Schuldenlast der Privathaushalte in Deutschland wächst
Rund 3,3 Millionen Privathaushalte in Deutschland sind verschuldet. Das liegt nicht nur an den eigentlichen Forderungen, sondern auch an den hohen Zinsen und Anwaltskosten, wie der aktuelle „Überschuldungsbericht 2013“ des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) zeigt. Größtes Verschuldungsrisiko ist noch immer die Arbeitslosigkeit.
Wer einmal in die Schuldenfalle getappt ist, der kommt da so schnell nicht wieder heraus. Das liegt auch an den hohen Verzugszinsen und Anwalts- bzw. Inkassokosten, die ein Schuldenmacher zahlen muss. Besonders krass greifen Telefonanbieter ihren Schuldnern in die Tasche: Dort machen die Verzugszinsen und Nebenkosten immerhin 43 Prozent der ursprünglichen Schulden aus. Beim Versandhandel betragen die Mehrkosten rund 33 Prozent der Forderungen, bei Banken und dem Staat jeweils 13 Prozent, bei privaten Gläubigern 12 Prozent.
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Dies geht aus dem „Verschuldungsreport 2013“ des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen (IFF) hervor, von dem die Tageszeitung Welt vorab berichtet. Das Institut wertet jedes Jahr die Situation von 12.000 Menschen aus, die Hilfe bei einer Schuldnerberatung suchen. Erstmals wurden für den Verschuldungsbericht die eigentlichen Schulden und die anfallenden Nebenkosten getrennt ausgewiesen.
Durchschnittlich 34.932 Euro Schulden pro Person
Als überschuldet gilt in Deutschland eine Person, wenn sie ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, ohne die eigene Grundversorgung zu gefährden. Laut Hochrechnungen gibt es derzeit rund 3,3 Millionen überschuldete Haushalte. Lebenswichtige Ausgaben wie Miete, Strom oder Krankenversicherung können dann nicht mehr beglichen werden. Viele Schuldner geraten zudem in Not, weil ihnen ein Kredit oder das Konto gekündigt wird.
Und die Verbindlichkeiten wachsen weiter an. Hatten die Menschen in einer Schuldnerberatung 2011 noch durchschnittlich 32.631 Euro Schulden, waren es 2012 bereits 34.932 Euro.
Wegen anfallender Verzugszinsen steigen die Forderungen der Gläubiger um durchschnittlich etwa zehn Prozent oder 3.650 Euro, berichtet die Welt. Hinzu kommen noch einmal acht Prozent der Gesamtsumme (rund 1.600 Euro) wegen des Eintreibens der Schulden, etwa für Inkasso- oder Anwaltskosten. Gerade diese Nebenkosten sorgen dafür, dass viele Schuldner immer tiefer in eine Abwärtsspirale hineingeraten und ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen können.
“Schuldenturm“: Verzugszinsen und Anwaltskosten bewirken Teufelskreis
Was viele nicht wissen: Auch wenn die Schulden zum Teil zurückgezahlt werden, muss der Betroffene weitere Strafzahlungen fürchten. Hier verweisen die Autoren des Berichts auf den sogenannten „Schuldenturm“. Zunächst werden von den zurückgezahlten Beiträgen Anwaltskosten und Verzugszinsen beglichen, erst dann reduzieren sich die ursprünglichen Verbindlichkeiten.
Dies hat zur Folge, dass trotz der anteiligen Schuldentilgung neue Strafforderungen und Verzugszinsen entstehen können, die dann wiederum beglichen werden müssen. Es ist ein Teufelskreis, der zu immer höheren Nebenkosten führt. Lediglich bei Bankkrediten hat der Gesetzgeber eine Ausnahme gemacht: Hier werden die Verzugszinsen zuletzt bedient, wodurch die Nebenkosten nicht ganz so stark ansteigen.
Die Banken bleiben aber die größten Gläubiger von Privathaushalten. Mit durchschnittlich 16.261 Euro stehen Privatpersonen bei Kreditinstituten in der Kreide, dies macht immerhin 47 Prozent aller Gesamtforderungen aus. Deutlich angestiegen sind die Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand. Wer in Zahlungsschwierigkeiten steckte, konnte im Schnitt 6.168 Euro von Städten, Sozialämtern und Jobcentern nicht begleichen. An dritter Stelle folgen Inkassounternehmen, erst dann gewerbliche Gläubiger wie der Einzelhandel (3.044 Euro, ohne Versandhandel).
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Kritische Lebensereignisse wichtigster Grund für Schulden
Die meisten Menschen geraten übrigens nicht in die Schuldenfalle, weil sie mit Geld nicht umgehen können. „Überschuldung in Deutschland ist ganz überwiegend nicht das Resultat einer vorwerfbaren Lebensführung, sondern Folge kritischer Lebensereignisse bei Menschen“, zitiert die Welt aus der Studie. Mit Abstand der häufigste Auslöser für Überschuldung ist die Arbeitslosigkeit (29 Prozent) vor Scheidung/ Trennung (13 Prozent) und einer schweren Krankheit (10,2 Prozent).
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