken hat der Kunde eine oder mehrere Versicherungen (BU, DU, EU, GF, DD, KV, MultiRisk, UV usw.) abgeschlossen. Die Erwartung aus Sicht der Kunden ist jetzt: Die Versicherung zahlt das Geld aus (laufende Rentenzahlung oder Einmalzahlung) und die Familie kann das Geld so einsetzen, wie es für die Situation am sinnvollsten ist – kann entstehende Kosten decken, laufende Ausgaben bestreiten, notwendige Umbauten durchführen und den Alltag meistern.
Um Gelder aus den Versicherungen zu erhalten, muss ein Leistungsantrag, eine Schadensanzeige oder ähnliches gestellt werden. Unabhängig von Art und Versicherer muss auf entsprechenden Vordrucken oder bei Onlinemeldung im Laufe der Leistungsprüfung immer die versicherte/ verletzte Person unterschreiben. Was aber, wenn – wie oben beschrieben – dies nicht möglich ist? Dann muss dies der gesetzliche Vertreter tun.
Wer ist das? Als Betreuer kommt laut Paragraf 1896 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine vom Betreuungsgericht eingesetzte Person oder eine durch Vorsorgevollmacht dazu benannte Person in Frage. Wenn das Betreuungsgericht einen Betreuer einsetzt, gleich ob Angehöriger oder Berufsbetreuer, unterliegt der Betreuer dem Betreuungsrecht laut BGB.
Aus der Praxis
Familie Müller soll als Beispiel dienen: Er ist angestellt, sie ist selbstständig, sie sind verheiratet, haben zwei Kinder und wohnen in einem kleinen Haus am Stadtrand. Zur Gründung ihres Unternehmens hat sie einen Kredit aufgenommen. Durch einen Arbeitsunfall wird er geschäftsunfähig. Die Berufsgenossenschaft, die BU- und die Unfallversicherung zahlen die jeweils vereinbarten Leistungen. Frau Müller wird als Betreuerin eingesetzt und muss über die Vermögensverhältnisse und Verwendung der Versicherungsleistungen Rechenschaft ablegen laut den Paragrafen 1840 ff. BGB. Dies bedeutet, sie muss eine geordnete Aufstellung aller Einnahmen und Ausgaben und sämtlicher Belege führen. Das Gericht prüft dann die Verwendung der Gelder. Da zwei Kinder vorhanden sind, muss sie den Alltag komplett neu organisieren. Was passiert? Frau Müller kann nicht mehr voll arbeiten, Einnahmen sinken. Wenn sie jetzt ihren Firmenkredit zurückzahlen könnte, um mit geringeren Kosten alles „unter einen Hut“ zu bekommen, würde es leichter gehen.
ACHTUNG: Aber nicht mit dem Geld aus seinen Versicherungen! Sie darf die Versicherungsleistungen nur für ihn verwenden, jedoch nicht für ihre Verbindlichkeiten oder die Hobbys der Kinder. Gegebenenfalls droht die Insolvenz, obwohl eigentlich Geld da ist.
Ist es das, was die Kunden erwarten? Nein! Mit einer Vorsorgevollmacht kann dies verhindert werden, weil dadurch die Ehefrau in unserem Beispiel nicht dem Betreuungsrecht unterliegt und sie die Gelder so verwenden kann, wie es für die Familie und die Situation am sinnvollsten wäre.