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Die abstrakte Verweisung ist eine Klausel, die in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) Anwendung findet. Sie erlaubt es Versicherungsunternehmen, im Falle einer Berufsunfähigkeit den Versicherungsnehmer auf eine andere zumutbare Tätigkeit zu verweisen, die er aufgrund seiner Kenntnisse, Fähigkeiten, Erfahrungen und Ausbildung theoretisch ausüben könnte. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Versicherte diese Tätigkeit tatsächlich ausübt oder eine entsprechende Anstellung findet.
Merkmale der abstrakten Verweisung
1. Recht auf Verweisung
- Der Versicherer kann den Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung ablehnen, wenn er nachweist, dass der Versicherte in der Lage ist, eine andere zumutbare Tätigkeit auszuüben.
2. Kriterien für die Zumutbarkeit
- Kenntnisse und Fähigkeiten: Die Tätigkeit muss den bisherigen Qualifikationen entsprechen.
- Erfahrung und Ausbildung: Ein Wechsel in eine völlig fremde Berufswelt ist unzumutbar.
- Wahrung der Lebensstellung: Die neue Tätigkeit muss mit dem bisherigen sozialen und finanziellen Status vereinbar sein.
- Einkommensverlust: Der Einkommensverlust darf nicht erheblich sein.
3. Arbeitsplatzrisiko
- Es ist unerheblich, ob der Versicherte in der Lage ist, eine Anstellung in der vorgeschlagenen Tätigkeit zu finden. Das Risiko, keinen Arbeitsplatz zu finden, trägt der Versicherte selbst.
Relevanz der abstrakten Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung
Die abstrakte Verweisung hat vor allem in älteren Vertragswerken eine zentrale Rolle gespielt, wird jedoch zunehmend als problematisch angesehen. Viele moderne Versicherungsprodukte verzichten heute auf diese Klausel, um die Attraktivität ihrer Policen zu erhöhen. Dennoch ist sie in bestimmten Fällen weiterhin relevant, beispielsweise:
- In Basis-Produkten der Berufsunfähigkeitsversicherung.
- Für Schüler, Studenten und Berufsgruppen 3 und 4 (höheres Risiko).
- In Verträgen mit speziellen Nachprüfungsverfahren oder Altersgrenzen.
Probleme der abstrakten Verweisung
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Einschränkung des Versicherungsschutzes
Die abstrakte Verweisung kann dazu führen, dass Versicherungsnehmer trotz tatsächlicher Berufsunfähigkeit keine Leistungen erhalten. -
Unklare Zumutbarkeit
Es gibt Interpretationsspielräume bei der Definition von „zumutbarer Tätigkeit“, was oft zu Streitigkeiten führt. -
Unfaire Verteilung des Arbeitsplatzrisikos
Der Versicherte trägt das Risiko, keinen Arbeitsplatz im „Verweisungsberuf“ zu finden, obwohl der Versicherer die Verweisung durchsetzen kann.
Beispiele für die abstrakte Verweisung
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Verweisung auf einen anderen Beruf
Ein Chirurg, der aufgrund einer Handverletzung nicht mehr operieren kann, wird auf eine Tätigkeit als medizinischer Berater verwiesen. Diese Tätigkeit erfordert theoretisch seine Qualifikationen, bringt jedoch möglicherweise ein deutlich geringeres Einkommen. -
Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit
Eine Lehrerin mit Berufsunfähigkeit wird auf eine Tätigkeit in der Erwachsenenbildung verwiesen. Obwohl die Tätigkeit pädagogisches Wissen erfordert, kann der Einkommensverlust erheblich sein.
Moderne Entwicklungen: Verzicht auf die abstrakte Verweisung
Viele Versicherer verzichten inzwischen auf die abstrakte Verweisung, um ihre Produkte kundenfreundlicher zu gestalten. Besonders bei hochwertigen Berufsunfähigkeitsversicherungen wird diese Klausel ausgeschlossen. Dennoch ist es wichtig, die Vertragsbedingungen genau zu prüfen, da:
- Einige Versicherer die abstrakte Verweisung in Basis-Tarifen beibehalten.
- Der Verzicht auf die Verweisung oft von der Berufsgruppe des Versicherten abhängig ist.
Alternativen zur abstrakten Verweisung
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Konkrete Verweisung
Anders als bei der abstrakten Verweisung wird hier geprüft, ob der Versicherte tatsächlich eine neue Tätigkeit ausübt. -
Tarife ohne Verweisungsklausel
Moderne Berufsunfähigkeitsversicherungen bieten Tarife ohne jegliche Verweisungsmöglichkeit an.
Tipps für Versicherungsnehmer
- Vertragsprüfung: Achten Sie darauf, ob Ihr Vertrag eine abstrakte Verweisung enthält.
- Berufsgruppen beachten: Prüfen Sie, ob die Klausel bei Ihrer Berufsgruppe ausgeschlossen ist.
- Beratung in Anspruch nehmen: Lassen Sie sich von einem Versicherungsexperten zu den Vor- und Nachteilen von Tarifen mit und ohne Verweisungsklausel beraten.
FAQ zur abstrakten Verweisung
1. Was ist die abstrakte Verweisung?
Die abstrakte Verweisung erlaubt es dem Versicherer, einen Berufsunfähigen auf eine theoretisch mögliche andere Tätigkeit zu verweisen, unabhängig davon, ob er diese tatsächlich ausübt.
2. Was ist der Unterschied zwischen abstrakter und konkreter Verweisung?
Während bei der abstrakten Verweisung theoretische Möglichkeiten zählen, wird bei der konkreten Verweisung geprüft, ob der Versicherte die Tätigkeit tatsächlich ausübt.
3. Warum wird die abstrakte Verweisung kritisiert?
Sie schränkt den Versicherungsschutz ein und belastet den Versicherten mit dem Risiko, keinen Arbeitsplatz zu finden.
4. Gibt es Versicherungen ohne abstrakte Verweisung?
Ja, viele moderne Berufsunfähigkeitsversicherungen verzichten auf diese Klausel, insbesondere in Premium-Tarifen.
5. Was bedeutet „Zumutbarkeit“ bei der abstrakten Verweisung?
Die Tätigkeit muss den bisherigen Qualifikationen und der Lebensstellung des Versicherten entsprechen und darf keinen erheblichen Einkommensverlust verursachen.