SPD: Generelles Verbot von Provisionen nicht sinnvoll
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) wollte von den im Bundestag vertretenen Parteien wissen, wie sich diese zu den unterschiedlichen Regelungen im Finanzdienstleistungsbereich (MiFID) und Versicherungsbereich (IMD II) positionieren.
Die Europäische Kommission hat die im Jahre 2002 verabschiedete Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD) überprüft und am 03.07. 2012 einen überarbeiteten Entwurf veröffentlicht, die sogenannte IMD II. Zeitgleich wird die Finanzmarktrichtlinie überarbeitet (MiFID) sowie eine neue Richtlinie zur Regulierung u.a. der fondsgebundenen Lebensversicherungen (PRIPS-Produkte) konfiguriert.
Der BVK stellte den im Bundestag vertretenen Parteien folgende Fragen:
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- Wie stehen Sie zu den unterschiedlichen Regelungen im Finanzdienstleistungsbereich (MiFID) und Versicherungsbereich (IMD II) bezüglich der Frage der Offenlegung von Provisionen?
- Plant Ihre Partei eine schnelle Umsetzung der Vorgaben aus Brüssel?
- Planen Sie weitere Reformen in der nationalen Regulierung der Versicherungsvermittlung?
CDU/CSU:
Eine wichtige Position für die MiFID II haben CDU und CSU im Prinzip mit unserem national vorgelegten Honoraranlageberatungsgesetz deutlich gemacht: die Etablierung der Honoraranlageberatung als gleichberechtigtes Berufsbild neben der provisionsbasierten Anlageberatung, um dem Anleger die Freiheit zu geben, eigenständig zwischen beiden Fronten der Anlageberatung wählen zu können, ohne eine Anlageberatung gegenüber der anderen zu privilegieren. Bei der IMD II begrüßen wir grundsätzlich die Intention des derzeitigen Richtlinienvorschlags, im Bereich der Versicherungsvermittler für mehr Transparenz zu sorgen und den Verbraucherschutz zu stärken. Dabei ist allerdings wichtig, dass hier nicht über das Ziel hinausgeschossen wird und etwaige Neuregelungen nicht dazu führen, dass Unternehmen und die Verwaltungen unverhältnismäßig belastet werden. Dies betrifft insbesondere die Bereiche, die bisher noch nicht unter den Anwendungsbereich der IMD fallen.
Auch hier gilt es – wie grundsätzlich im Finanz- und Kapitalmarktbereich – Regulierung mit Augenmaß zu betreiben. Die vorgeschlagene unaufgeforderte Offenlegung der Vermittlerprovisionen muss sorgfältig geprüft und erörtert werden. Langfristig besteht durchaus noch Potenzial zur Weiterentwicklung bei der Regulierung der Versicherungsvermittlung. Aber auch hier gilt es, sorgfältig und überlegt vorzugehen, um nicht über das Ziel hinaus zu schießen. Sicherlich wäre es wünschenswert, ein Regelungswerk für eine einheitlich regulierte und überwachte Allfinanzhonorarberatung inklusive der Honorarberatung im Versicherungsbereich auf den Weg zu bringen. Hier sind aber noch einige Fragen offen. So müssen wir unter anderem die Regelung der steuerlichen Behandlung der Honorarberatung im Vergleich zur Provisionsberatung im Auge behalten. Hier gilt es, sorgfältig abzuwägen.
SPD:
Im Interesse des Verbraucherschutzes setzt sich die SPD für mehr Transparenz in Finanzangelegenheiten ein. Dies gilt auch für Versicherungsprodukte und die Versicherungsvermittlung. Ein generelles Verbot von Provisionen scheint uns nicht sinnvoll. Von den genannten europäischen Vorhaben erwarten wir Verbesserungen für die Versicherungsnehmer und werden sie daher zügig in deutsches Recht umsetzen. Ob weitergehender nationaler Regelungsbedarf besteht, lässt sich naturgemäß erst nach Abschluss der Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene beurteilen.
FDP:
Im Rahmen der aktuell überarbeiteten Versicherungsvermittler- Richtlinie werden weitergehende Initiativen zur Offenlegung von Provisionen und Bezahlmodellen diskutiert, bis hin zu verpflichtenden Nettotarifangeboten der Versicherungen. Die FDP sieht Forderungen nach der verbindlichen Einführung von Nettotarifen kritisch. Es ist Sache des Marktes, ob er solche Angebote unterbreitet und auch eine Aufgabe der Beraterbranche, bei entsprechender Nachfrage, auf die Einführung entsprechender Produkte hinzuwirken. Soweit künftig die Honorarberater am Markt aktiv werden, ist die Möglichkeit des Erwerbs provisionsfreier Produkte Gegenstand der Beratungsleistung und die entsprechende Zusammenarbeit mit Emittenten zugunsten der Schaffung solcher Angebote durchaus zielführend. Staatliche Zwänge dagegen wären ein massiver, sachlich nicht gerechtfertigter Eingriff in die unternehmerische Freiheit und damit auch in die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Bei der Offenlegung von Vergütungen müssen – anders als z. B. im Wertpapierbereich – die Wirkungen für die Beratungsqualität abgewogen werden, zum Beispiel auch in Verbindung mit der Bestandspflege. Bei vielen Produkten treten Kunden und Berater in dauerhafte Geschäftsbeziehung. Versicherungsvermittler begleiten ihre Kunden bei den Risiken des täglichen Lebens. Bei möglichen Neuregelungen müssen auch die Marktstrukturen mit überwiegend einzelnen oder mittelständisch organisierten Beratern beachtet werden.
Grüne:
Zu 1.: Insgesamt wollen wir die IMD II in wesentlichen Punkten an die MiFID II angleichen, um die Konsistenz der beiden Regulierungstexte zu verbessern. Dazu gehören im Wesentlichen die Offenlegung der Provisionen und sonstigen Zahlungen, die der Vermittler erhält, sowie Offenlegung aller Kosten (d. h. Vertragsabschluss- u. Vermittlungskosten).
Zu 2.: Ja.
Zu 3.: Eines unserer zentralen Anliegen ist es, dass all diejenigen, die versicherungsberatend und -vermittelnd tätig sind, nachgewiesenermaßen qualifiziert sind und sich fortwährend beruflich fortbilden. Deshalb sollte jeder Versicherungsvermittler eine Mindestqualifikation vor einer objektiven Stelle nachzuweisen haben. Die weitreichenden Ausnahmen für gebundene Vertreter, wonach lediglich die Versicherungsunternehmen die Sachkunde des gebundenen Vermittlers bescheinigen brauchen, erachten wir für falsch. Darüber hinaus fordern wir, den Beratungsverzicht abzuschaffen sowie eine Berücksichtigung von ökologischen, sozialen oder ethischen Anlageformen in Produktinformationen und der Beratung. Insgesamt fordern wir im Finanzbereich die Schaffung eines einheitlichen Berufsbildes der Honorarberatung. Honorarberater müssen über alle Finanzprodukte hinweg beraten können, um den Kunden die bestmögliche individuelle Beratung zu ermöglichen. Gleichzeitig wollen wir uns für mehr Finanzkompetenz aller einsetzen. Nur wenn wir die Strukturen und Instrumente der Finanzmärkte verstehen, können wir die Nachfrage nach nachhaltigen Anlageformen weiter verstärken und die Transparenz der Märkte erhöhen. Wenn Verbraucher/Innen die anfallenden Kosten bei Finanzprodukten besser verstehen, wirkt sich dies auch auf die Nachfrage nach Honorarberatungsdienstleistungen aus.
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Linke:
Sowohl für Finanzanlagen (Regelungen, Mi- FID II) als auch für Versicherungen (IMD) einschließlich fondsgebundener Lebensversicherungen (PRIPS) hält es DIE LINKE für dringend notwendig, dass alle Anbieter künftig über alle anfallenden Kosten transparent informieren. Dies beinhaltet auch die konsequente Offenlegung von Provisionen und sonstigen Vertriebsanreizen. Im Versicherungsbereich sind hier keine Ausnahmen zu machen, auch nicht in Form von fünfjährigen Übergangsfristen für Nicht-Leben-Produkte, wie es die IMD II vorsieht. DIE LINKE unterstützt die verpflichtende Angabe einer Gesamtkostenquote (Total expense ratio) in Prozent und in Euro. Mittelfristig fordern wir, die provisionsbasierte Vermittlung und Beratung zu Gunsten einer unabhängigen Beratung, unter anderem durch Verbraucherzentralen und Honorarberater, zu ersetzen. Wir sehen noch großen Nachbesserungsbedarf bei den Vorgaben. Beispielsweise ist die Offenlegung der Provisionen zu verschärfen, und es ist nicht hinnehmbar, dass Provisionen nur unabhängigen Beratern verboten werden sollen. Es ist auch nicht akzeptabel, dass alle anderen nur die Basis der Provisionsberechnung offenlegen müssen, aber noch nicht einmal den Provisionsbetrag. Schließlich ist die Rechtsstellung der Verbraucher zu verbessern und zu stärken. Für DIE LINKE ist das System der provisionsgestützten Beratung und Vermittlung langfristig zu überwinden. Die Finanzierung der Beratung über Provisionen und Vergütungen von dritter Seite schafft strukturell einen grundlegenden Interessenkonflikt, dem sich auf Dauer selbst integre und kundenorientierte Vermittler nicht entziehen können. Alternativ fordert DIE LINKE den Ausbau der Beratungsangebote von Verbraucherorganisationen und unabhängigen Schuldnerberatungsstellen sowie eine Ausweitung der qualifizierten Honorarberatung. Finanzieller Verbraucherschutz ist institutionell durch einen Finanz-TÜV und eine Verbraucherschutzbehörde für den Bereich Finanzmärkte zu stärken. Hierzu haben wir diverse Anträge und Entschließungsanträge eingebracht, zuletzt in Zusammenhang mit der Stärkung der Honorarberatung (Bundestagsdrucksache 17/13248).