Datenhändler treiben Nepp mit der privaten Krankenversicherung
“Sie zahlen zu viel für Ihre Krankenversicherung – Jetzt privat versichern für 59 Euro!“ Solche Botschaften flattern als Email ins Postfach oder werden als Werbebanner im Internet verbreitet. Doch wer auf den Link klickt, der den Versicherungsschutz zum Schnäppchenpreis verheißt, erlebt oftmals eine böse Überraschung. Den Anbietern geht es nämlich gar nicht um die Vermittlung einer Krankenversicherung. Sie sind an den Daten der Nutzer interessiert.
Hinter solchen Lockangeboten verbergen sich oftmals unseriöse Datendealer, die nur ein Ziel haben: Möglichst viele sensible Informationen über potentielle Neukunden abzugreifen. Dafür tarnen sich die Webseiten als Vergleichsportale für Versicherungen, bei denen der Interessierte zunächst Angaben zu seiner persönlichen Situation in ein Formular eintragen muss. Adresse, Alter, Einkommen, Familienstand: Es sind Angaben, für die Firmen viel Geld auszugeben bereit sind. Und die der Nutzer bereitwillig hinterlässt, denn er will ja nur mal gucken, nicht wirklich einen Vertrag abschließen. Später verkaufen die Betreiber der Webseiten dann die Datensätze an Versicherungsmakler und -vertreter.
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Da mag es kaum verwundern, dass der Abschluss einer Krankenversicherung auf besagten Internetseiten gar nicht möglich ist. Der Kunde landet im Nirgendwo, sobald er die Daten in die Maske eingetragen hat. Doch sobald der Verbraucher den Nepp bemerkt, ist es meist schon zu spät – er hat seine Daten bereitwillig weitergegeben, so dass sie im Internet weiterverkauft werden können.
Geschacher um sensible Daten
Gerade im Bereich der privaten Krankenversicherung habe sich im Netz ein harter Wettbewerb um Kundendaten etabliert, berichtet die Tageszeitung Welt. Im Fachjargon nennt man potentielle Kunden, die sich für ein Produkt interessieren, „Leads“, was auf Deutsch in etwa „Spur“ bedeutet.
Und tatsächlich können solche Spuren für Versicherungsmakler wertvoll sein. Hat der Kunde ein Lockangebot angeklickt, ist er scheinbar schon mal am Wechsel seiner Krankenversicherung interessiert. Zudem kommt nur eine eingeschränkte Zielgruppe für die PKV in Frage. Der Gesetzgeber erlaubt nur Beamten, Selbstständigen und Arbeitnehmern, die mehr als 49.500 Euro im Jahr verdienen, sich privat zu versichern.
Einmal an die Daten gelangt, muss der Versicherungsmakler die Leads nur noch abtelefonieren und ihnen ein gutes Angebot unterbreiten – die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses ist hoch. Und so sind die Vermittler bereit, viel Geld für die Datensätze in die Hand zu nehmen. Für die Angaben von zehn Kunden muss schon ein dreistelliger Betrag gezahlt werden. Callcenter haben sich bereits auf das Geschäft mit den Kundendaten etabliert.
Unseriöse Datenhändler
Doch für Versicherungsmakler ist das Geschäft riskant. Denn die Daten werden oft mehrfach verkauft – und der Kunde ist genervt, wenn er Anrufe von mehreren Vermittlern erhält. „Die Mehrheit der Leadanbieter ist aus meiner Sicht nicht seriös“, sagt Andreas Trautner, Trainer und Dozent an der Deutschen Maklerakademie, der Welt. Faire Datenfirmen würden mit den Kunden im Vorgespräch ein Passwort vereinbaren. Aber diese Unternehmen seien an einer Hand abzuzählen.
Die Investitionskosten seien zudem hoch – so mancher Makler habe sich wegen die Lead-Handels verschuldet, berichtet Trautner. „70 bis 80 Prozent sind meist Ausschuss, weil der Kunde krank ist, die Vorraussetzungen nicht erfüllt oder die Daten schlichweg falsch sind“
Wie zwielichtig die Datenhändler im Netz agieren, zeigt sich auch daran, dass sich Adresse und Sitz der Portalbetreiber kaum ausfindig machen lassen. „Wir haben versucht, die Spur zu den Betreibern zurückzuverfolgen – aber man landet, wenn überhaupt, dann nur im Ausland“, berichtet Stefan Reker vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Hinter all den Werbebannern und Spammails würde kein konkretes Versicherungsunternehmen stecken, „schon gar kein Verbandsmitglied“.
Eine Krankenversicherung gibt es nicht per Mausklick
Wenn im Netz mit Dumping-Angeboten für private Krankenversicherungen geworben wird, sollten Verbraucher deshalb skeptisch werden und im Zweifel die Finger von den Angeboten lassen. „Die private Krankenversicherung ist ein ernstes und beratungsbedürftiges Produkt. Das schließt man nicht mal eben per Mausklick im Internet ab“, sagt Stefan Reger vom PKV-Verband der Welt. Hier sei es besser, sich telefonisch an einen Anbieter oder Makler zu wenden, den man vertraut und dessen Seriosität verbürgt ist.
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Auch seien private Krankenvollversicherungen kein Billigprodukt. Das Versprechen, eine Police für 59 Euro Monatsbeitrag zu vermitteln, lege bereits nahe, dass es sich um unseriöse Anbieter handeln könnte. „Bei uns kann man für 59 Euro maximal einen Hund versichern, aber keine Menschen“, zitiert die Welt Walter Botermann, Chef der Alte-Leipziger-Hallesche-Gruppe. Wer eine private Krankenversicherung abschließt, sollte sich vorher umfangreich über Vor- und Nachteile informieren und beraten lassen. Gute Angebote sind nicht im Spamordner des Email-Postfachs zu finden.