Vollkaskoversicherung muss nicht immer für einen geplatzten Reifen zahlen
Muss die Vollkaskoversicherung bei einem geplatzten Reifen auf der Autobahn zahlen? Ein aktuelles Urteil des Landgerichtes Karlsruhe zeigt: Nur dann ist der Versicherer in der Pflicht, wenn das Ereignis als Unfall gewertet werden kann und nicht auf den allgemeinen Betrieb eines Fahrzeugs zurückzuführen ist.
Im verhandelten Rechtsstreit war ein Mercedes-Fahrer auf der Autobahn unterwegs, als bei hoher Geschwindigkeit der Reifen platzte. Zum Glück konnte der Fahrer seinen Pkw zum Stehen bringen, bevor er mit der Leitplanke kollidierte. Aber das ging nicht ohne Schaden ab: Für Reparaturarbeiten an der Karosserie stellte die Werkstatt 6.000 Euro in Rechnung.
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Als der Mann den Schaden seiner Vollkasko-Versicherung meldete, weigerte sich diese, die Reparaturkosten zu übernehmen. Begründung: Es handle sich um einen allgemeinen Betriebsschaden, der laut den Vertragsbedingungen ausgeschlossen ist. Doch das Landgericht Karlsruhe sah dies anders und entschied gegen die Versicherung.
Spitzer Gegenstand brachte Reifen zum Platzen: Es war ein Unfall
Denn das Platzen des Reifens sei nicht durch durch den allgemeinen Betrieb hervorgerufen worden, also den natürlichen Verschleiß des Reifens, sondern durch das Einwirken eines spitzen Gegenstandes. Bei der Untersuchung des Unfallwagens war herausgekommen, dass der Reifen aufgrund einer Schraube oder eine Bolzens geplatzt ist, der auf der Fahrbahn lag.
Es handelte sich nach Interpretation der Richter deshalb um einen Unfall, für den eine Vollkaskoversicherung zahlen muss. Ein Unfall sei ein „unmittelbar und plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis“, erläutert der Deutsche Anwaltverein die Entscheidung des Gerichts (LG Karlsruhe, Urteil vom 20.08.2013, Az. 9 O 95/12).
Betriebsschaden oder Unfall?
Was viele Autofahrer nicht wissen: Bei einem allgemeinen Betriebsschaden muss die Vollkaskoversicherung nicht zahlen, wenn dies laut Versicherungsvertrag ausgeschlossen ist. Denn die Policen bieten in der Regel Schutz für Unfälle und nicht für den natürlichen Verschleiß am Pkw.
Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.10.1968 liegt ein Betriebsschaden dann vor, wenn Fahrzeugschäden aus Risiken resultieren, denen ein Fahrzeug bei seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist. Dies schließt auch Schäden aufgrund von Abnutzung und natürlichem Verschleiß ein: etwa wenn ein Reifen porös wird und platzt.
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Allerdings waren im verhandelten Rechtsstreit nicht der Verschleiß des Reifens Ursache für den Karosserieschaden, sondern die Fremdeinwirkung durch den spitzen Gegenstand auf der Fahrbahn, wie auch ein Sachverständiger feststellte. Damit liegt laut Definition ein Unfall vor, für den die Vollkaskoversicherung aufkommen muss. Die beklagte Versicherung wurde verurteilt, den Kläger die Reparaturkosten abzüglich des Selbstbehaltes zu ersetzen.