Chef der Barmer GEK fordert neue Gesundheitsreform
Der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Christoph Straub, fordert von der neuen Bundesregierung eine umfassende Gesundheitsreform. Der Einheitsbetrag für Krankenkassen müsse abgeschafft werden.
Braucht die Bundesrepublik schon wieder eine Gesundheitsreform? Nach Ansicht von Christoph Straub, Chef der größten deutschen Krankenkasse Barmer GEK, kommt die neue Regierung um eine umfassende Reform des Gesundheitswesens nicht herum. Konkret sprach sich Straub für eine Abschaffung des einheitlichen Krankenkassenbeitrags aus.
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“Ziel muss es sein, das System flexibler zu gestalten“, sagte Straub im Interview mit der Bild-Zeitung. „Dazu gehört mehr Wettbewerb, und dafür müssen die Kassen ihren Beitrag wieder selber fest legen (sic!) können. Wir brauchen mehr Beitragsautonomie, selbst wenn der Gesundheitsfonds erhalten bleibt. Der Zusatzbeitrag ist jedenfalls gescheitert und gehört abgeschafft.“
Auf die Frage hin, was die nächste Regierung beim Thema Gesundheit unbedingt anpacken müsse, nannte Straub drei große Themen: „Neuordnung der Finanzierung im Gesundheitssystem, eine umfassende Pflegereform und eine Klinik-Reform, auch wegen der hohen Zahl unnützer Operationen. Dazu kommt die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum.“Gesundheitsfonds war als Übergangslösung gedacht
Christoph Straub verwies darauf, dass die große Koalition im Jahr 2007 den Gesundheitsfonds als Übergangsregelung verabschiedet hatte. Seit seiner Einführung werden die Beitragsgelder der Kassenmitglieder an zentraler Stelle gesammelt und anschließend nach einem komplizierten Verfahren wieder an die Kassen verteilt, damit sie davon ihre Gesundheitsausgaben und Verwaltungskosten bezahlen können.
Aber von Anfang an stand der Fonds in der Kritik. Unter anderem wurde bemängelt, dass schwere und chronische Krankheiten besonders hohe Zahlungen aus dem Fonds bewirken – damit gebe es einen Anreiz, Patientendaten zu manipulieren und die Patienten künstlich krankzurechnen. Auch werden Kliniken finanziell belohnt, wenn sie Operationen durchführen - auch wenn dies zum Nachteil des Patienten geschieht. Kritiker bemängeln, dass in keinem anderen Land der Welt die Zahl der operativen Eingriffe so hoch ist wie in Deutschland.
Bei der Politik könnten Straubs Forderungen auf offene Ohren stoßen. Bereits vor der Bundestagswahl hatten Gesundheitsexperten wie Karl Lauterbach (SPD) und Max Straubinger (CSU) gefordert, den Kassen ihre Beitragshoheit zurückzugeben (Versicherungsbote berichtete). Die Reserven aus dem Gesundheitsfonds sollen dann auf die einzelnen Kassen verteilt werden.
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Straub prognostiziert Sinken der Rücklagen
Der Kassenfunktionär warnte zudem vor zu viel Sorglosigkeit angesichts der Rekordrücklagen von 29 Milliarden Euro, auf denen die Kassen derzeit sitzen. Schon im Jahr 2014 werden die Rücklagen enorm schrumpfen, prognostizierte Straub. „So viele Beschäftigte wie selten zahlen jetzt Kassenbeitrag, das wird nicht so bleiben.“ Zudem würden die Ausgaben steigen, da Kliniken, Ärzte und Apotheken zukünftig mehr Geld erhalten und Zwangsrabatte der Pharmaindustrie auslaufen.